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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Statt dessen war die Leidenschaft des Weibes; doch nur in den Stunden der Minne war Frau Wulfhild ihrem Manne untertan; zu anderer Zeit war ihr eigener Wille schwer zu beugen. Wie kampfgerüstet ging sie schon in der ersten Woche zwischen Gewappneten über alle Teile der Feste; dann schritt sie zu ihrem Eheherrn: »Traust du dem Atterdag? Ich nicht!« und verlangte hier ein Tor oder Fallgitter, dort einen weiteren Graben.
    In manchem tat er ihr den Willen, in anderem blieb er hart und sprach dagegen: »Meinem Vater ist’s so recht gewesen! Nimm deine Kunkel und sorg für Kinderhemde!« Dann ward sie zornig, und es gab üble Worte; kam es, daß es auch ihm wie Funken aus den Augen sprühte, dann konnte sie sich jäh in seine Arme werfen: »Halt, Rolf! Du bist zu schön! Da hast du mich; ich will nichts mehr!«
    Dann ward wohl Friede; aber dem Ritter wurde nicht warm in seiner Ehe; es schien, als sei die Freude ihm verlorengangen.
    – – Es war zu Nachmittage im Anfang Juni, und die Luft war lieblich; stundenlang waren Frau Wulfhild und ihr Ehegemahl durch ihr Gebiet geritten; aber für ihn war es kein leichter Ritt, denn ihre raschen Augen flogen weit umher, und unter ihrer gewölbten Stirn arbeitete es dabei von neuen Plänen: wo Wald war, wollte sie Ackerfeld, und wo das Feld zu dürre schien, da wollte sie Kiefern- oder Tannenwälder. »Wir müssen Schatten säen!« rief sie, da sie eben in einen Waldbezirk hineinritten; »fühl nur, wie wohl das tut!« Der Pfad war so schmal, daß die Pferde nur einzeln schreiten konnten; sie ritt voran, der Schreiber Gaspard, den sie als Berater mitgenommen hatte, war der letzte. Das Klopfen der Spechte oder unsichtbar über ihnen der Schrei eines Raubvogels war außer dem Tritt der eigenen Rosse alles, was sie hörten; und über Mann und Weib kamen die Gedanken, die nicht laut werden; aber ihre Wege gingen nicht zusammen.
    Der Wald hörte auf, und sie ritten aus dem beklommenen Bodendunst wieder in das Freie. Am Westhimmel war schon ein sanftes Rot erglommen; das Geißblatt, das voll Blüten an den Wällen hing, erfüllte die Luft mit Wohlgeruch, daß sie wie in ein wollüstig Meer von Duft hineinzogen. Rolf blickte nach seinem Weibe, das jetzt ein Stück zurückgeblieben war; dann wandte er wiederum den Kopf und sah ins Abendrot; da sprengte sie plötzlich an seine Seite und drängte ihren Schimmel hart an seinen Hengst; als aber Rolf die Schwere ihres Hauptes an seiner Brust fühlte, fuhr ein Sporenstich dem Hengste in die Weichen, daß er mit einem Satz zur Seite sprang. »Verzeih, Wulfhild!« rief der junge Reiter, indem er das Tier zusammendrückte, »der Hengst ist Menschenminne nicht gewohnt!« Das Weib ritt wieder zu ihm und faßte mit ihrem kräftigen Arm um seine Hüfte, mit ihren funkelnden Augen nach den seinen suchend; vor ihm aber stieg die zierliche Gestalt eines böhmischen Schätzchens auf, deren Lippen er einst gestreift und das er kaum vergessen hatte, und grollend sprach er zu sich selber: ›Die du freitest, ist kein Weib zum Minnen; und wenn nicht dazu, wozu denn anders?‹
    Hinter ihnen ritt schweigend Gaspard der Rabe; er sah mit seiner Schnabelnase schief zur Erden und spielte mit der Kugel seiner Mütze, als ob er an einer Schellenkappe läutete.
    Die Pferde gingen jetzt ruhig, und wieder nordwärts lag ein Wald vor ihnen. Das Dunkel kam nicht nur von seinen Schatten; die Dämmerung war stark herabgesunken, und im Osten begann der Mond den letzten Tagschein zu besiegen. Da fuhr es vor ihnen von einer schwarzen Tanne mit einem Satz zu Boden, daß Rolf Lembeck sich jäh aus seinen Träumen aufhob. »Hallo! Was war das, Gaspard?« rief er und riß seine zierliche Armbrust von dem Rücken.
    – »Eine Wildkatz, Herr! Seht nur, am Stamme sitzt sie noch, der Breitschwanz, und faucht Euch mit ihren spitzen Zähnen an!«
    »Ein edel und ein übel Wild!« sprach der Ritter leis und sprang von seinem Hengste. »Nimm ihn am Zügel, Gaspard!«
    Frau Wulfhild griff nach seiner Hand: »Laß doch die Katze! Daheim ist besserer Zeitvertreib!«
    Es trieb ihn dennoch fort. »Reitet nur heim!« rief er; »ich komme früh genug!« Damit entriß er seine Hand der ihren.
     
    Als aber die Dame, rot vor Zorn, den Weg nach Dorning eingeschlagen hatte, sprengte Gaspard mit den beiden Rossen ihr zur Seite: »Ereifert Euch nicht, edle Herrin! Die Wildkatz ist nächtens nicht zu jagen; lasset den Ritter daheim ein edler Wild im Lager finden!«
    – – Sie ritten fort. Rolf

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