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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Maßnahmen keinerlei Einwände erhob, wurde Anne etwas freundlicher.
    »Wie alt bist du?« fragte sie, während sie die Förmchen aus ihren Taschen nahm und sie hinter der Linie neben den Autos aufbaute.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Robert, und dann überlegte er sich, daß es vielleicht besser war, das Alter anzugeben, das Tante Cat für das richtige hielt. »Fünf, glaube ich.«
    »Ach, du bist ja noch ein kleines Baby«, erklärte sie. »Ich werd’ im Juni sechs, und wenn die Schule anfängt, komm ich in die erste Klasse.« Sie stieg aus dem Sandkasten und marschierte großspurig zum Gartentor hinüber, kletterte hinauf und schwang darauf hin und her, so daß das Eisengewicht an der Feder quietschend auf und nieder ging. »Und ich kann schon lesen«, fügte sie hinzu.
    »Wie geht lesen?« erkundigte sich Robert. Das war etwas, was er wirklich wissen wollte. Dann würde er alle Abenteuer in den Gute-Nacht-Geschichten-Büchern lesen können.
    »Es ist ganz schön schwer«, behauptete sie und sprang vom Tor, so daß es krachend zuschlug. »Aber ich zeig’s dir.«
    Mit gezierten kleinen Schritten ging sie zum Wagen ihrer Mutter. Robert folgte ihr in der Erwartung, daß er in den nächsten paar Minuten das Lesen lernen würde. Er spannte seine Muskeln und ballte die Hände zu Fäusten. Auch wenn es schwer war, würde er es schaffen. Anne öffnete die Wagentür und holte aus der Seitentasche an der Tür ein dünnes Buch.
    »Schau, hier«, sagte sie und legte das Buch ins Gras unter dem Fliederbusch. »Siehst du die Geschichte da?«
    Sie schlug das Buch auf der ersten Seite auf, wo das Bild eines schwarzen Hundes und zweier Kinder zu sehen war, eines Jungen und eines Mädchens, die unnatürlich sauber und adrett und entsetzlich vergnügt aussahen. Unter jedem Bild waren ein paar schwarze Zeichen. Anne legte ihren Finger auf die erste Zeile der Zeichen.
    »Da steht der Name von dem Hund. Er heißt Strolch.«
    Robert blickte auf die schwarzen Zeichen und wurde ein wenig zuversichtlicher. So schwierig schien es gar nicht zu sein.
    »Und hier steht«, fuhr Anne fort, während sie ihr Gesicht krauste. »Hier steht, äh, ›Schau wie Strolch läuft‹.«
    Ihr Gesicht entspannte sich in einem Lächeln.
    Robert starrte auf die Zeichen. Er war verdattert.
    »Welche Zeichen sagen das?«
    Anne deutete auf die erste Zeile.
    Robert sah genauer hin, versuchte, sein Gesicht zusammenzuziehen und aus zusammengekniffenen Augen auf das Papier zu blicken. Aber in seinem Kopf geschah gar nichts.
    »Lies mir doch bitte noch was vor.«
    »Gut. Hier, auf dieser Seite, steht« – Wieder verzog sich ihr Gesicht zu einer komischen Grimasse – » ›Lauf, Strolch, lauf.‹ «
    »Das ist aber komisch«, stellte Robert fest. »Ist denn jemand hinter dem Hund her?«
    Anne machte ein verständnisloses Gesicht.
    »Kein Mensch ist hinter dem Hund her. Was soll das überhaupt heißen? Der Junge da sagt seinem Hund, daß er laufen soll.«
    »Aber man braucht doch einem Hund nicht zu sagen, daß er laufen soll, wenn’s gar nicht nötig ist«, wandte Robert ein, während er versuchte, diese merkwürdige, sinnlose Geschichte zu begreifen.
    Anne beschloß, seine Kommentare zu ignorieren.
    »Hier steht, ›Schau, schau, Jane‹.«
    Robert blickte Anne voller Hochachtung an.
    »Wer ist Jane?«
    »Das Mädchen. Du meine Güte, ich wette, du kommst nie in die Schule.«
    »Doch, ganz bestimmt«, versetzte Robert.
    Er blickte auf die Zeichen und dann auf die Bilder. Er hätte aus den Bildern eine Geschichte machen können, aber er hätte nicht die richtigen Namen gewußt. Es wäre also kein Lesen gewesen. Er stand aus dem Gras auf und ging um den Wagen herum. Das Lesen war doch wirklich schwer und gar nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte.
    »Was steht da vorn auf eurem Auto, Anne?« fragte Robert und deutete auf ein paar Buchstaben auf einem Metallschildchen, das zwischen den Scheinwerfern angebracht war. Anne lief um den Wagen herum.
    »Das ist – äh – warte mal. Das ist ein B, und das da ist ein U.« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Ach, da steht nur Buick, unser Auto ist nämlich ein Buick.«
    Robert war Feuer und Flamme. Er wollte unbedingt lesen lernen, und auch ich hörte aufmerksam zu, fasziniert von den Zeichen, die im Gehirn zu Lauten wurden.
    Nachdem sie zum Mittagessen ein Schinkenbrot und einen Teller Hühnersuppe gegessen hatten, gingen Anne und Tante Cat hinaus, um in den Erdbeeren das Unkraut zu jäten. Robert blieb am Tisch sitzen

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