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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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das zornrote Antlitz seines Herrn erblickte, fürchtete, daß den Kindern ein Leids geschehen werde, und antwortete stockend: »Ich weiß nicht, Herr; sie sind nicht hier gewesen.«
    »Du lügst, Forthmann!« rief Herr Hennicke.
    »Nein, nein, Herr; ich weiß nichts von dem Junker!«
    Herr Hennicke hieß den Mann ins Haus gehen und dort auf ihn warten. Er selber suchte draußen nach den Kindern; er stieß einen Haufen Reisig auseinander; er riß die Pforte des kleinen Immenhofes auf; aber er fand sie nicht. Endlich an einem Dornbusch sah er Heilwigs rotes Tüchlein flattern.
    Als er damit in die Tür des Hauses trat, stand der Kätner an einem hellen Feuer, das im Hintergrund der Lehmdiele unter dem Kesselhaken lohte. Er rief ihn zu sich und zeigte ihm das Tüchlein. »Weißt du, Forthmann«, frug er, »wie mein Großvater seine freveligen Bauern strafte?«
    Der Mann starrte ihn nur angstvoll an.
    »Geh«, rief er, »und hol den Eimer Wasser, den du vorhin aus dem Brunnen zogst!«
    Und als der Bauer mit dem vollen Eimer wieder in die Hütte trat, nahm Herr Hennicke ihm denselben aus der Hand und goß das Wasser in die Herdflamme, daß sie prasselnd in weißem Dampf erlosch.
    Eine Weile blieb er stehen, bis die stäubende Asche sich verflogen hatte; dann sprach er: »Dein Feuer ist tot; und wehe denen, die vor Wochenschluß es wieder anzuzünden wagen; sie sollte schwere Buße dafür treffen!«
    Er wandte sich zum Gehen.
    Da bekam der Hörige die Sprache wieder. »Herr, mein Weib ist krank; die Woche hat ja erst begonnen!«
    Aber Herr Hennicke ging, während der Kätner wie in Betäubung beide Arme nach dem Fortschreitenden ausstreckte.
    – – Am andern Morgen in der Frühe ritt Herr Hennicke wieder nach dem Eekenhof; er ritt durch das Hecktor in das Holz hinein. Als er an die Koppel kam, stand am Rande derselben der Vogt mit einer Peitsche in der Hand; denn er paßte auf einen Säumigen, dem er den Willkomm geben wollte.
    »Gib’s ihm doppelt auf den Mittag!« rief Herr Hennicke. »Jetzt komm mit mir; wir wollen nach dem kalten Herde sehen!« Und er erzählte, was gestern in des Kätners Forthmann Haus geschehen war.
    »Herr«, sagte der Vogt, »es wird sich niemand dort die Faust verbrennen wollen!«
    Herr Hennicke nickte. »Sie sollen aber wissen, daß sie nimmer sicher sind.« Er gab seinem schwarzen Gaul die Sporen, und der Vogt trabte nebenher.
    Weiter oben am Rande des Gehölzes lag die Kate in der Morgensonne; nichts Lebendes war zu sehen als eine Katze, welche auf der Schwelle schlief.
    »Ist Forthmann in der Arbeit?« frug Herr Hennicke seinen Vogt.
    »Ja, Herr.«
    »Und das Weib?«
    »Sie kann nicht; sie liegt schon wieder mal an ihrem schweren Schaden.«
    Plötzlich riß Herr Hennicke sein Roß zurück. »Was ist das, Vogt?« rief er und wies nach dem zerfallenen Strohdach, aus dessen First es bläulich in die Luft stieg.
    »Das, Herr«, erwiderte der Mann und deckte sich die Augen vor den schrägen Sonnenstrahlen, »das ist Rauch; und wenn’s nicht auf dem Boden brennt, so ist auch Feuer auf dem Herd.«
    Herr Hennicke war rasch vom Gaul herunter. Als er die Lehmdiele der Hütte betrat, sah er wie gestern ein helles Feuer unter einem Topfe lodern. Auf der einen Seite des Herdes stand die kleine Tochter des Kätners in ihrem Lumpenkleidchen, auf der andern stand der Junker Detlev, der leuchtenden Auges in die Flammen blickte und dem Feuer eben eine frische Hand voll Reisig zuschob.
    Erst als die Dirne einen Schrei ausstieß, sah er seinen Vater vor sich stehen. Er erschrak heftig; als aber dieser mit bebender Stimme frug: »Hast du dich unterstanden, dieses Feuer anzuzünden?«, sprach er: »Ja, Herr Vater; aber das Weib des Kätners liegt in schwerem Siechtum und kann der warmen Speise nicht entraten.«
    Herr Hennicke wies auf einen Eimer mit Wasser, der neben dem Herde stand.
    »Nimm!« sagte er, »und gieß das Feuer aus!«
    Aber der Junker rührte sich nicht.
    »Nimm!« schrie Herr Hennicke. »Oder glaubst du, daß du schon Herr auf diesem Boden bist?«
    Da sprach der Junker: »Nein, Herr Vater; wohl bin ich hier der Herr, aber ich weiß auch, daß die Gewalt annoch in Eueren Händen liegt. Wenn sie einmal in meinen ist, so sollen’s meiner Mutter Leute besser haben!«
    Bei diesen Worten ist der Grimm des Mannes losgebrochen. »Gib ihm die Peitsche!« schrie er dem Vogte zu, der eben eingetreten war. »Gib ihm die Peitsche!« Als aber der Vogt vor solcher Anmutung zurückgewichen ist, hat er den

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