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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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lächerliche Geschichte, dazu so eine schmutzige, wissen Sie, die man lieber nicht anrührt, denn man will sich doch nicht die Hände besudeln. Ist doch schon das bloße Sprechen davon eigentlich unanständig. Hole sie allesamt der Henker, mögen sie da gedroschen werden so viel ihrer sind, ich bin's ja nicht. – Nun, ich bin aber meinerseits zu jeder Bürgschaft bereit: daß das Urteil der Dorfgemeinde meinem lieben Widerstreiter auch nicht ein einziges Rutenhiebchen zudiktieren würde, selbst wenn sie mit ihm wie mit einem Gleichstehenden Verfahren könnte ......
    »Welch eine Rückständigkeit!« ruft jemand aus, wenn er dieses liest, »heute noch für die Rutenstrafe einzutreten!« (Bei Gott, irgend jemand wird doch bestimmt daraus folgern, daß ich für die Rutenstrafe sei.)
    »Aber ums Himmels willen, wovon reden Sie denn jetzt,« bemerkt ein anderer, »Sie wollten von Paris berichten und statt dessen ......«
    Ja, das ist allerdings ... Aber ich erinnere mich, daß ich gerade damals, als wir uns Eydtkuhnen näherten, ganz besonders über alles Vaterländische ins Nachdenken geriet, über unser Eigenes, das ich nun um Europas willen verließ. Ich sann unter anderem auch über die Frage nach: wie hatte in den verschiedenen Zeiten Europa sich in uns widergespiegelt, wie hatte es sich mit seiner Zivilisation beständig bei uns als Gast eingedrängt und inwieweit waren wir denn zivilisiert worden und wieviel Zivilisierte gab es jetzt wohl bei uns, einfach als Zahl? Doch ich sehe jetzt selbst, daß alles dies hier wirklich überflüssig ist. Aber ich habe Sie ja gewarnt und selbst im voraus gesagt, daß dieses ganze Kapitel ein überflüssiges sein werde. Übrigens, wo blieb ich denn stehen? Ja, richtig! bei dem französischen Rock. Mit dem begann es ja überhaupt!
    Also sehen Sie mal, einer dieser französischen Röcke schrieb damals den »Brigadier«. Der »Brigadier« war für jene Zeit etwas Erstaunliches und machte denn auch einen ungeheuren Eindruck. »Stirb, Denis, Besseres kannst du nicht mehr schreiben,« sagte selbst Potjomkin zu ihm. Alles begann gleichsam aus dem Halbschlaf zu erwachen, sich zu regen. Wie, dachte ich in meinen willkürlichen Betrachtungen weiter, sollte es den Menschen wirklich schon damals langweilig geworden sein, nichts zu tun und mit fremder Hilfe zu gehen? Ich spreche nicht nur von der damaligen französischen Hilfe, ja, ich möchte sogar gleich vorausschicken, daß wir eine überaus leichtgläubige Nation sind und alles bei uns von unserer Gutmütigkeit kommt. Wir sitzen alle ohne Arbeit da und wenn es uns dann plötzlich scheint, daß irgend jemand irgend etwas gesagt oder getan hat, daß sich ein Geruch von eigenem Geiste kundtut, daß sich eine Betätigungsmöglichkeit gefunden, dann stürzen wir alle darüber her und sind unbedingt überzeugt, daß »es« nun sofort beginnen werde. Eine Fliege fliegt durch die Luft, wir aber glauben schon, ein Elefant sei vorübergeführt worden. Es liegt darin die ganze Unerfahrenheit der Jugend, nun und zudem noch der Hunger nach so etwas. Ja, fast begann das alles bei uns schon vor dem Erscheinen des »Brigadier« – natürlich zuerst nur in mikroskopischem Maßstabe – und noch heute ist es unverändert dasselbe: glauben wir eine Sache gefunden zu haben, so brüllen wir schon vor Enthusiasmus. Überhaupt ist Schreierei und Überfluten vor lauter Begeisterung bei uns immer das Erste; schaut man aber zu: schon in kaum zwei Jahren gehen wir wieder alle auseinander und lassen die Nasen hängen. Und doch werden wir's nicht müde, und wenn es auch noch hundert Mal von neuem anfängt. Was aber die fremde Hilfe betrifft, so hat doch zu Bonwisins Zeit in der Masse fast niemand daran gezweifelt, daß es die heiligste, die europäischste Hilfe und die liebste Vormundschaft war. Freilich, auch jetzt gibt es wenig Zweifelnde. Unsere ganze extrem-progressive Partei setzt sich ja bis zur Raserei für fremde Hilfe ein. »Damals aber, oh, damals war es die Zeit eines solchen Glaubens an alle Hilfen, daß man sich eigentlich wundern kann, warum wir damals nicht Berge versetzt haben und warum alle unsere Hochplateaus, Gipfel von Pargolowo und die Pics unseres Waldaischen Hochgebirges noch immer auf denselben Stellen stehen ... Übrigens, meine Herrschaften, ich spreche jetzt nur von der Literatur, und zwar nur von der schönen Literatur, an deren Werken ich den fortschreitenden und wohltätigen Einfluß Europas auf unser Vaterland verfolgen will. Das

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