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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Wohnzimmer, nur brannte jetzt die Lampe, und es war noch stiller um sie her. Mitunter sprang sie auf, und ihre Arbeit hinwerfend, trat sie ans Fenster und drückte das Ohr gegen eine der Glasscheiben, dann plötzlich lief sie vor die Haustür; aber nur die Eulen mit ihrer Brut schrien vom Walde herüber; auch einmal im Stalle hinten hatte der Hahn geträumt und krähte dreimal in die Nacht hinaus. Und wieder saß sie drinnen bei ihrer Arbeit, der eine Fuß nur auf der Spitze ruhend, das Haupt halb abgewandt, wie in die Ferne lauschend. Da, das war keine Täuschung, scholl es vom Weg herauf; das war der Hufschlag ihres Rappen, und näher und näher kam es. Sie war nicht aufgesprungen; langsam und wie vorsichtig, um keinen Laut von draußen zu verlieren, hatte sie sich aufgerichtet. »Rudolf!« rief sie, und endlich, im dunkeln Hausflur, hielt sie ihn umfangen. »Gott Dank, daß ich dich wiederhabe!«
    Als sie aber drinnen beim Lampenschein in das verstörte Antlitz ihres Mannes sah, da ging sie aus dem Zimmer, als ob sie draußen im Hause etwas Eiliges zu beschaffen habe; dann nach einer Weile kehrte sie anscheinend ruhig zurück.
    Bei ihrem Eintritt kam Rudolf ihr entgegen; er wollte nach seinem Zimmer; es seien noch Sachen, die er bis morgen fertigstellen müsse.
    »Aber du willst doch erst zu Abend essen?« Und sie zog ihn an den schon längst gedeckten Tisch.
    Er nahm auch einige Bissen. Dann stand er auf. »Laß dich nicht stören, ich muß machen, daß ich an die Arbeit komme!«
    Ein schmerzliches Zucken flog um ihren Mund; aber sie suchte ihn nicht aufzuhalten. »Um zehn Uhr komm ich zu dir!« rief sie ihm freundlich nach, als er hinausging.
    Die Arbeiten, von denen er gesprochen hatte, waren kein bloßer Vorwand, am folgenden Morgen hatte er sie dem Grafen persönlich zu überreichen. Auch saß er in seinem Zimmer bald darauf am Schreibtisch ; er sagte sich, das müsse noch beseitigt werden, und suchte gewaltsam, und bis das Hirn ihn schmerzte, seine Gedanken festzuhalten und auf einen Punkt zu drängen. Aber die Feder berührte meist nur das Papier, um das Geschriebene gleich wieder fortzustreichen; so ging es eine Weile, endlich sah er, daß er sie zerbrochen hatte. »Schlechte Musikanten!« murmelte er vor sich hin. »Der Graf hatte recht: es geht nicht mehr, aber – weshalb denn geht es nicht?«
    Da stand die rußige Gestalt des Schmiedes vor ihm; so dicht, die stierenden Augen und das verzerrte Antlitz lagen fast an dem seinen; ein leises höhnisches Gelächter fuhr ihm kitzelnd in die Ohren: »Dreizehn Jahre? – Es kann auch früher kommen!«
    Deutlich hatte er das sprechen hören! Er fühlte, wie sich das Haar auf seinem Haupte sträubte. Aber er hörte noch mehr: es jammerte, es wimmelte um ihn her; er war aufgesprungen und schlug mit beiden Armen um sich. »Fort!« schrie er; »fort, Gespenster!«
    Aber er war doch nicht mehr allein in seinem Zimmer; die Geschöpfe seines Hirnes waren mit ihm da und wichen nicht. Mit heftigen Schritten ging er auf und ab, hastig bald links, bald rechts die Blicke werfend; der Schweiß war in großen Perlen ihm auf die Stirn getreten. Plötzlich machte er eine ausweichende Bewegung. »Der Hund!« sagte er leise. »Noch nicht! Ich warte nicht auf dich.«
    Da schlug es zehn von der Wanduhr, und vom andern Ende des Hauses hörte er die Tür des Wohnzimmers gehen. Das war Anna; schon hörte er ihre Schritte auf dem Hausflur. Er blieb stehen und blickte um sich her: die Lampe brannte hell und warf ihren Schein in alle Winkel; es war alles ganz gewöhnlich.
    Als Anna dann gleich darauf ins Zimmer trat, saß er wieder an seinem Schreibtische.
    »Bist du bald fertig?« frug sie, die Hand auf seine Schulter legend; »ich weiß nicht, aber die Augen sind mir heut so schwer.«
    Er sah nicht auf. »Ich denke; vielleicht ein halbes Stündchen noch.«
    Und wie in den vorigen Nächten setzte sie sich still mit ihrer Arbeit neben ihn. Aber immer langsamer regten sich die schlanken Finger, und die halbe Stunde war noch nicht verflossen, da rückte sie ihren Stuhl dicht an den seinen, und von Müdigkeit überwältigt, sank ihr Haupt auf seine Schulter.
    Behutsam, damit sie sicher ruhen könne, legte er den Arm um sie; und als die halbgeöffneten Lippen des jungen Weibes sich bald in gleichmäßigen leisen Atemzügen ihm entgegenhoben, da neigte er sich unwillkürlich zu ihr, um sie zu küssen. Aber es kam nicht dazu; wie in plötzlicher Erstarrung richtete er sich auf und griff mit

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