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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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erst, den Hund, und dann die gute Base! Ach, Heilige, aber wenn man erst so alt ist! Sie verständen das doch beide nicht!« Dann legte sie die Hände über die junge Brust, und sanft wie eine Wolke kam der Schlaf.
    – Rolf Lembeck wanderte indessen mit langsamen Schritten heimwärts; er wußte wohl, auf Dorning erwartete ihn auch ein schönes Weib, und sie war sein mit allen ihren Wonnen; aber ihn überfiel es, als fürchte er die starken Weiberarme, und ging den Weg hinab wie in ein Tal des Todes.
     
    Durch alle Gefahren aber fand die Minne ihren Weg. Rolf, der Leichtlebende, wie das schuld- und truglose Kind, sie waren beide plötzlich klug geworden und reich an Plänen und an Listen; denn Minne schärfte ihre Sinne und gab ihnen zum Schild die träumerische Vorsicht. Und alles fügte sich, als ob es helfen sollte: die Base hatte bei dem Nachtgang ihren Fluß im Kopf verschlimmert; den Schloßhauptmann hielt der König noch in Wordingborg. Rolf Lembeck zwar erkaufte sich bei seinem Weibe nur durch erzwungene Zärtlichkeit die flüchtigen Stunden seines echten Minneglückes; und mitunter, wenn er sie umfangen wollte, setzte sie ihre schöne Faust gegen seine Brust und sah ihm prüfend in die Augen, ob seine Seele auch dabei sei; und so geschah es unterweilen, daß sie plötzlich seine Arme von sich warf und schweigend aus der Tür schritt. – Und als zu Haderslevhuus der Schloßhauptmann aus Wordingborg heimkam, da trug ihm wohl die Tochter ein schweres Herz entgegen, und als er ihr die Wangen strich und frug: »Was ist mit meiner Dagmar?«, da schüttelte sie nur den Kopf und sah zu Boden und nicht wie früher in das geliebte und gefurchte Antlitz über ihr; und zu sich selber sprach sie: ›O brennend Leid! Wem soll ich reden, wem soll ich schweigen?‹ Doch es ward nicht laut; sie schwieg nur für den fremden Mann, und ein Weh durchflog sie wie einstmals in der Pestzeit, als sei sie nicht mehr ihres Vaters Kind; doch war es heute nicht ihres Vaters Schuld.
    So schien die Heimlichkeit geborgen; aber ein Durchblick von eines Sandkorns Umfang konnte sie verraten. Schon mehrmals hatte Frau Wulfhild ihren Schreiber angehalten: »Nun, Gaspard, wo bleibt die Puppe?« Und er hatte geantwortet: »Verzeihet, Frauenwünsche sind schneller noch als Mannesarbeit!« Gleichwohl trug er schon etwas in seinen Sinnen; nur wolle er es unreif nicht herausgeben. Er hatte auch einmal vom Wege aus des Schloßhauptmanns Tochter über die Gartenmauer lehnen sehen; und auch zu ihm hatte die Dogge, die mit den Vordertatzen zwischen den Zinnen stand, das gewaltige Gebell hinabgesandt. ›Hm, ein Kind noch!‹ hatte er bei sich gemurmelt; ›ein Kind mit einem Hunde! Und doch auch bald nicht mehr; wer weiß?‹
    Und eines Morgens sprach er zu dem Ritter: »Wisset, Herr, drunten in Haderslev hat ein junger Schmied, der eben aus dem Reich gekommen ist, ein neues Schießwerk heimgebracht: es ist ein eisern Rohr und wird mit einem Pulver draus geschossen! So’s Euch gefällt, wir könnten einmal hinüberreiten!«
    »Heiliger Hubertus!« rief Herr Rolf; »kümmert Gaspard der Rabe sich auch um Schießzeug?«
    Der Schreiber warf von unten seine scharfen Blicke auf den Frager. »Wenn ich nur treffen könnte!« sagte er.
    Da lachte Rolf Lembeck: »So komm! Ich kenne die Feuerröhre schon von Prag; wer weiß, ob nicht dein Treffer drinsitzt!«
    »Vielleicht«, erwiderte Gaspard, und da der andere nach dem Reitstall schritt, sah er ihm nach, als sähe er auf seine Beute.
    In kurzem ritten sie auf Haderslev. Es war zu Ende Juni; Rolf hatte sein Mäntelchen schon auf des Rappen Hals gelegt, denn die Sonne brannte; Gaspard warf die Gugelkappe in den Nacken. So ritten sie in dem goldenen Staub der Heerstraße durch das Kirchdorf Hammelef; die Bauernkinder lagen im Sande vor den Hütten und wiesen mit den Fingern auf den schmucken Reiter. Von da führte der Weg durch den Wald, und die Rosse traten vorsichtig zwischen die Eichen- und Buchenwurzeln. Der Ritter blies den Atem von sich: »Ah, Gaspard, das ging schier ums Gesottenwerden!«
    Der Schreiber nickte nur; er hatte Gedankenarbeit. Der Wald hörte auf, und wieder kam der Sonnenbrand; nach einer Weile ein Hügel mit hohen Bäumen, an dem zur Linken sich eine andere Holzung hinzog; oben aus den Wipfeln sah die Krönung eines stumpfen Turmes. Wie eine Gabel teilte sich der Weg nach rechts und links; und Gaspard, als ob es sich von selbst verstehe, spornte seinen Fuchs zur Linken in den Waldweg, er

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