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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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ungewöhnlich war, als gäbe es noch eine andere Kirche, die vorzuziehen gewesen wäre.
    »Geht man nur einmal in die Kirche, um sich von Gott erzählen zu lassen?«
    »Nein. Die Leute gehen immer wieder hin, weil sie sich gern von Gott erzählen lassen und weil es ihnen gut tut.«
    Gott interessierte Robert im Grunde nicht sonderlich, sondern vielmehr die Tatsache, daß er mit Vaire zusammen sein würde. Darauf freute er sich, als er sauber und warm unter seiner Decke einschlief.

    Da war ein Geräusch gewesen. Ich verwandle mich, um es hören zu können. Umrissen von den Geräuschen der Nacht und mit dem Gefühl von Räumen und Begrenzungen, das sich mir immer vermittelt, wenn ich mich im Inneren eines Gebäudes befinde, nimmt das Haus Gestalt an. Die Geräusche sind merkwürdig, sie kommen aus dem Zimmer, wo der Bauer und seine Frau schlafen. Ich schlüpfe aus dem Bett und schleiche den Flur hinunter zu ihrer Tür. Sie ist geschlossen, abgesperrt, gibt meinen vorsichtigen, behutsamen Pfoten nicht nach. Geräusche, wie wenn weicher Stoff über weiche Haut gezogen wird, freudige Laute von zwei Menschen, Stöhnen und leise Lächellaute, die nicht Gelächter sind, sondern die wonnevollen tierhaften Laute der Lust, die zwei Geschöpfe von sich geben, die glücklich miteinander sind. Und wieder feine streichelnde Geräusche, leicht wie eine Hand auf dem Haar, auf der Brust, auf der Haut des Rückens.
    Ich versuche, durch die Spalten rund um die Tür zu spähen, durch das Loch, in dem der eiserne Schlüssel steckt. Mein Raumsinn kann die Tür nicht durchdringen. Das Bett knarrt jetzt mit rhythmischer Bewegung. Ich hocke mich nieder und neige den Kopf, während ich zu erspüren suche, was die beiden Menschen tun. Sie sind nackt im dunklen Zimmer, streicheln einander, drücken ihre Körper aneinander, während sie leise Worte murmeln, die wie leises Seufzen klingen. Sie wälzen sich? Springen? Auf dem Bett, so daß es unaufhörlich knarrt. Sie atmen, als liefen sie, so schnell sie können. Ihre Atemzüge vermischen sich, lösen sich voneinander, vermischen sich wieder, während sie immer schneller keuchen. Worte: »Oh, Martin!« »Cat, ich liebe dich, ich liebe dich.« Sie sagen die Worte immer wieder, wie eine Zauberformel. Dann hören sie auf.
    Ich warte. Ihre Atemzüge werden langsamer, aber sie rühren sich nicht. Ich spüre den ganzen Rücken hinunter ein Prickeln der Gereiztheit. Robert möchte hier sein. Ich fühle mich leer und betrogen, wie ich da im dunklen Flur eines Hauses hocke und zwei Menschen lausche, die sich irgendwie gegenseitig glücklich machen. Robert möchte heraus, aber ich bin gereizt und ungeduldig, als wäre ich an einen Pfosten gekettet, während ein fremder Hund meine Beute verschlingt. So lautlos wie Rauch schleiche ich mich durch den dunklen Flur zur Treppe, steige sachte hinunter. Ich bin verwirrt.
    Die nackte Porzellanstatue steht in der Mitte des Eichentischs. Der Mond überflutet sie mit einem milden Licht, so daß sie weich und lebendig scheint. Aber ich weiß von Robert, der sie insgeheim berührt hat, daß sie kalt und hart ist. Die Frau des Bauern hat die Blumen aus der Schale genommen, in der die Statue stand, und die Figur hier auf den Tisch gestellt, als wollte sie, daß ich sie sehe, wenn ich mich des Nachts hinausschleiche.
    Robert nennt sie die Wäschefrau. Er fragte Martin eines Tages, warum denn die Frau da auf einem Bein stünde und das Tuch in einem großen Bogen gespannt hielte, von ihrem erhobenen Fuß. bis über ihren Kopf. Martin sagte, sie wäre gerade dabei, ihre Wäsche zu waschen, und Tante Cat lachte. Die Statuette ist dick glasiert, ihre Brüste sind nur kleine Hügel unter der glänzenden Schicht, doch Anmut liegt im Schwung ihrer Hüften, und die schlanken Beine sind grazil wie die einer Gazelle.
    Ich beuge mich über den Tisch, um die Figur zu beschnüffeln. Robert möchte sie berühren, möchte an die beiden Menschen oben im dunklen Schlafzimmer denken und die Laute ihres Glücks. Die Figur riecht stark nach kalter Kompaktheit wie der Türknauf, aber ihr fehlt der Hauch schweißnasser Hände, der dem Türknauf immer anhaftet. Um den Sockel der Statuette schwebt noch der Duft welkender Blumen, ein Duft von süßem Verfall. Ich berühre die Figur ganz sachte mit der Seite meiner Schnauze und liebkose ihre Kühle. Mehr ist da nicht. Doch Robert interessiert sich für die Statuette, weil es eine Frauengestalt ist. Sie hat einen eigenen Zauber für den kleinen

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