Werke
sagte die Magd, »weil das Fidélchen immer Buttersemmeln aß und sehr gut bei Schicke war.«
»Deshalb?« – Kätti mußte lachen.
»Ja, ja, Kättichen; die lange Trina schlachtet die kleinen fetten Hunde; das Fett verkauft sie an den Apotheker in der Stadt und macht auch Sympathie damit.«
Nun erschrak das Mädchen ernstlich; aber Herr Zippel, der eben hinzutrat, langte in die Tasche und drückte ihr ein Geldstück in die Hand. »Geh selbst und kauf’s der alten Hexe ab«, sagte er; »Fidélchen wird schon noch am Leben sein!«
– – Es führte durch den Wald ein Weg und von diesem ein Fußsteig zu der Wohnung der langen Trina; Kätti aber fürchtete, sich zu verirren, und ging lieber im weiten Bogen um den Wald herum. Als sie nach stundenlanger Wanderung die Kate erreicht hatte, welche im Schatten eines Tannenschlages lag, fiel ihr Blick zuerst auf ein gegen die Mauer gelehntes Brett, an dem die Felle von allerlei kleinem Getier, dem Anscheine nach zum Trocknen, festgeheftet waren; Kätti besah eines nach dem andern, doch schien Fidélchens Fell noch nicht dabeizusein.
Bei ihrem Eintritt in die Wohnung saß die hagere Alte vor einer dampfenden Kaffeetasse. Sie hatte früher einmal bei einer verwitweten Kammerherrin in der Stadt gedient und nach deren Tode nebst anderem Plunder auch die schwarzen Krepphauben der Dame zum Geschenk erhalten, welche sie seitdem, mit bunten Bänderfetzen verziert, auf ihrem eigenen Kopfe trug. Kätti, obwohl vom Dorfe her die lange Trina ihr nicht unbekannt war, erschrak hier in der Einsamkeit doch vor dem knochigen Bauernantlitz, das so grotesk unter dem Flitterputz hervorschaute.
Aber die Alte rückte ihr einen Stuhl zum Tische und nötigte sie wiederholt, wenn auch vergebens, ein Schlückchen aus ihrer Tasse zu probieren; von dem Hunde aber wollte sie nichts gesehen haben. »Es ist meine Katze gewesen«, sagte sie; »die läuft mir oftmals nach; sieh nur, dort liegt sie unterm Ofen!«
Und wirklich lag dort eine schwarz und weiß gefleckte Katze, die sich, wie ihr behagliches Schnurren zu erkennen gab, um all die abgezogenen Fellchen draußen wenig zu bekümmern schien.
Aber Kätti traute doch nicht; sie drückte dem Weibe das Geldstück in die Hand und sagte: »Da habt Ihr ein Trinkgeld; mein kleiner Hund heißt Fidél, und wenn Ihr ihn uns wiederbringt, so gibt mein Vater Euch gern das Doppelte!«
»Ich weiß nichts von deinem Hund«, rief die Alte unwirsch.
»Aber«, fuhr sie wie in plötzlichem Besinnen fort, »du sollst den Weg doch nicht umsonst gemacht haben! Kennst du, was man den Speiteufel heißt?«
Kätti schüttelte den Kopf.
»Es ist ein Pilz, und es gibt deren blaue, rote und auch grüne; aber von dem roten muß es sein; er wächst hier im Holze, just um diese Zeit.«
Das Mädchen sah gespannt die Alte an.
»Wenn du dir wieder ein Hündchen ziehen willst, so tupfe mit dem Finger in den roten Schaum, der auf dem Hute liegt, und netze das mit deinen Lippen! Es brennt ein wenig; aber das schadet nicht. Warte nur, es ist auch ein Spruch dabei!« Sie zog ihre Tischschublade auf, kramte darin umher und holte endlich einen schmutzigen Zettel daraus hervor, den sie Kätti vor die Augen hielt. »Das muß dabei gesprochen werden«, sagte sie; »wenn dann das Hündchen davon frißt, so wird es nimmer von dir weichen.«
Die lange Trina rückte näher und fuhr mit ihrer harten Hand über die Wange des Mädchens. »Es hilft nicht bloß für Hündchen«, sagte sie heimlich; »die gelbe Marthe weiß wohl, warum sie jetzund auf der großen Hufe sitzt; der Niklas hatte zwei und wußte nicht, an welche er sich hängen sollte.«
Kätti saß plötzlich wie mit abwesenden Augen; ihr dunkles Gesicht war merklich bleich geworden.
Die Alte sah sie schmunzelnd an; dann ergriff sie eine ihrer schwarzen Flechten und zog den Kopf des Mädchens an den ihren, während ein lüsterner Zug den groben Mund umspielte. »Du«, flüsterte sie, »du bist wohl gar um dessentwillen hergekommen; du hast wohl auch so einen Hin-und-wieder-Burschen! Streich’s ihm auf ein Brötchen, auf ein Stückchen Zucker; es gibt Rat für alles in der Welt! Nur merk’s dir, fürsichtig mußt du sein; ein wenig macht lebendig, zuviel – da könnt der Teufel leicht sein Spiel gewinnen!«
Wie aus einem bösen Traume sprang das Kind empor. »Nein, nein! Laßt mich los; ich will nichts von Euren Teufelskünsten wissen!«
Sie war schon draußen vor der Haustür; aber das Weib kam hinterher. »Narre, Narre,
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