Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
Vom Netzwerk:
besonderen ihm eigenen Beseelung. Ich glaube, er war sich auch selbst bewußt, welch einen Eindruck seine Erzählungen auf den Zuhörer machten, und sprach deshalb gerne von allem mit dem gleichen gefangennehmenden Zauber, – obschon nicht selten in seinen Worten eine gewisse Galle zu bemerken war, aber dafür lag in Dostojewskis Erzählungen ebensoviel Wärme wie Wahrheit.
    »Der Ort unserer Unterhaltungen war größtenteils das sogenannte Dujour-Zimmer, dessen Fenster auf den kleinen Hof gingen: Der Dienstraum des wachthabenden Offiziers. Ich muß bemerken, daß sich damals über die Vorgeschichte des Ingenieur-Palais (des ehemaligen Michail-Palais) noch manches Interessante als mündliche Überlieferung erhalten hatte. Dieses Palais war denn auch oft der Gegenstand meiner Unterhaltung mit Dostojewski, in dessen Erinnerung sich die historische Topographie des Gebäudes, dessen Architektur ihm sehr gefiel, mit aller Deutlichkeit erhielt: so daß er wußte, wo früher der Thronsaal gewesen war, wo sich eine geheime Wendeltreppe befand, oder ein längst vermauerter Gang zu einer Tür unten am Kanal, auf dem einst an dieser Stelle ein Boot befestigt war...
    »Doch am häufigsten unterhielten wir uns über das Gegenwärtige, über das Leben in der Schule, den sogenannten Geist der Anstalt, das Erziehungssystem und Ähnliches. War doch dieses ausschließlich militärische System, dieses rauhe Verhalten der älteren Schüler zu den jüngeren, die Strenge der Vorgesetzten – bei völliger Ausschaltung eines zusammenfassenden Verfahrens in der Beurteilung der allgemeinen Werte eines Schülers – der Hauptgrund jenes geheimen Mißtrauens, ja Hasses der Schüler gegen ihre Lehrer, der jede Beziehung zwischen ihnen zerstörte. Bei Dostojewski konnten es schließlich noch andere, mir unbekannte Umstände oder Lebenserfahrungen gewesen sein, die jedes Zutrauen zu den Menschen in ihm vernichteten – all das lastete wohl schwer auf der Seele des äußerst feinfühligen Jünglings, der in den Menschen vor allem Barmherzigkeit und Rechtlichkeit suchte... Nichtsdestoweniger erinnerte er sich gerne jener Zeit in der Anstalt und jener ehemaligen Lehrer, deren Namen von allen mit Dankbarkeit genannt werden, – tat es selbst dann noch, als in seiner Stimme schon der Ton des scheidenden Menschen mitklang: in seinen Augen erschien dann plötzlich der frühere Glanz, wenn auch nur auf eine kurze Zeit.«
    Jedenfalls dürfte man nach richtiger Abschätzung alles Guten und alles Bösen, das Dostojewski in der Ingenieurschule erlebte, wohl kaum jener Auffassung zustimmen können, nach der die Worte des Helden der »Aufzeichnungen aus dem Dunkel der Großstadt« (»Fluch dieser Schule, diesen schrecklichen Sträflingsjahren!« usw.) sich unmittelbar auf Dostojewskis persönliche Erinnerung an seine in der Ingenieurschule verbrachten Jahre beziehen sollen. Und dasselbe ließe sich wohl auch von den Äußerungen dieses Helden über seine Mitschüler sagen; – ausgenommen vielleicht die eine Schilderung des lebensklugen Strebens der Mitschüler nach Erfolg und »Laufbahn«, – und im Gegensatz dazu die eigene schweigsame Einsamkeit mitten unter ihnen... Im übrigen ist der Held des »Dunkel« doch in nur sehr geringem Grade Dostojewski selbst ähnlich.
    Am 5. August 1841 wurde er zum Fähnrich ernannt, mit Belassung in der Anstalt, um den Offizierskursus zu vollenden. In einem Briefe vom 22. Dezember 1841 schreibt er an den Bruder, der trotz seiner schwierigen Vermögenslage im Begriff steht, zu heiraten: »Lieber, mein Lieber! Wenn du wüßtest, wie glücklich es mich macht, Dir wenigstens ein wenig helfen zu können. Mit welcher Wonne schicke ich Dir diese Kleinigkeit, die Dir vielleicht etwas Ruhe geben kann. Es ist wenig, ich weiß. Aber was soll ich tun, wenn ich mehr, bei Gott, Bruder, wirklich nicht schicken kann... Ich habe ja noch Andrjuscha bei mir und habe für ihn zu sorgen; nach Moskau zu schreiben geht aber so bald nicht an – die denken sonst Gott weiß was ...« Weiter spricht er von angestrengtem Lernen – »man will doch nicht seine Reputation verlieren und so paukt man denn, zwar mit Ekel, aber man paukt... Andrjuscha ist krank, ich selbst bin äußerst zerrüttet... Daß ich ihn zum Examen vorbereiten muß, daß er überhaupt bei mir lebt, bei mir, der ich frei sein, allein sein, unabhängig sein will, ist für mich unerträglich. Mit nichts kann man sich beschäftigen, mit nichts zerstreuen«...
    Aus diesem Briefe geht

Weitere Kostenlose Bücher