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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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bestimme ich.«
    Er ließ seine freie Hand an Vaires Schulter hinuntergleiten, bis sie auf ihrer linken Brust ruhte. Wieder flüsterte er ihr etwas ins Ohr, und diesmal schaffte sie es nicht, die Bemerkung zu ignorieren. Tiefe Röte kroch ihren Hals hinauf und überzog ihr Gesicht. Robert konnte Rustys begieriges Schmatzen hören.
    Die Geräusche im Keller waren verstummt, und der Regen prasselte unaufhörlich auf das Dach. Es klang wie der Schlagwirbel vieler gewaltiger Trommeln, die in unterschiedlichen Rhythmen gerührt wurden, so daß kein durchgehender Rhythmus entstand, sondern nur ein dumpfes, aufdringliches Geräusch, das die Ohren betäubte und einen ganz benommen machte.
    »Paß du mal ein paar Minuten auf die beiden hier auf, Gus«, sagte Rusty, während er Vaire beim Handgelenk packte. Mit einem plötzlichen Ruck drehte er ihr den Arm nach hinten und drückte ihn hoch, so daß sie ihren Oberkörper über den Tisch nach vorn krümmte, und dann riß er sie vom Stuhl. Sie stieß einen unterdrückten Schrei aus, nahm aber sonst mit keiner Geste von Rustys Existenz Notiz.
    »Die schöne Bauernmaid und ich gehen jetzt mal nach oben und schauen nach, ob wir was finden können.«
    Vaire blickte zu ihrer Mutter hinüber, deren Hände jetzt krampfhaft die Tischkante umklammerten.
    »Bleib ganz ruhig, Ma«, sagte sie, den Oberkörper seitlich verrenkt, als wäre sie verkrüppelt. »Mir passiert schon nichts.« Unnatürlich laut klang ihre Stimme über das Trommeln des Regens.
    Als sie Roberts Hand loslassen mußte, wußte ich, daß er nicht mehr lange an sich halten konnte. Das Blut in seinem Körper schien aufzuquellen und alle Adern sprengen zu wollen, brannte in seinem Gesicht und in seinen Händen. Sein Verstand setzte aus, als Rusty sich an seinem Stuhl vorbeidrängte und Vaire vor sich her zur Treppe stieß. Die Hände des kleinen Jungen schossen vor, um den Mann in Hüfthöhe zu packen. Krachend stürzte der Stuhl um, als er sich an das Bein des Mannes klammerte und zubiß, so fest er konnte.
    So hatte Robert es vor; doch als das Adrenalin in einem Schwall seinen Körper überschwemmte, konnte er seine Gestalt nicht beibehalten, und als er zubiß, kam plötzlich die Verwandlung.
    Meine Zähne graben sich in Rustys Hüfte. Sie treffen knirschend auf seinen Beckenknochen, während meine Krallen sich in seine Lenden und in sein Gesäß schlagen, um ihn stillzuhalten. Seine Schreie sind sehr schrill, und er sticht mit seinem Messer nach mir. Ich schlage es ihm aus der Hand und versuche, mich von ihm zu lösen, aber seine Fäuste krampfen sich fest in mein Fell. Über das Dröhnen des Regens hinweg höre ich Geräusche an der Hintertür, und rasch beiße ich den schreienden Mann noch einmal, um ihn dann mit einem Prankenschlag wegzuschleudern. Im selben Moment stürzt krachend der Tisch um, landet auf meinen Füßen. Die Bauersfrau hat ihn umgekippt, entweder im Schreck oder in dem Bemühen, zu helfen. Eine Frau schreit. Mir macht in erster Linie die Flinte Sorge. Ich stoße und trete den Tisch weg und speie das Fleisch des Mannes aus, während ich mich gleichzeitig ducke, um den Schrotkugeln zu entgehen.
    Das Krachen der feuernden Flinte klingt anders als das Grollen des Donners; es klingt ohrenzerreißend in dem kleinen Raum. Der Schuß gilt nicht mir. Martin hatte offenbar beobachtet, was in der Küche vorging, und zur gleichen Zeit, als Robert Rusty packte, selbst eingreifen wollen. Gus steht mit dem Gesicht zur hinteren Tür, die Flinte in Hüfthöhe. Unter der Tür wälzen sich drei Männer in einem wütenden Haufen. Die Augen von Gus funkeln wie kleine Lichtpunkte unter dem zottigen Haar, und sein Gesicht ist so fahlweiß wie das Eis auf einem gefrorenen Weiher. Die alte Bauersfrau, sehe ich, kriecht um den Tisch herum zur jungen Frau, die auf dem Boden liegt, teilweise unter dem sich blutend wälzenden Rusty eingeklemmt, dessen Schmerzensschreie nicht aufhören.
    Die Flinte schwenkt herum, als ich unter den Leibern, dem Stuhl, der Tischkante hervorkrieche. Das Linoleum in der Küche ist rutschig, ganz anders als Holz, und meine Pfoten finden keinen rechten Halt. Die Flinte schwenkt weiter, und nun sehe ich die schwarzen Zwillingslöcher des Laufs, die in der düsteren Küche wie Augen nach mir suchen. Ich kann beinahe direkt in diese todbringenden Augenhöhlen hineinblicken, doch ich mache einen langen Sprung und schwinge dabei meinen Vorderlauf so weit nach vorn, daß ich mit der Pfote den Doppellauf

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