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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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war ja alles noch Urzustand, noch elementar, rassig. Jetzt aber hat sich auch das schon der Entwicklung unterworfen. Jetzt prügelt Gwosdiloff beinahe schon aus Prinzip, aber im Grunde doch nur, weil er immer noch ein Dummkopf ist, d. h. ein Mensch der alten Zeit, der die neuen Einrichtungen nicht begreift. Nach diesen neuen Einrichtungen aber kann man ja ohne Selbsthilfe und Faustrecht noch viel mehr erreichen. Wenn ich mich hier so über Gwosdiloff verbreite, so geschieht das nur, weil man bei uns noch immer über Gwosdiloff die tiefsinnigsten und humansten Phrasen schreibt, und zwar so unaufhörlich, daß es sogar dem Publikum schon zu viel wird. Gwosdiloff ist bei uns so lebenszäh, trotz aller Artikel gegen ihn, daß er fast unsterblich zu sein scheint. Jawohl, er lebt und ist gesund, ist satt und betrunken. Jetzt sind ihm zwar ein Arm und ein Bein gelähmt, und seine Ehehälfte ist schon längst nicht mehr »so eine schmucke-schmucke junge Frau«, wie sie es früher war. Sie ist alt geworden, das Gesicht spitz und farblos, Runzeln und Leid haben es durchfurcht. Doch als ihr Hauptmann krank darnieder lag, da wich sie nicht von seinem Bett, durchwachte die Nächte bei ihm, tröstete ihn, vergoß heiße Tränen um ihn, nannte ihn ihren lieben, guten Helden, ihren lichten Falken, ihren mutigen Soldaten. Mag das einerseits die Seele empören, mag es, mag es nur! Aber andererseits: es lebe die russische Frau, und es gibt nichts Besseres in unserer ganzen russischen Welt als ihre grenzenlos verzeihende Liebe. So ist es doch, nicht wahr? Um so mehr, als selbst Gwosdiloff jetzt in nüchternem Zustande seine Frau manchmal auch nicht mehr schlägt, das heißt, seltener schlägt, den Anstand wahrt, ja mitunter sogar ein freundliches Wort zu ihr sagt. Fühlt er doch jetzt im Alter, daß er ohne sie nicht auskäme; er versteht nun schon zu berechnen, er ist nun Bourgeois, und wenn er sie auch jetzt noch ab und zu schlägt, so geschieht das doch höchstens in der Betrunkenheit und so aus alter Gewohnheit, wenn es ihm sonst schon zu langweilig wird und irgend eine Sehnsucht ihn plagt. Nun, das aber ist doch, sagen Sie, was Sie wollen, immerhin einFortschritt, immerhin ein Trost, eine Beruhigung. Wir aber sind ja solche Liebhaber von Beruhigungen ...
    In der Tat, wir haben uns jetzt vollkommen beruhigt, ganz von selber. Mag es auch rund um uns herum selbst jetzt noch nicht sehr schön aussehen, dafür sind wir persönlich doch dermaßen schön, dermaßen zivilisiert, dermaßen Europäer, daß sogar dem Volk bei unserem Anblick übel wird. Jetzt hält uns das Volk bereits ganz und gar für Ausländer, versteht kein Wort von uns, kein Buch von uns, keinen Gedanken von uns, – das aber ist doch, sagen Sie, was Sie wollen, ein Fortschritt. Jetzt verachten wir das Volk und die volklichen Grundlagen schon so tief, daß wir uns sogar mit einem gewissen neuen, noch nie dagewesenen Ekel zu ihm verhalten, mit einem Ekel, wie er nicht einmal zur Zeit unserer de Rohans vorhanden war, das aber ist doch, sagen Sie, was Sie wollen, gleichfalls ein Fortschritt. Dafür sind wir – ja, wie sind wir dafür selbstbewußt, wie überzeugt von unserer zivilisatorischen Berufung, mit welch einer Herablassung lösen wir die Probleme, und noch dazu was für Probleme: es fehlt an Land, es fehlt an Volk; Nationalität – das ist nur ein bestimmtes Steuersystem; die Seele – tabula rasa , ein Ding aus Wachs, aus dem man sogleich einen wirklichen Menschen formen kann, einen allgemeinen Allgemeinmenschen, einen Homunculus – man braucht nur die Früchte der europäischen Zivilisation anzuwenden und zwei-drei Bücher zu lesen. Dafür: wie sind wir jetzt ruhig, wie erhaben ruhig, eben weil wir an nichts mehr zweifeln und alle Streitfragen schon entschieden und unterschrieben haben. Mit welch einer ruhigen Selbstzufriedenheit haben wir zum Beispiel Turgenjeff heruntergerissen, weil er es wagte, sich nicht mit uns zu beruhigen und sich nicht mit unseren erhabenen Persönlichkeiten zu begnügen, weil er sich weigerte, sie für sein Ideal anzuerkennen, und etwas Besseres suchte, als was wir jetzt sind. Etwas Besseres als wir, Herr des Himmels! Was gibt es denn noch Schöneres und Tadelloseres als wir unter der Sonne? Nun, er hat denn auch genug zu hören bekommen für seinen Basaroff, diesen unruhigen und sich sehnenden (das Anzeichen eines großen Herzens), ja, ungeachtet seines ganzen Nihilismus, sich sehnenden Basaroff. Sogar für die Kutschina wurde er

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