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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Badegäste die erste Einrichtung schon getroffen war. Seine Aufwartung hatte Kätti übernommen, und sie tat alles mit einer so stillen, nie nachlassenden Aufmerksamkeit, daß er dem sonst so flüchtigen Mädchen oft verwundert zusah; auch als nach einigen Tagen seine Kiste mit Büchern und Papieren anlangte, ging sie so anstellig ihm zur Hand, als wüßte sie von selbst, wohin er jegliches geordnet haben wollte.
    »Wie dir das ansteht, Kätti!« sagte er scherzend. »Nicht wahr, du läufst nicht wieder in die Welt hinaus?«
    Bei ihrer schmächtigen Gestalt und den herabhängenden Zöpfen, die sie in seiner Primanerzeit schon ebenso getragen, konnte er sich nicht entwöhnen, sie auch jetzt noch gleich einem halben Kinde zu behandeln; aber sie stand bei diesen Worten plötzlich todbleich vor ihm. »O bitte!« sagte sie und hob flehend die Augen zu ihm auf.
    Er warf einen fast erstaunten Blick auf sie. »Verzeih, Kätti«, sagte er dann; »wir reden niemals mehr davon.«
    Zum Singen, wie einstens in der Giebelstube, wurde sie nicht mehr von ihm aufgefordert, er selber hatte sein Musizieren wie eine Jugendtorheit hinter sich gelassen; zum Ausgleich schädlichen Studierensitzens fand er es weit ersprießlicher, statt der Gitarre sich eine Botanisiertrommel umzuhängen und so, zugleich lernend und marschierend, seine Mußestunden zu verwerten.
    Zu solchen Wanderungen war hier die weiteste Gelegenheit; aber es waren nicht die einzigen, welche von ihm unternommen wurden; schon mehrere Male war er in der Stadt gewesen und dann immer erst am nächsten Tage heimgekehrt.
    Bei solcher Rückkunft fand er stets einen frischen Blumenstrauß auf seinem Tische; aber obgleich er wissen mußte, daß nur Kätti ihn dahin gestellt haben konnte, so erhielt diese doch nie ein freundliches Wort darüber. Anfänglich verwunderte sie sich nur; dann aber begann es sie lebhaft zu beschäftigen, und endlich beschloß sie, ihm an solchen Tagen lieber gar nicht mehr vor Augen zu kommen; und so fand er denn künftig neben dem Blumenstrauß auch sein Abendbrot als wie von unsichtbaren Händen aufgetragen. Sie dachte nicht, daß er auch hierin nichts Besonderes fand.
    Einmal aber, da er von solcher Wanderung in sein Zimmer trat, fand er das Mädchen weinend an der Haustür stehen. Nun sah er sie denn doch.
    »Kätti! Kind! Was fehlt dir?« frug er.
    Ihr fehlte nichts; aber Sträkelstrakel war vor einer Stunde per Schub von der Polizei ins Dorf zurücktransportiert worden. »Um meinetwegen!« rief Kätti, und ihre Tränen brachen reichlicher hervor. »Und seine Geige – er hat sie versetzen müssen, weil er gehungert hat; er hat nicht einmal spielen dürfen, denn er hat keine Konzession gehabt!«
    Der Doktor hörte schon nicht mehr, was sie noch weiter sprach; was kümmerte ihn der kleine Fiedelmusikante, den er nie gesehen hatte!
    »Aber er muß seine Geige wiederhaben!« sagte Kätti; und da der Doktor hierauf nur wie in Gedanken mit dem Kopfe nickte, rief sie, ihre schmalen Hände ringend: »Ich habe kein Geld! Ich habe nichts, gar nichts!«
    Sie wollte dem jungen Manne zu Füßen fallen; da schüttelte er die Träume, die er von der Stadt mit hergebracht hatte, aus seinen blonden Haaren und fing sie mit beiden Armen auf. »Kätti, Kätti! Besinne dich! Wie heißt der Mann? Ich will ihm seine Geige wiederschaffen!«
    Bis sie plötzlich fort war, blieb er wie gefangen in der Glut der stummen Dankbarkeit, die aus den dunkeln Augen ihm entgegenströmte. Bald aber, da er allein an seinem Arbeitstische saß, schalt er sich selbst darüber und suchte seine Gedanken auf den Weg zur Stadt zurückzubringen.
     
    Schon am andern Tage ging er selbst dahin, ja, er blieb dort auch den folgenden; als er am dritten Tage endlich wiederkam, schien er absichtlich Kättis Gegenwart zu meiden. Gekränkt und grübelnd ging das Kind umher: was hatte sie ihm denn getan? Sie verlangte ja nichts weiter als freundlichen »guten Tag« und »guten Weg«!
    Da geschah es eines Nachmittags, daß Herr Zippel seinen Wachtelhund vermißte. Da das Tier schon seit gestern nicht mehr gesehen war, so lief Kätti von Haus zu Haus, um es zu suchen, denn es war fast mit ihr aufgewachsen. Aber sie erfuhr nichts Bestimmtes; nur ein Kind behauptete, es habe die lange Trina, die dort hinterm Holze wohne, mit einem schwarz und weiß gefleckten Hündchen auf dem Weg gesehen.
    »O weh!« sagte die dicke Magd, als Kätti mit diesem Bericht nach Hause kam.
    »Warum o weh, Anngretje?«
    »Darum«,

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