Werke
erfüllte die Luft um sie her.
Nach einer weiteren Stunde sahen sie den Gutshof liegen; als sie in eine kurze Allee von Silberpappeln einbogen, lag am Ende derselben, durch einen sonnenhellen Raum davon getrennt, das Wohnhaus vor ihnen.
»Da ist schon Bernhard!« sagte Anna und wies auf eine kräftige Gestalt, welche neben der Haustür stand und, die Augen mit der Hand beschattend, dem ankommenden Gefährt entgegensah.
Rudolf nickte nur, und Anna sah es nicht, daß seine Hände sich wie in verbissenem Schmerz zusammenballten; nur das Pferd, das er am Zügel hielt, empfand es und bäumte sich in seiner Deichsel.
Als der Wagen vor dem Hause anfuhr, war das verschwunden. »Da sind wir endlich!« sagte er, Bernhard die Hand entgegenstreckend.
Bernhard sah ein wenig überrascht, fast verlegen aus; aber auch das verlor sich gleich. »Seid willkommen, du und Anna!« sagte er herzlich. »Ich erkannte euch erst, als ihr hier in den Sonnenschein hinausfuhrt.«
Nun kam auch Julie aus dem Hause, und die Begrüßung wurde lebhafter; und als man erst drinnen um den blinkenden Kaffeetisch der jungen Wirtin saß, geriet auch ohne die Männer sogleich die Unterhaltung, denn das Geschwisterpaar war kürzlich in Annas Elternhause auf Besuch gewesen, und diese hatte fast noch mehr zu fragen, als jene zu berichten. Nach beendetem Kaffee drang Rudolf auf einen Spaziergang durch die Gutsflur, die zwar seiner Frau, aber ihm noch nicht bekannt sei. Anna wollte eben ihren Arm in den der Freundin legen, als sie Rudolf sagen hörte: »Du, Bernhard, nimmst dich meiner Frau wohl an; Fräulein Julie wird mit mir sich plagen müssen; übrigens« – und er wandte sich zu dieser –, »ich verspreche, heute nicht zu zanken.«
»Sie haben auch heute keine Ursache mehr«, entgegnete Julie leise und warf, plötzlich ernst geworden, einen liebevollen Blick auf ihren Bruder.
Dem jungen Förster war weder dieser Blick noch dessen Bedeutung entgangen; aber er nickte düster vor sich hin, als sei ihm das so recht, dann folgte er mit Bernhards Schwester den Vorausgehenden. Nachdem Haus und Garten und pflichtgemäß dann auch noch Keller und Scheune besichtigt waren, ging man ins Freie, zunächst über abgeheimste Weizenfelder, wo nur noch Scharen von Sperlingen oder mitunter ein Häuflein barfüßiger Kinder ihre Nachlese hielten. Anna mit ihrem zum Zerspringen vollen Herzen rief eins der kleinen Mädchen zu sich, und als es, nach einem ermunternden Worte Bernhards, langsam herangekommen war, zog sie ein blaues Seidentüchlein aus ihrer Tasche und band es, auf den Boden hinkniend, ihm sorgsam um sein Hälschen. Sie küßte das Kind und drückte es heftig an sich. »Behalt das von der fremden Frau!« sagte sie; »doch halt!«, und sie sammelte ein Häuflein kleiner Münzen und drückte die Finger des Kinderfäustleins darum zusammen; dann, während der kleine Flachskopf ihnen stumm mit großen Augen nachsah, ging die Gesellschaft weiter.
Sie gingen wiederum gepaart wie damals auf Annas Heimatsflur, nur daß diese jetzt wiederholt den Kopf zurückwandte und erst, wenn sie einen Blick von Rudolf aufgefangen hatte, das Gespräch mit Bernhard fortsetzte, das ohnehin nicht recht in Fluß geraten wollte. Rudolf freilich beobachtete auch heute unablässig die Vorangehenden und wog bei sich den Ton in Bernhards und in seines Weibes Stimme; aber es war kein unruhiges Verlangen, nur ein leidvolles Entsagen sah aus seinen dunklen Augen.
»Sie wollten nicht zanken, Herr von Schlitz«, sagte neben ihm die Stimme seiner Partnerin ; »aber Sie sind völlig stumm geworden.«
Er wollte eben ein höfliches Wort erwidern, als sie aus der Enge eines mit Hagebuchenhecken eingezäunten Weges heraustraten und nun vor einer weiten Moorfläche standen, auf der hie und da eingestürzte Torfhaufen zwischen blinkenden Wassertümpeln lagen. »Das haben die Gewitterregen uns verwaschen«, sagte Bernhard; »aber wir müssen umkehren, der Weg, der hier am Moor entlangführt, ist nicht für Damenschuhe eingerichtet.«
Rudolf war ein paar Schritte auf dem bezeichneten Wege fortgegangen. »Für uns Männer wird’s schon taugen«, sagte er, sich zu Bernhard wendend; »die Damen werden uns entschuldigen; nicht deinen Torf, aber von deinen Jagdgründen möchte ich hierherum noch etwas sehen.«
»Wenn du willst«, meinte Bernhard; »aber es ist nicht viel damit.«
»Nun, so reden wir ein Stück mitsammen!«
Anna blickte ihn an: Was wollte Rudolf? Mit Bernhard allein sein? – Auf
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