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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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ersten Menschenpaares!
    Doch auch als er dann tief aufatmend näher trat, blieb die Gestalt des Mädchens unbeweglich. »Fräulein Anna!« sagte er bittend und legte seine Hand auf ihre Hände, die gefaltet über ihren Schoß herabhingen.
    Sie duldete es, als habe sie ihn hier erwartet, als ob sein Kommen sich von selbst verstehe; aber nur ein Zittern fühlte er durch ihre Glieder rinnen; ihre Augen, nach deren Blick er dürstete, erhob sie nicht.
    »Ich bin es; Rudolf!« sagte er wieder. »Oder wollten Sie mir zürnen, Anna?«
    Da hob sie das Haupt, es leise schüttelnd, von dem harten Pfosten und blickte mit unsäglichem Vertrauen zu ihm auf.
    Und wie es dann geschehen, ob noch ein Laut von ihren Lippen oder nur der Nachthauch in den Gartenbäumen, nur das stumme Sternenfunkeln über ihnen seiner jungen Liebesscheu zu Hülfe kam, das haben sie später selbst nicht scheiden können; aber der Augenblick war da, wo er das Weib und sie den Mann in ihren Armen hielt.
    Und als auch der vorüber, da sprachen auch sie jenes schöne törichte Wort, womit die Jugend den Sturz des Lebens aufzuhalten meint. »Ewig!« hauchte eins dem andern zu; dann gingen sie mit glänzenden Augen auseinander, Anna zu dem verkrüppelten Bruder in die Kammer, Rudolf unter dem blitzenden Sternenhimmel in die Nacht hinaus, als wollte er empfinden, wie er mit seinem Glücke frei in alle Ferne schweifen könne.
    Als er endlich in das Küsterhaus zurückgekommen war, das wie die meisten Bauernhäuser hier auch während der Nacht unverschlossen blieb, vernahm er schon beim Eintritt in die Kammer die Stimme seiner Mutter aus dem anstoßenden Zimmer: »Ich habe nicht schlafen können, Rudolf; wo bist du denn so lang gewesen?«
    Und da stand die notwendige Bestellung wieder vor ihm; er hatte ganz darum vergessen.
    »Ist denn wenigstens alles in Ordnung?« rief die Mutter wieder. »Es mußte notwendig vor morgen früh bestellt sein.«
    »In Ordnung, Mutter?« Und wie ein Jubel lachte es aus ihm heraus. »Ja, Mutter, schlaf nur, es ist alles jetzt in Ordnung!«
    – – Am andern Morgen freilich, wo der Sohn mit seinem übervollen Herzen die Mutter am Frühstückstisch erwartet hatte, blieb dieser der Zusammenhang nicht mehr verborgen. Der Zweck des so entschlossen ausgeführten Besuches war somit erreicht, aber es schien fast, als habe er dadurch an seinem Werte eingebüßt; Frau von Schlitz saß da, als ob sie einen inneren Widerstreit zu schlichten habe. »Nun, Rudolf«, sagte sie endlich, da der Sohn wie bittend ihre beiden Hände faßte, »du hättest freilich andere Ansprüche machen dürfen; aber wir Frauen sind dankbarer als ihr Männer, und so wollen wir denn hoffen, das Mädchen werde sich dir um so mehr verpflichtet fühlen.«
    Was Rudolf außer der mütterlichen Zustimmung aus diesen Worten hörte, konnte kaum nach seinem Sinne sein; aber er war zu glücklich, um dawider jetzt zu streiten. Und so gingen sie denn, als der Vormittag weiter heraufgerückt war, miteinander nach dem Pfarrhause; der Sohn mit beklommenem Atemholen, wie wer die Pforte seines Glückes noch erst öffnen geht, Frau von Schlitz mit einem Lächeln der Befriedigung das frohe Staunen der guten Pastorsleute vorgenießend.
    Auch wurde bei Annas Mutter ihre Erwartung nicht so ganz getäuscht; aber immerhin war bei dieser doch wesentlich das romantische Forsthaus aus dem »Freischütz«, das vor dem entzückten Mutterauge stand: konnte es denn eine schönere Agathe als ihre blonde Anna geben? – Der Pastor selbst war abwesend, er hatte auf einem der entlegensten Dörfer seines Kirchspiels eine Taufe zu vollziehen. Als er abends, da schon die Kinder in den Betten waren, heimkam, wurde auch bei ihm die Werbung angebracht; aber Rudolfs Mutter mußte es erleben, daß auf die bescheidenen Worte ihres Sohnes nur ein ernstes Schweigen des sonst so heiteren Mannes folgte. Vielleicht mochte es sich diesem wieder vor die Seele stellen, daß dem jugendlichen Bewerber, wie er es wohl scherzend schon für sich bezeichnet hatte, von der langen Weibererziehung noch etwas zwischen seinen braunen Locken klebe; vielleicht, daß er seine »königliche Tochter«, wie er sie in seinem Herzen nannte, einer sichereren Hand als dieser hätte anvertrauen mögen; am Ende mochte es gar Bernhard sein, den er dabei im Sinne hatte.
    Auch Frau von Schlitz kam der Gedanke, und sie spürte schon den Antrieb, mit einigem Geräusche aufzustehen und ihrerseits die Unterhandlung kurzweg abzubrechen. Zum Glück

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