Werke
Wasservogels. Eine starke Woge zerschellte eben an dem Gerüst, worauf die jungen Männer standen, und übersprühte sie mit ihrem Schaum.
»Holla, sie werden ungeduldig!« rief der junge Aktenmann. »Komm jetzt, und wie Tritonen wollen wir durch den grünen Kristall hindurchschießen!«
Aber sein Freund, der Künstler, blickte in die Ferne und schien ihn nicht zu hören.
»Was hast du, Franz?«
»Dort! Vom Frauenfloß her! Sieh doch!« Und er wies mit ausgestrecktem Arm auf die schäumende Wasserfläche hinaus.
Der andre stieß einen Laut des Schreckens aus. »Ein Weib! – Ein Kind!«
»So scheint es; aber keine Okeanide!«
»Nein, nein; sie kämpft vergebens mit den Wellen. Und das meerbesänftigende Muschelhorn hat leider ja nur der alte Vater Triton!«
Er machte Miene, sich hineinzustürzen, aber mit rascher Hand hielt ihn sein Freund zurück. »Du nicht, Ernst! Du weißt, ich bin der bessere Schwimmer, und einer ist genug. Lauf zu der alten Badehexe dort am Schuppen und sag ihr, was zu sagen ist!«
Kaum war das letzte flüchtige Wort gesprochen, so spritzten auch schon die Wasser hoch empor, und bald, auf Armeslänge von dem Floß, tauchte der braune Lockenkopf des Schwimmers auf. Mit den kräftigen Armen die Wellen teilend, flog er dahin; überall vor seinen Augen flirrte und sprühte es; aber je nach ein paar Schlägen stieg er mit der Brust über die Flut empor, und seine hellen Blicke flogen über die schäumenden Wasser.
Noch fern von ihm spielten die Wellen mit schönen sonnenblonden Haaren; zwei kleine Hände griffen noch mitunter durch den beweglichen Kristall, aber auch mit ihnen spielten schon die Wellen. Eine Seeschwalbe tauchte dicht daneben in die Flut, erhob sich wieder und schoß, wie höhnend ihren rauhen Schrei ausstoßend, seitwärts vor dem Wind über die Wasserfläche dahin.
Die alte Frau Kathi war vor ihrer brodelnden Kaffeemaschine doch auch wieder von ihrer Unruhe befallen worden. Der Sturm rüttelte an den Brettern ihres Schuppens, dann und wann schlug von draußen aus der Luft ein verwehter Vogelschrei herein; es litt sie nicht mehr auf ihrem Holzstuhle. Sie war wieder hinausgegangen, ja sie hatte ebenfalls ihr Schuhzeug abgetan, um zum Floß hinüberzuwaten, und stand jetzt dort, mit ihrer harten Hand bald an diese, bald an jene Badezelle pochend. »Frölen, ach liebes Frölen, so antworten Sie mir doch!«
Aber es kam keine Antwort; nicht einmal ein Plätschern ließ sich drinnen hören; nur das Rauschen und Klatschen der Wellen zog eintönig, unablässig ihrem Ohr vorüber.
Als sie ratlos nach dem Land zurückblickte, sah sie einen Mann auf ihren Schuppen zulaufen, und gleich darauf hörte sie ihn rufen. – »Frau Kathi! Frau Kathi Wulff!« rief er durch den Wind hindurch.
»Hier! Um Gottes willen, hier!« – Und eilig watete die Alte über den schaukelnden Steg ans Land zurück. »Oh, mein Gott, Herr Baron, Sie sind es! Ach, das Kind, das Kind!«
Er faßte sie, ohne etwas zu sagen, an den Armen, drehte sie mit einem kräftigen Ruck herum und wies mit der Hand auf die offene Wasserfläche hinaus.
»Ist das der andere Herr? Sucht er das Kind?«
Der junge Mann nickte.
»Allbarmherziger Gott! Man soll nicht räsonieren! Ich räsonierte, Herr Baron, als ich vorhin Sie beide da auf dem Deich herauskommen sah! Man soll nicht räsonieren; nein, niemals, niemals!«
Der Baron antwortete nicht; er sah mit gespannten Augen auf die Flut hinaus. Ein paar Augenblicke noch – weit von draußen her ließ sich der dumpfe Donner der offenen See vernehmen –, und er packte wieder den Arm der Alten: »Jetzt, Frau Kathi, da sehen Sie hin! Nun sucht er sie nicht mehr; er trägt sie schon in seinen Armen.«
Die Alte stieß einen lauten Schrei aus.
Da tauchte die Gestalt des Schwimmers mit der breiten Brust aus den schäumenden Wogen auf, und bald darauf sah man ihn langsam, aber sicher an dem abschüssigen Ufer emporsteigen. In seinen Armen, an seiner Brust ruhte ein junger Körper, gleich weit entfernt von der Fülle des Weibes wie von der Hagerkeit des Kindes; ein Bild der Psyche, wenn es jemals eins gegeben hatte. Aber der kleine Kopf war zurückgesunken; leblos hing der eine Arm herab. – Aus der Mittagshöhe des Himmels fiel der volle Sonnenschein auf die beiden schimmernden Gestalten.
»Wie in den Tagen der Götter!« murmelte der junge Mann, der atemlos diesem Vorgange zugesehen hatte. – »Aber jetzt, Frau Kathi, an den Strand hinab! Nehmen Sie das Kind in Empfang;
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