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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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vorüberkam, sah er ihn mit verglasten Augen an und strebte taumelnd nach der Tür.
    Gleichzeitig war Gaspard in das Gemach getreten, der auf Einkauf für seine Herrin in der Stadt gewesen war, und Rolf drängte zur Heimfahrt. Auf dem Rückweg ließ er den Schreiber vor sich reiten: er wollte weder seine noch eines andern Menschen Rede hören; ihm war’s, als wenn das Hirn ihm friere und gössen Eisstrahlen sich hinab durch seinen Rücken! Nicht seines Weibes dachte er zunächst; nein, Dagmars; und daß zu ihr ein furchtbarer Rettungsweg sich aufgetan.
    Als er zu Dorning ins Gemach trat, kam Frau Wulfhild mit ausgestreckten Armen ihm entgegen; aber er griff sie an beiden Handgelenken und hielt sie von sich; mit entsetzten Augen sah er auf ihr Anlitz.
    Sie erschrak. »Was ist dir?« rief sie auffahrend; »bist du auch toll geworden?«
    Da ließ er schweigend ihre Hände fahren und schritt in den Hof hinab. Das Weib aber stand plötzlich ohne Regung. »Was war das?« stammelte sie kaum hörbar.
     
    Nach einigen Tagen stand der Schreiber in Frau Wulfhilds Kemenate.
    »Hast du die Puppe?« frug sie hastig.
    Er wiegte seinen kleinen Kopf: »Ich habe sie und habe sie auch nicht.«
    – »Das heißt?«
    »Ich wette, es ist das Fräulein von des Königs Burg.«
    – »Des Schloßhauptmanns Tochter? – Ein Kind!«
    Er spreizte seine Finger: »Erlaubt, das pflegt sich beim ersten Kuß zu wandeln; und überdies – das Neue ist ein Dämon!«
    Sie war vom Sessel aufgesprungen und schritt mit funkelnden Augen auf und ab; ihre Finger griffen in ihr Sacktuch, als sei’s ein lebend Wesen, das sie würgen müsse.
    »Das Spielzeug könnt Ihr nicht nehmen«, sagte Gaspard wieder; »doch wenn das Spielzeug nicht vom Kinde kann, so muß das Kind vom Spielzeug!«
    – »Was heißt das? Rede deutlich!«
    »Sind hier die Wände sicher?«
    »Das weißt du selber«, erwiderte Frau Wulfhild und warf sich in den Sessel. »Nun rede!«
    Und Gaspard setzte sich zu ihren Füßen auf den Schemel, den sie ihm gewiesen hatte. »Ihr habet, edle Herrin«, begann er leise, mit Fingerspiel sein Wort begleitend, »meine Maulwurfsarbeit nicht gesehen, aber ich habe sie getan. So leiht mir nun ein hörend Ohr! – Die unruhigen Herren in Holstein spinnen einmal wieder etwas gegen den König Atterdag« er sah sich um; dann fuhr er fort: »Sie hatten Eueren Schwäher auch zum Rat berufen; Ihr wisset, der gewaltige Herr hat etwas von der Fledermaus: beim Wolfe heut und morgen bei den Falken; und so wollten sie seiner diesmal sicher werden. Aber er bauet die Burg dort auf der Insel und kann nicht fort von dem wilden Bauvolk.« Gaspard senkte seine Nase: »Wollet nicht fragen, wie ich das erfahren habe; aber ich suchte einen klugen Boten und schrieb an Herrn Klaus Lembeck, daß bei Euch ein treuer Mann entbehrlich sei, wenn anders Treue im nächsten Blute liege; ich schrieb auch, es komme Euerem Wunsch entgegen, des Ehegemahls auf eine Weile zu entraten.«
    »Mich will bedünken«, rief das Weib, »du bist noch eigenwilliger als klug! Und Klaus Lembeck« – setzte sie hinzu –, »wie lautet seine Antwort?«
    Der Schreiber nestelte an seinem Rock und reichte ihr zwei Papiere. »Solange«, sprach er, »der alte Ritter nicht des Königs ist, sind die Wünsche der Schauenburgerin ihm Befehl! Hier ist ein Brief für Euch, und nebenbei, wenn Ihr sie wollet, die Berufung für Herrn Rolf Lembeck!«
    Die Frau griff nach den Briefen und las sie. »Du nimmst mir den Gemahl und solltest ihn mir doch wahren!« sprach sie seufzend.
    – »So lasset mich schreiben, daß Ihr ihn nicht missen könnt!«
    Da war sie aufgestanden; den Kopf emporgeworfen, die eine Hand an ihren Lippen, stand sie da, wie in die Weite schauend; dann reichte sie dem Schreiber ihre andere Hand: »Mein weiser Rabe! Ich bin zufrieden, schick mir deinen Boten; ich werde an Klaus Lembeck schreiben, Rolf wird diesem Vater nicht zuwiderhandeln.«
    »Ich wußt es, Herrin; Ihr seid nicht wie die andern.« Er küßte ihr Gewand; dann wurde er entlassen.
    – – Am Abend dieses Tages schritt Rolf Lembeck nach der Gartenmauer zu Haderslevhuus, und Gaspard der Rabe schlich unmerklich hinterdrein; er wollte nähere Bestätigung für einen neuen Anschlag, den er im Kopfe trug.
    Spärlicher Nachtschein zitterte durch die Buchenkronen; nur wenn der Ritter durch eine Lichtung ging, huschten wie blaue Funken die Johanniskäfer um ihn her, und die Nacht war lau und still. Sein Weib hatte nicht versucht, ihn zu

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