Werke
lieb; und – komm auch einmal wieder, Magdalena!«
Sie stand wie mit Purpur übergossen und sah schweigend auf den Boden.
Auch er schwieg; da öffnete sie den Mund.
»Wolltest du mir etwas sagen?« frug er.
Aber sie schüttelte den Kopf und sagte nur: »Wenn der Meister wieder seine guten Augen auftut, ihm dürfet Ihr es sagen!«
Dann ging sie. Als er schon unten am Wege die Gartenpforte hatte klirren hören, sah er das blauseidene Tuch auf einem Tönnchen liegen. Er nahm es und wollte ihr schon damit nachlaufen; aber er legte es wieder hin. »Nein«, sagte er, und ein Lächeln flog um den jungen Mund; »sie muß es selber holen!«
Da hörte er den Vogel in seinem Bauer flattern. »Komm, Papchen!« rief er fröhlich, indem er mit dem Bauer der Hoftür zuging. »Is doch schön to Huus! Un nu versök, ob du ’t noch bäter as de Doktor kannst!«
Der Vogel hing schon einen Tag lang in der Giebelstube; Riekchen hatte neugierig genug an dem jungen Mann herumgefragt, aber er hatte sie schelmisch lächelnd versichert, ein Engel habe ihn gebracht. Gepfiffen hatte er noch nicht, und Meister Daniel fiel aus einem Schlafe in den andern.
Fritz hatte ein paar Wege in der Stadt gemacht; zuerst war er bei dem Bürgermeister Lüders gewesen, der damals als ein heftiger Selbstherrscher regierte, aber auch stets allen tüchtigen Einwohnern ein bereiter Helfer und Berater war; dann war er zum Altmeister seines Gewerkes gegangen. Als er voll Hoffnung von seinem Gange zurückkehrte, hörte er schon auf der Gasse den ungewöhnlich hellen Schlag des Dompfaffen, als sei der Vogel erst jetzt zum Bewußtsein gekommen, daß er zu Hause und bei seinen Freunden sei. Fritz überfiel die Sorge, der starke Ton könne doch den Kranken stören, und ging eilig der Treppe zu. Mamsell Riekchen steckte den Kopf aus der Küchentür. »Er schläft!« sagte sie leis und wies nach oben; aber Fritz nickte nur und stieg rasch hinauf, um den Vogel still zu machen.
Aber als er die Tür geöffnet hatte, sah er seinen Vater aufrecht mit aufgestützten Armen in dem Bette sitzen, als ob er eifrig lausche; ein Ausdruck von seligem Behagen lag auf seinem eingefallenen Antlitz. Der Vogel hatte sich nicht stören lassen, sein Schlag schallte laut durch die Kammer.
Fritz trat behutsam an das Fußende des Bettes; da wandte Meister Daniel seinen Kopf, und mit Schrecken sah der Sohn seine Augen starr werden, als ob die Krankheit mit noch größerer Gewalt zurückkehre. Aber die Furcht war umsonst; nur ein Augenblick, dann war’s vorüber; wie zögernd trat ein Lächeln um die blassen Lippen, und die Augen des alten Mannes wurden feucht. »Fritz! Min Fritz!« kam es zitternd von seinem Munde, und er streckte die Arme gegen seinen Sohn und hielt ihn fest an seiner Brust. Und wieder schob er ihn von sich und betrachtete das männlich gewordene Antlitz des jungen Mannes und strich mit zitternder Hand über den Bart auf seiner Lippe; dann sah er wieder auf den unablässig schlagenden Dompfaff. Aber die noch schwache Kraft ermüdete; er schien auf einmal sich nicht finden zu können; sein Vogel sang, sein Sohn lag in seinen Armen. »Fritz, min Fritz«, frug er leise, »wo sünd wi eegentlich?«
Da stürzten dem Sohne die lang verhaltenen Tränen: »To Huus! To Huus, Vatter! Un ick bün bi di, un uns’ ol Vagel singt dato.«
»Min Fritz, min Sön, Mutter är gude Jung!« stammelte der Alte; dann sank er zurück auf seine Kissen, und sein Herrgott sandte ihm den sanften Schlummer der Genesung.
– – Am folgenden Sonntag zeigte einer dem andern eine Anzeige im neuen Wochenblatt, und die Kundigen kamen überein, der Bürgermeister stecke einmal wieder dahinter; die aber lautete:
»Meinen geehrten Kunden zur höflichen Nachricht, daß unter dem Beistande meines glücklich heimgekehrten Sohnes Fritz als ausgelernten und wohlerfahrenen Böttchergesellen Bestellungen jeglicher Art wiederum prompt und sauber bei mir ausgeführt werden.
Daniel Basch, Böttchermeister.«
Da kam Arbeit genug, denn die Teilnahme des ganzen kleinen Gemeinwesens hatte sich den beiden zugewandt, auch schonte der Nachbar Schneider seinen letzten Atem nicht, um den Ruhm des jungen Böttchers zu verkünden; und bald wollte jeder wenigstens ein Eimerchen oder doch ein Schöpffaß von der Hand des amerikanischen Sohnes haben; und da die Arbeit, nach wenig Wochen, auch unter Hülfe des genesenen Meisters, überall nach Wunsch geliefert wurde, so ging aus manchem flüchtigen Besteller ein
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