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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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Petersburger Gesellschaft bewegte – dieser Grigorowitsch also hatte sich aus Leidenschaft zur Literatur dem menschenscheuen Dostojewski angeschlossen, der wie ein Einsiedler lebte.« Nach Dr. Riesenkampf hat Grigorowitsch damals ein französisches Drama, das in China spielte, übersetzt, Dostojewski aber hat sich, nachdem er die Fortsetzung seiner »Maria Stuart« aufgegeben, mit Eifer an seinen »Boris Godunoff« gemacht, der freilich gleichfalls nie beendet worden ist. Außerdem beschäftigten ihn schon damals verschiedene Novellen und Erzählungen, Pläne, die sich in seiner fruchtbaren Phantasie nur so drängten und einander ablösten. Diese Fruchtbarkeit der Phantasie wurde bei Dostojewski durch unausgesetzte Lektüre natürlich noch mehr angeregt und aufs äußerste gesteigert. (Dr. Riesenkampf hat übrigens nie etwas davon gehört, daß Dostojewski angeblich schon in der Ingenieurschule an seinen »Armen Leuten« gearbeitet habe.) Von russischen Schriftstellern las Dostojewski damals mit besonderer Vorliebe Gogol, aus dessen »Toten Seelen« er gern ganze Seiten auswendig vortrug. Von französischen Schriftstellern las er, außer Balzac, George Sand und Victor Hugo, die er schon früher besonders gern gelesen hatte, nach Dr. Riesenkampf: Lamartine, Frédéric Soulié (dessen »Mémoires du diable« er besonders liebte), ferner Emile Souvestre und hin und wieder sogar Paul de Kock. So ist es wohl zu verstehen, daß Dostojewski, bei seiner stetig wachsenden Neigung zur Literatur, den Besuch der Offiziersklassen als Last empfinden mußte. Er hätte sich von dieser Fessel wohl schon viel früher befreit, wenn sein Vormund nicht gedroht hätte, ihm in dem Falle die Rente nicht mehr auszuzahlen – Dostojewski aber befand sich fortwährend in Geldnot.
    Zur Zeit der großen Fasten im Jahre 1842 war, wie Dr. Riesenkampf noch zu berichten weiß, wieder ein Geldzufluß bei Dostojewski bemerkbar, und er gönnte sich Erholung von der Arbeit durch den Besuch von Konzerten (Liszt, Rubini u.+a.). Nach Ostern traf ihn Dr. Riesenkampf in einer Aufführung von Puschkins »Ruslan und Ludmila«. Doch schon im Mai versagte er sich wieder alle Vergnügungen, um sich nun zur letzten Prüfung – vom 20. Mai bis zum 20. Juni – vorzubereiten. In derselben Zeit hatte auch Dr. Riesenkampf sein Schlußexamen zu bestehen, erkrankte aber, infolge von Überanstrengung, und mußte noch am 30. Juni das Bett hüten. An diesem Tage erscheint nun plötzlich Dostojewski bei ihm, in einer Weise verändert, daß er kaum wiederzuerkennen ist. Heiter, gesund aussehend, zufrieden mit dem Schicksal, – so teilt er ihm mit, daß er das Examen bestanden hat und aus dem Institut mit dem Range eines Leutnants entlassen worden ist (als Feldingenieur), ferner daß er vom Vormund eine Summe erhalten habe, die es ihm möglich gemacht, alle seine Schulden zu bezahlen, und schließlich, daß er einen Urlaub auf 28 Tage in der Tasche trage, den er bei seinem Bruder in Reval verbringen werde, wohin er am nächsten Tage reisen wolle. Dann zog er den Freund mit Gewalt aus dem Bett, setzte ihn in eine Droschke und fuhr mit ihm ins Restaurant Lerch am Newski-Prospekt. Dort verlangte er ein Zimmer mit einem Klavier, bestellte ein großartiges Mittagessen mit Weinen und zwang den Kranken zum Mitessen und Mittrinken. Wie unmöglich das diesem zu Anfang auch erschien: das Beispiel Dostojewskis wirkte so ansteckend, daß er schließlich mit Vergnügen aß, sich dann an den Flügel setzte und – gesund war.
    Am folgenden Tage begleitete er ihn zum Dampfschiff, und drei Wochen später fuhr er selbst nach Reval, wo er ihn, in der Familie seines Bruders seine Freiheit genießend, antraf. Inzwischen war Dostojewski auch mit der Revalenser Gesellschaft in Berührung gekommen und die hatte, wie Dr. Riesenkampf berichtet, »mit ihrem überlieferten Kastengeist, ihrer Scheinheiligkeit, ihrem Nepotismus und Pietismus, der noch durch die fanatischen Predigten des damaligen Modepastors, des Herrnhuters Hunn, geschürt wurde, sowie durch ihre Unduldsamkeit besonders dem russischen Militär gegenüber« auf Dostojewski einen überaus schlechten Eindruck gemacht. Dieser Eindruck ist ihm für sein ganzes späteres Leben geblieben. Damals fühlte er sich hierdurch um so mehr enttäuscht, als er mit der Erwartung hingekommen war, in dieser so gepflegten Gesellschaft gesunde Anzeichen von Kultur zu finden. »Nur mit Mühe konnte ich ihm klar machen,« erzählt Dr. Riesenkampf, »daß

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