Werke
fester Kunde hervor.
Nicht lange, so hantierte auch ein kräftiger Lehrling in der Werkstatt und griff nach fröhlich erteilter Anweisung mit flinken Händen zu; das war Hans Jochims, der älteste der beiden »Swemmer«. Am Feierabend kam auch wohl Martin, der alte Geselle, auf Besuch; der wollte auch von Fritzens Abenteuern hören; und als Neujahr vorüber und erst die letzten Schneeglöckchen abgeblüht waren, da ging Fritz mit Hans und Martin abends in den Garten; sie gruben allmählich alles um und um und legten Erbsen und säeten Wurzeln und Mairüben und Petersilie, und Meister Daniel stand dabei und lachte, als zuletzt auch noch der türkische Weizen an die Reihe kam. Und als nun alles fertig und sauber war, wurden Mamsell Riekchen und der Geselle auf Sonntag zum Mittag eingeladen, und im besten Gutbier tranken sie auf reiche Ernten für die Zukunft.
Ich darf noch eines nicht vergessen, was zwischen Vater und Sohn, ein paar Tage nach ihrem ersten Wiederfinden, geschah. Mamsell Therebinte – sie hat es später dem Physikus erzählt – saß strickend in der Giebelstube an dem Fenster, wahrend Fritz an seines Vaters Bette seine kalifornischen Erlebnisse berichtete; der Alte, mit dem es rüstig aufwärtsging, war schon kräftig genug, um sie ohne Nachteil hören zu können; er saß aufrecht und hatte die Arme auf der Decke. Als aber der Sohn erzählte, daß er nach Heilung von jenem Messerstich, wobei sein ausgegraben Gold wie Teufelsspuk verschwunden sei, unweit der Mine bei einem großen Weinbauer als Böttcher einen Platz gefunden, und wie er dann hinzusetzte: »Doch das weißt du ja, mein Vater; ich hab dir derzeit ja den langen Brief geschrieben«; da hatte der Alte die Augen groß geöffnet, und dem Sohne war, als ob er ihn heftig fragend ansehe.
»Ja, Vater«, sagte er rasch, »nun weiß ich’s wohl, es war eine böse Dummheit; aber so wird man in der Fremde: ich meint, ich dürfe nun nicht wieder schreiben – nur verdienen und, wenn’s genug wär, dann mich selber mit nach Haus bringen. Und das ging langsam, Vater, und wurd auch nicht zuviel; aber« – und er verfiel in sein geliebtes Plattdeutsch, »is doch all suur un ehrlich verdeent Geld!«
Der Alte hatte sich gefaßt; er drückte seinem Sohn die Hand. »Du un dat Geld tosamen«, sagte er, »dat is genog.« Aber der Klang der Stimme war so trübe, als berge ein großer und verschwiegener Kummer sich dahinter; und ein Gedanke fuhr wie ein Todesschreck durch das Gehirn des jungen Mannes. »Vatter«, rief er; er zwang sich, daß er es nicht laut herausschrie – »du hest de Breef nich krägen!«
Die Augen von Vater und Sohn standen eine Weile voreinander, als wagten sie nicht, sich anzublicken. Endlich sprach der Alte langsam: »Da du mi fragst, min Sön – ick heff din Breef nich krägen.«
– »Un du hest all de Tid von mi nix hört, as wat de Dögenix, de Amerikaner, hier in de Stadt herumlagen?«
»Nix wider; he hett mi ’t sülm vertellt.«
Ein furchtbarer Schmerz schien den jungen Körper zu erschüttern. »Oh, Vatter! O min Vatter!« stammelte er.
Aber Meister Daniel nahm den Kopf seines Kindes zwischen seine beiden zitternden Hände. »Min Fritz«, sagte er zärtlich, »ick weet ja nu, du harrst mi nich vergäten, dat anner – dat deit nu nich mehr weh!«
Da schlossen eine junge und eine alte Hand sich ineinander, und es bedurfte keiner Worte mehr; der Kopf des Jünglings ruhte mit geschlossenen Augen neben dem des Alten auf dem Kissen, unachtend der kleinen Figur, die dort am Fenster mit erregten Fingern strickte, bis endlich sein Herz in ruhigeren Schlägen klopfte. Dann küßte er seinen Vater und ging hinab zu seiner Arbeit.
Nach Jahr und Tag, da ich eines Nachmittags mit dem Physikus auf der Kegelbahn zusammentraf, kam auch die Rede auf den guten Meister Daniel. »Oh, dem ist wohler, als ihm je gewesen!« sagte der alte Herr und blickte dabei behaglich seiner wie immer geschickt geworfenen Kugel nach. »Was die Leute wunderlich an ihm hießen, hat seine Krankheit schier mit weggenommen; aber, seltsamerweise, dann noch eins dazu!«
»Noch eins?« frug ich; »doch nicht zum Unheil?«
»Nein«, sagte der Physikus; »ich denke wohl, zum Heile: der alte Herrgott muß ihm gut sein, denn von der Geschichte mit dem Brautloch ist ihm jede Erinnerung erloschen.«
»Aber der eine von den Swemmern ist ja Lehrling in seinem Hause!«
»Nur der Sohn weiß, was er dem zu danken hat.«
Ich nickte: »Möge es so
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