Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
ich werde es mir schon verdienen! Fedora wird mir in den nächsten Tagen noch Arbeit verschaffen, lassen Sie sich daher nicht durch hohe Prozente abschrecken, sehen Sie nicht darauf, gehen Sie auf jede Bedingung ein! Ich werde Ihnen alles zurückzahlen, nur verlassen Sie mich jetzt nicht, um Gottes willen! Es kostet mich viel, Ihnen unter den jetzigen Umständen mit einer solchen Bitte zu kommen, aber Sie sind doch meine einzige Stütze, meine einzige Hoffnung!
Leben Sie wohl, Makar Alexejewitsch, denken Sie an mich, und Gott gebe Ihnen Erfolg!
W. D.
4. August.
Mein Täubchen Warwara Alexejewna!
Sehen Sie, gerade alle diese unerwarteten Schläge sind es, die mich erschüttern! Gerade diese schrecklichen Heimsuchungen schlagen mich zu Boden! Dieses Lumpenpack von faden Schmarotzern und nichtswürdigen Greisen will nicht nur Sie, mein Engelchen, auf das Krankenlager bringen, durch alle die Aufregungen, die sie Ihnen bereiten, sondern auch mir wollen sie, diese Schurken, den Garaus machen. Und das werden sie, ich schwöre es, das werden sie! Ich wäre doch jetzt eher zu sterben bereit, als Ihnen nicht zu helfen! Und wenn ich Ihnen nicht helfen könnte, so wäre das mein Tod, Warinka, wirklich mein Tod. Helfe ich Ihnen aber, so fliegen Sie mir schließlich wie ein Vöglein fort, und dann werden Sie von diesen Nachteulen, diesen Raubvögeln, die Sie jetzt aus dem Nestchen locken wollen, einfach umgebracht. Das jedoch ist es, was mich am meisten quält, mein Kind. Aber auch Ihnen, Warinka, trage ich eines nach: warum müssen Sie denn gleich so grausam sein? Wie können Sie nur! Sie werden gequält, Sie werden beleidigt, Sie, mein Vögelchen, mein kleines, armes Herzchen, haben nur zu leiden, und da – da machen Sie sich noch deshalb Sorgen, daß Sie mich beunruhigen müssen, und versprechen, das Geld zurückzuzahlen, und es zu erarbeiten: das aber heißt doch in Wirklichkeit, daß Sie sichbei Ihrer schwachen Gesundheit zuschanden arbeiten wollen, um für mich zum richtigen Termin das Geld zu beschaffen! So bedenken Sie doch bloß, Warinka, was Sie da sprechen! Wozu sollen Sie denn nähen und arbeiten und Ihr armes Köpfchen mit Sorgen quälen und Ihre Gesundheit untergraben? Ach, Warinka, Warinka!
Sehen Sie, mein Täubchen, ich tauge zu nichts, zu gar nichts, und ich weiß es selbst, daß ich zu nichts tauge, aber ich werde dafür sorgen, daß ich doch noch zu etwas tauge! Ich werde alles überwinden, ich werde mir noch Privatarbeit verschaffen, ich werde für unsere Schriftsteller Abschriften machen, ich werde zu ihnen gehen, werde selbst zu ihnen gehen und mir Arbeit von ihnen ausbitten, denn sie suchen doch gute Abschreiber, ich weiß es, daß sie sie suchen! Sie aber sollen sich nicht krank arbeiten: nie und nimmer lasse ich das zu!
Ich werde, mein Engelchen, ich werde unbedingt Geld auftreiben, ich sterbe eher, als daß ich es nicht tue. Sie schreiben, mein Täubchen, ich solle vor hohen Prozenten nicht zurückschrecken: – das werde ich gewiß nicht, mein Kind, ich werde bestimmt nicht zurückschrecken, jetzt vor nichts mehr! Ich werde vierzig Rubel erbitten, mein Kind. Das ist doch nicht zu viel, Warinka, was meinen Sie? Kann man mir vierzig Rubel auf mein Wort ohne weiteres anvertrauen? Das heißt, ich will nur wissen, ob Sie mich für fähig halten, jemandem auf den ersten Blick hin Zutrauen einzuflößen? So nach dem Gesichtsausdruck, meine ich, und überhaupt – kann man mich da auf den ersten Blickhin günstig beurteilen? Denken Sie zurück, mein Engelchen, denken Sie nach, kann ich wohl einen guten Eindruck auf jemanden machen, der mich zum erstenmal sieht? Bin ich wohl der Mann dazu? Was meinen Sie? Wissen Sie, man fühlt doch solch eine Angst – krankhaft geradezu, wirklich krankhaft!
Von den vierzig Rubeln gebe ich fünfundzwanzig Ihnen, Warinka, zwei der Wirtin und den Rest behalte ich für mich, für meine Ausgaben.
Zwar sehen Sie: der Wirtin müßte ich eigentlich mehr geben, sogar unbedingt mehr, aber überlegen Sie es sich reiflich, mein Kind, rechnen Sie mal zusammen, was ich nur fürs Allernotwendigste brauche: Sie werden einsehen, daß ich ihr unter keinen Umständen mehr geben kann – folglich lohnt es sich gar nicht, noch weiter darüber zu reden, und man kann die Frage einfach ausschalten. Für fünf Rubel kaufe ich mir ein Paar Stiefel. Ich weiß wirklich nicht, ob ich morgen noch mit den alten in den Dienst gehen kann. Eine Halsbinde wäre wohl auch sehr nötig, da die jetzige
Weitere Kostenlose Bücher