Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
Warenjka nicht einmal das Notwendigste besaß. Nach den angeführten Zeilen dieses Briefes ist anzunehmen, daß Bjelinski einen entscheidenden Einfluß auf Dostojewski erlangt hatte.
Es folgt wieder ein Hinweis auf seine Geldlosigkeit. »Wenn es nicht gute Menschen gäbe, wäre ich verloren. Die Zersetzung meines Ruhmes in den Zeitschriften gereicht mir mehr zum Vorteil als zum Nachteil. Um so schneller werden meine Verehrer, die, wie ich glaube, sehr zahlreich sind, nach dem Neuen greifen und mich verteidigen. Ich lebe in großer Armut: habe, seit ich Euch verließ, 250 Rubel verbraucht und 300 Rubel Schulden« (welch ein Unterschied zu dem, was er früher ausgab). »Am schlimmsten hat mich Njekrassoff hineingelegt, dem ich seine 150 Rubel zurückgab. Zum Frühjahr hin nehme ich einen großen Vorschuß von Krajewski und schicke Dir dann bestimmt 400 Rubel.« Ferner spricht er von einer Wasserkur im Sommer bei Prießnitz, mit dem Vorbehalt, das sei erst nur so »in der Phantasie«. Mit Reue denkt er daran zurück, wie schwerfällig und eckig er sich beim Bruder in Reval benommen habe, »ich war damals krank ... ich habe ja wirklich einen so schlechten, abstoßenden Charakter. Ich habe Dich aber immer über mich gestellt.... Ich kann mich nur dann als ein Mensch von Herz und Gemüt zeigen, wenn die äußeren Umstände mich gewaltsam aus dem ewigen Alltag herausreißen... Der Roman ›Njetotschka Neswanowa‹ wird wie der ›Goljädkin‹ meine Beichte sein, wenn auch anders im Ton. Wer »Goljädkin« bekomme ich oft solche Äußerungen zu hören, daß mir ganz bange wird ...Manche sagen, dieses Werk sei ein wirkliches, doch unverstandenes Wunder... Nun fange ich schon wieder an, mich zu loben. Wie angenehm ist es aber, Bruder, richtig verstanden zu werden! ... Wünsche mir Erfolg. Ich arbeite jetzt an dem ›Jungen Weibe‹.«
In seiner Beurteilung dieses Werkes sehen wir wieder eine Überschätzung, wie seinerzeit in der seines »Romans in neun Briefen«. »Eine Quelle von Begeisterung, die meiner Seele entspringt, leitet meine Feder. Es ist ganz anders als beim ›Prochartschin‹, an dem ich den ganzen Sommer gelitten habe....«
Nach einem solchen Entzücken mußte das vollkommen absprechende Urteil Bjelinskis begreiflicherweise einen sehr schweren Eindruck auf ihn machen. Doch aus seinen Briefen erfahren wir nichts davon.
In einem Briefe ohne Datum – vermutlich im Frühjahr 1847 geschrieben – schreibt er an den Rand: »Es ist nun schon das dritte Jahr meiner literarischen Tätigkeit, und ich bin wie im Rausche. Ich sehe das Leben um mich herum gar nicht, habe keine Zeit, zur Besinnung zu kommen; ich habe auch keine Zeit, um etwas zu lernen ... Sie haben mir einen zweifelhaften Ruhm geschaffen, und ich weiß nicht, wie lange noch diese Hölle, diese Armut und die vielen eiligen Arbeiten dauern werden; o könnte ich einmal Ruhe haben!!«
Eine Schuld, die er Maikoffs nicht wiedergeben kann, quält ihn, »obgleich sie mich nicht daran erinnern«. Im Herbst hofft er nach dem beendeten Roman »Njetotschka Neswanowa« von Krajewski 1000 Rubel als unbefristeten Vorschuß zu erhalten. Njekrassoff und die anderen vom »Zeitgenossen« wollten ihn schon endgültig begraben – um so mehr werde sie dieser Roman verblüffen. In diesem Briefe denkt er auch wieder an Übersetzungen, doch – »in zehn Jahren wird man nicht mehr an sie zu denken brauchen«.
In dem Briefe erwähnt er zum erstenmal die Familie Maikoff. Nach den Aufzeichnungen S. N. Janowskis versammelten sich im Hause des bekannten Malers Nikolai Apollonowitsch Maikoff an jedem Sonntagabend »jene jungen Leute, die von Gott mit einer gewissen Dosis Begabung ausgestattet waren, deren Herz von Geburt an in Liebe zum Nächsten, zum Guten und zur Wahrheit brannte und deren Verstand in allem und überall Licht und nur Licht suchte. Neben dem Hausherrn und seiner Gattin Jewgenia Petrowna nahm den ersten Platz in diesem Kreise der an Jahren bereits etwas ältere I. A. Gontscharoff ein. Außer ihm erschienen gewöhnlich S. S. Dudyschkin (der Kritiker der »Vaterländischen Annalen« nach Bjelinskis Tode) und Walerian Maikoff, die Brüder Drushinin, der Dichter M. A. Jasykoff u. a.«
In diesem Kreise geschah es nun nicht selten, daß Fjodor Michailowitsch »mit der ihm eigenen bis ins Kleinste eindringenden Analyse die Charaktere der Werke Gogols und Turgenjeffs auseinandersetzte und dann auch seinen ›Herrn Prochartschin‹ erklärte, der damals den meisten
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