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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Rudolf; eines nur versprich mir: heute noch zu schweigen und – ohne Vorwissen deiner Mutter nicht daran zu rühren!«
    Rudolf hatte noch nicht geantwortet, da pochte ein leichter Finger von außen an die Tür. Anna war halb verschämt hereingetreten und stutzte jetzt ein wenig, da sie so ernsthafte Gesichter vor sich sah; aber schon hatte Rudolfs Mutter das Wort an sie gerichtet: »Du suchst wohl deinen ungetreuen Bräutigam, mein liebes Kind; und recht hast du, er hätte lieber mit dir als mit der alten Mutter plaudern sollen!«
    »Verzeihen Sie, Mama«, erwiderte das junge Mädchen lächelnd; »aber die Kinder lassen mir nicht Ruh, sie wollen alle ihren neuen Schwager sehen; Käthe ist mitgelaufen und lauert draußen, die andern stehen zu Hause vor der Tür; sie bettelten so lange, bis wir ihnen allen ihre besten Kleider angezogen hatten. – Du gehst doch mit mir, Rudolf?« setzte sie mit gedämpfter Stimme dann hinzu, indem sie den Kopf zu ihrem Liebsten wandte und ihn voll mit ihren lebensfrohen Augen ansah.
    Die Mutter lächelte, denn wie vor einem Morgenhauche sah sie die Wolke von des Sohnes Stirn verschwinden. »Nun, Rudolf?« sagte sie und streckte jetzt noch einmal ihm die Hand entgegen.
    Er hatte die leis betonte Frage wohl verstanden; aber, die Augen auf seiner jungen Braut und mit der einen Hand die ihre fassend, legte er die andere mit festem Druck in die der Mutter.
    »So geht, ihr Glücklichen!« sagte diese.
    Sie gingen, und Frau von Schlitz lehnte sich wie ermüdet auf ihren Stuhl zurück. »Hübsch ist sie; zum mindesten hier, so zwischen Wald und Wiesen!« Halb lächelnd hatte sie es vor sich hin gemurmelt; dann stand sie auf, um ihre Morgentoilette zu vollenden.
    Der Nachmittag des letzten Sonntags war herangekommen ; auch Mutter und Sohn sollten sich am andern Tage trennen: erstere, um sich in der Residenz in ihren niedrigen Zimmern einzuwintern, Rudolf, um nach langer Frist in sein leeres Försterhaus zurückzukehren, das er bis zum Frühjahr noch allein bewohnen sollte; am folgenden Tage hatte er dann sich bei der Exzellenz zu melden, welche der Jagd wegen noch die letzten Herbstwochen auf dem Lande blieb.
    Schweigend hatte er seinen Koffer gepackt, während die Mutter noch zwischen Päckchen und Schachteln umherhantierte. »Geh nur zu deiner Braut!« sagte sie zu dem ihr müßig Zuschauenden; »es sieht hier öde aus; was übrig ist, besorge ich schon allein!«
    Rudolf küßte die Hand seiner Mutter und ging. Als er die Dorfstraße eine Strecke weit hinabgeschritten war, sah er aus der Fahrpforte des Pfarrhauses einen Reiter sich entgegenkommen, der, wie es schien, bei seinem Anblick das Pferd in rascheren Gang setzte und dann im Galopp an ihm vorüberritt. »Bernhard!« rief er; aber der Reiter hatte nur mit seinem Hut gegrüßt und war jetzt schon weit von ihm entfernt. Eine Weile blickte Rudolf ihm nach. ›So laß ihn reiten!‹ dachte er und ging langsam weiter. Als er an den Garten des Pastorats gekommen war, sah er ein helles Kleid zwischen den Boskettpartien schimmern, von welchen ein Steig zu einem Pförtchen nach der Dorfstraße hinausführte. Anna pflegte sonst um diese Stunde sich drinnen mit den kleinen Geschwistern zu beschäftigen; aber als er in den Garten getreten und den Steig hinabgegangen war, kam sie bei einer Biegung desselben ihm entgegen. »Du, Rudolf?« rief sie. »Ich hatte dich nicht kommen hören.«
    Es war nicht der sonst so frohe Klang in ihrer Stimme ; auch sah sie ihn nicht an, da sie jetzt ihre Hand wie leblos in die seine legte.
    Rudolf stutzte; die halben Worte seiner Mutter standen plötzlich vor ihm. »Was ist dir, Anna?« sagte er. »War Bernhard hier? Ich sah ihn fortreiten; er muß doch eben erst gekommen sein!«
    »Ja«, entgegnete sie, ohne aufzublicken; »Bernhard wollte nicht bleiben.«
    »Aber du hast ja rote Augen, Anna!« Und ein kaum merkliches Zittern klang aus seiner Stimme.
    »Ja, Rudolf«, sagte sie und sah ihm voll ins Antlitz; »Bernhard hat mit mir gesprochen.«
    »War das so traurig, was er mit dir zu sprechen hatte?«
    Sie nickte: »Er bat – er wollte bei den Eltern um mich werben; er wußte ja noch nichts von unserer Verlobung.«
    Rudolf war blaß geworden. »Nun, Anna?« frug er stockend.
    »Ja, was denn weiter, Rudolf? Das konnte ich doch nicht erlauben.«
    »Und darum weintest du?«
    Er hatte diese Worte so laut hervorgestoßen, daß das Mädchen erschrocken um sich blickte; dann sagte sie ruhig: »Ja, darum weinte ich ;

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