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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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wollte an der Gartenwand vorüber, um dort des Ritters Mienen und Gebaren zu erforschen; doch da er umblickte, sah er sich allein; der Ritter war schon nach Osten auf dem Wege durch die freie Landschaft.
    Gaspard wandte sein Pferd und ritt bald wieder neben ihm. »Ei, Herr«, sprach er, »was meidet Ihr den Schatten und reitet den weiteren Weg hier in der Sonnenglut?«
    Der Ritter sah lachend von seinem Hengst auf ihn herab: »Ich wußt nicht, Gaspard, daß du die Sonne fürchtetest!«
    »Ich bin kein Ritter, Herr«, sprach Gaspard und zog sich seine Gugelkappe in die Stirn. »Ist in dem Schlosse droben etwas, das Euer Auge haßt?«
    »Meinst du«, erwiderte Rolf Lembeck fröhlich, »daß man nur meidet, was man haßt?« Doch, als besänne er sich plötzlich, fügte er hinzu: »Wohl seh ich lieber das freie Land hier als auf des Dänenkönigs Burgen; mir ist, er spinne wieder Unheil!« Der Zusatz kam zu spät, denn als er auf den Schreiber blickte, sah er dessen Kopf sich seitwärts drehen und mit der Nase nach der Erde fahren, daß ihm der Kappenzipfel um die Schulter schwenkte. »Holla, Rabe!« rief er. »Wonach trachtest du?«
    »Ihr wisset, Herr«, entgegnete der Braune, »ich sehe bisweilen Dinge, die nicht da sind.«
    »Und was Beute sahst du denn dorten auf dem Sande?«
    »So Ihr es wissen wollet – nur eines Fädleins Ende! Ich dachte töricht, es sei schier mitzunehmen; doch – Ihr habt recht, warum sollen wir die Königsburg betrachten!«
    »Ei, Gaspard!« rief der Ritter, »wozu der Faden! Hier ist kein griechisch Labyrinth!« Doch plötzlich überkam es ihn, als stehe er mit Dagmar vor aller Welt auf offenem Markt, und aus dem Haufen glühten seines Weibes Augen auf das arme Kind.
    Gaspard blinzte mit verkniffenem Lachen auf den jungen Herrn und ließ dann seinen Fuchs nach hinten gehen. So ritten sie, jeder in eigenen Gedanken, in die Stadt.
    – Was mit dem Feuerrohr geworden, vermag ich nicht zu sagen; aber ein anderes. In Holstein, in einer engen Gruft, mußten die Würmer sich durch einen Sarg gefressen und von dem gemunkelt haben, was sie in dem toten Mann gefunden hatten, der, als er oben ging, Hans Pogwisch hieß.
    Am Nachmittage, da Rolf Lembeck mit dem Schreiber das Haus des Schmieds verlassen hatte, saß in der Gaststube des »Schwarzen Stiers« zu Haderslev ein wüster Holstenkerl; er wollte zum König Waldemar, der wieder einmal Kriegsleute sammelte; ein paar Gesellen, die ihm nicht ungleich sahen, hielten ihn trunkfrei, denn er war ebenso maulfertig im Trinken wie im Reden. »Ihr habt das Weibsstück nun nahebei!« rief er, »die macht nicht viel Federlesens, und schmuck ist sie, daß sie den Teufel verführen könnte!« Er stützte den schweren Kopf in seine Hand und streckte die andere breithin auf den Tisch. »Die Königlichen hatten ihr den Mann, der seinem Weib die ganze Ehefröhlichkeit verdorben
    hatte, zu ihrer Freude so verhauen, daß schon der Gottseibeiuns am Bettende saß, um mit der Seele abzufahren. Aber – das wissen wir selber! Unkraut und Disteln vergehen nicht so leicht; und eines Tages wurde seine Nase wieder rot und kreuzfidel!«
    Der Kerl lachte und nahm sein Glas: »Ein Satansweib! Möge der Teufel ihr weiterhelfen!« Und die Gläser der drei Halunken klirrten aneinander.
    An einem andern Tische saß ein Herr, jung und im goldgestickten Rock; er war schon aufgesprungen und hatte die Hand am Schwertgriff, um die Kerle abzufuchteln; denn er wußte, es war sein Weib, das ihre schmutzigen Mäuler schändeten. Aber er setzte sich schweigend wieder: er mußte hören; das war besserer Gewinn.
    Und mit heimlicherer Stimme begann auch schon wieder der Bettelgast am andern Tische; aber er hatte sich zuvor noch erst sein Stück gelacht: »Der wunde Ritter, ich sagt’s euch schon, hub an, seine Fäuste wiederum zu fühlen; da« – und der Kerl stieß mit seinem Becher auf den Tisch –, »da hatte sie auf einmal Ratten zu vergiften! – Ich glaub, es ist auch wohl eine Ratte mit krepiert; aber es glückte wunderbar: am andern Morgen war sie eine frohe Witwe!«
    »Mordbrand!« rief einer von den andern; »gar eine Ritterfrau und hier? Wie heißt sie denn?«
    Aber der Kerl wischte sich den Mund und hob mit trunkener Feierlichkeit die flache Hand: »Das bleibt bei mir! Ich bin von ihrem Hof; ein Hundsfott, der seinen Herrn verrät! Möchte nur der Folgmann des armen Vorwirts nicht geworden sein!«
    Er leerte sein neu gefülltes Glas und stand taumelnd auf; als er an Rolf Lembeck

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