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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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nickend, »ich muß mir Schuh’ und Strümpfe in deinem Schuppen ausziehen.«
    In der Abteilung desselben, welche die beiden jetzt betraten, sah es in diesem Augenblicke wohnlich genug aus. Freilich waren auch drinnen nur die nackten Bretterwände; aber der Tür gegenüber stand eine mit bunten Polstern belegte Ruhebank, an der einen Seite befand sich neben den Fächern für die Badeutensilien ein mit braunen Kaffeekännchen, Dosen und Tassen besetztes Regal, und durch das der Stadt zu gelegene kleine Fenster schien die Mittagssonne und erwärmte und erleuchtete den ganzen Raum.
    »Hm«, sagte das Mädchen und nickte lächelnd nach dem Regal hinauf, »die Frau Kammerrätin und die Frau Kriegsrätin und die Frau Baronin, die haben alle die Schlüssel zu ihren Kaffee- und Zuckerdosen in ihren Taschen; schau nur, da baumeln allenthalben die Vorhängeschlösser; da können wir nicht daran, Kathi.«
    »Aber Frölen, Sie trinken ja doch keinen Kaffee nach dem Bade, wie die drei alten Damen.«
    »Nein, ich nicht, Kathi; aber du, wie bekommst du denn deine Tasse?«
    »Ich, Frölen? Ich hab zu Haus meinen Zichorie; dann kriegt der Kater auch sein Teil.«
    Die Mädchenknospe aber langte in den Schlitz ihres Kleides und legte gleich darauf zwei zierliche Papierdüten auf den unter dem Tassenregal stehenden Tisch. »Mokka«, sagte sie feierlich, »und – feinste Raffinade! Mama hat’s mir eigens für dich eingewickelt; sie wußte wohl, daß du für mich allein heut Wache stehen müßtest. Und nun zünd dir die Spritmaschine an und koch dir deinen Kaffee, und – deinen Kater laß ich grüßen!«
    Sie hatte sich aufs Sofa gesetzt und begann sich Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Die alte Frau stand vor ihr und sah sie zärtlich an; aber sie dankte ihr nicht mit Worten, sie sagte nur: »Mama vergißt mich nicht«, und nach einer Weile: »Aber, Frölen, wollte denn Mama Sie gehen lassen?«
    »Mich gehen lassen? – Mama ist nicht so ein Hasenfuß wie du! Solltst dich schämen, Kathi, so ein langer Kerl, wie du bist!«
    »Ja, ja, Frölen, ich streit auch nicht. – Ich vergeß es nimmer – da ich Kindsmagd bei Ihrem Großvater, beim alten Bürgermeister war –, die Angst, die ich oftmals ausgestanden; die Frau Mama – sie wird’s mir nicht verübeln – war dazumalen grad nicht anders als wie das junge Frölen heute!«
    Das junge Frölen hatte die nackten Füßchen zu sich auf die Sofakante gezogen und ließ sie behaglich von dem warmen Sonnenschein beleuchten. »Erzähl’s nur noch einmal, Kathi!« sagte sie.
    Die Alte hatte sich neben sie auf das Sofa gesetzt. »Ja, ja, Frölen; ich hab’s Ihnen schon oft erzählt. Aber ich seh sie noch immer vor mir, die Frau Mama; will sagen, das acht- oder neunjährige Dingelchen. Ebenso schöne gelbe Haare wie das Frölen!«
    »Gelbe, Kathi? – Dank dir auch vielmals!«
    »Sind sie nicht gelb, Frölen? – Nun, aber schön sind sie doch?«
    »Ja, Kathi! Aber Mama ihre sind noch heut viel schöner, als meine. Nicht wahr? Sie trug sie immer in zwei langen, dicken Zöpfen?«
    Die Alte nickte. »Und wie die flogen, wenn sie lief und sprang!«
    »Aber, Kathi, ging sie denn niemals ordentlich, so wie ich und andere Menschen?«
    »Das Frölen meint, so wie vorhin den Deich herunter?« Und die Alte streichelte mit ihrer harten Hand den Kopf des schönen Mädchens, das lachend zu ihr aufblickte. »Ja, ja, es hat richtig genug nachgeerbt! – Aber einmal, eines Morgens, da ging’s mit dem Springen noch nicht hoch genug! Auf der sieben Fuß hohen Gartenmauer saß das Dingelchen mit ihrem Lehnstühlchen, mit ihrem Kindertischchen und ihrem ganzen Puppenteeservice darauf. An der Mauer stand ein alter krummer Syringenbaum; daran hatte sie das alles hinaufgearbeitet und sich selber auch; und nun saß sie da, wie in ’ner Laube, mitten zwischen all den Blüten, die just damals aufgebrochen waren.«
    – Die Mädchenknospe neckte ihre alte Freundin nicht mehr; nicht nur die kleinen Ohren, auch der geöffnete Mund und die dunklen Augen schienen die Geschichte mitzuhören. –
    »Ich war die Kindsmagd für das jüngere Schwesterchen, für die Frau Tante Elsabe«, fuhr die Alte fort; »ich sollt wohl auch nach der Mama sehen; doch wer konnt allzeit den Wildfang hüten? Und das Stück Mauer war ganz unten in dem großen Garten, wo nicht alle Tage einer hinkam. – Aber heute, just da das Spiel am schönsten war, mußten wir nun doch dahin kommen; der Herr Bürgermeister hatte noch seinen geblümten

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