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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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Adligen) waren, und daß »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« sich nur als laute Phrasen und nichts weiter erwiesen hatten. Damit aber noch nicht genug: es kamen Lehren auf, nach denen sie aus lauten Phrasen schon zu auch unmöglichen Phrasen wurden. Die Sieger sprachen von diesen drei sakramentalen Worten oder richtiger erwähnten sie bereits nur noch spöttisch; sogar die Wissenschaft (die Volkswirtschaftler) erschien in ihren glänzenden Vertretern, die damals auch gleichsam mit einem neuen Wort kamen, als Hilfstruppe zu dieser Verspottung, sowie zu der Beurteilung der utopistischen Bedeutung dieser drei Worte, für die soviel Blut vergossen worden war. So kam es, daß neben den triumphierenden Siegern bereits trostlose und traurige Gesichter, die die Triumphierenden schreckten, zu erscheinen begannen. Und siehe, gerade in diesem Zeitraum tauchte plötzlich wirklich ein neues Wort auf und begannen sich neue Hoffnungen zu verbreiten: es erschienen Menschen, die geradeheraus erklärten, daß die Sache unrechterweise und an der falschen Stelle zum Stehen gekommen sei, daß mit einem politischen. Wechsel der Sieger nichts erreicht sei, daß man die Sache fortsetzen müsse, daß die Erneuerung der Menschheit eine radikale, soziale sein müsse. Oh, natürlich, neben diesen Ausrufen ließen sich auch eine Menge der verderblichsten und ungeheuerlichsten Folgerungen vernehmen, aber das wichtigste war dabei, daß wieder Hoffnung zu leuchten und erstorbener Glaube aufzuleben begann. Die Geschichte dieser Bewegung ist bekannt, – sie setzt sich bis heute fort und hat, wie es scheint, durchaus nicht die Absicht, stehen zu bleiben. Ich will hier weder für noch gegen diese Bewegung sprechen, ich wollte nur George Sands eigentlichen Platz innerhalb dieser Bewegung bezeichnen. Diesen Platz muß man ganz im Anfang der Bewegung suchen. Damals, als man sie in Europa begrüßte, hieß es, sie predige eine neue Stellung der Frauen und weissage von »Rechten der freien Frau« (so drückte sich Ssenkowski über sie aus); aber das stimmte nicht ganz, denn sie predigte keineswegs nur von der Frau allein und erfand überhaupt keine »freie Frau«. George Sand gehörte der ganzen Bewegung an, nicht bloß einer Bewegung für Frauenrechte. Allerdings, da sie selbst Frau war, stellte sie natürlicherweise lieber Heldinnen auf, als Helden , und selbstverständlich müßten jetzt die Frauen der ganzen Welt Trauer um sie tragen, denn mit ihr ist nicht nur eine der höchsten und schönsten Vertreterinnen ihres Geschlechts gestorben, sondern außerdem eine Frau von fast noch nie dagewesener Verstandeskraft und Begabung – ein Name, der historisch geworden ist, ein Name, dem es nicht bestimmt ist, vergessen zu werden und innerhalb der europäischen Menschheit zu verschwinden.
    Was nun ihre Heldinnen anbelangt, so war ich, ich wiederhole, schon beim erstenmal, als ich sie las, noch als Sechzehnjähriger, erstaunt über die Seltsamkeit des Widerspruchs zwischen dem, was man über sie schrieb und sprach, und dem, was ich nun selbst in ihren Büchern fand. In dieser Wirklichkeit waren viele oder zum mindesten manche ihrer Heldinnen Typen einer so hohen sittlichen Reinheit, wie sie überhaupt nicht denkbar wäre, ohne eine ungeheure sittliche Anforderung in der Seele des Richters selbst, ohne das Bekenntnis zum vollsten Pflichtbegriff, ohne Erkenntnis und ohne Anerkennung der höchsten Schönheit im Erbarmen, in der Geduld und Gerechtigkeit. Allerdings, zwischen dem Erbarmen, der Geduld und der Anerkennung der Pflichtschuldigkeit trat auch ein ganz außergewöhnlicher Stolz der Anforderung und des Protestes hervor, aber dieser Stolz war ja gerade deshalb kostbar, weil er aus jener höheren Wahrheit hervorging, ohne die die Menschheit sich niemals auf ihrer ganzen sittlichen Höhe hätte erhalten können. Dieser Stolz ist nicht Feindschaft quand même auf Grund dessen, daß ich sozusagen besser bin als du, und du schlechter bist als ich, sondern ist einzig und allein das Gefühl der keuschesten Unfähigkeit, sich mit Unwahrheit und Laster auszusöhnen, obschon dieses Gefühl, ich sage das nochmals, weder Allverzeihen noch Erbarmen ausschließt; ja, nicht nur das, sondern diesem Stolz entsprechend wurde freiwillig auch eine ungeheure Pflicht sich selbst auferlegt. Diese ihre Heldinnen sehnten sich nach Selbstopfer, nach einer großen Tat. Besonders gefielen mir damals in ihren ersten Werken ein Paar Typen junger Mädchen, zum Beispiel in ihren

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