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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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ernst die Situation tatsächlich ist, und Robert wollte sich von seiner neuen Familie nicht trennen, was er sicherlich hätte tun müssen, wenn ich so unmittelbar gesehen worden wäre.
    Rusty marschierte zwischen dem Eßzimmertisch und der Fliegengittertür zur hinteren Veranda hin und her. Durch das Fliegengitter spähte er hinaus in den Garten, während er das Fleischermesser lässig von einer Hand in die andere warf, so als wäre es schon seit langem sein eigen. Er kam wieder zurück, leichten Fußes, ein dünnes Lächeln auf dem Gesicht. Er hatte ein rotes Tuch um den Hals und trug ein altes ärmelloses Unterhemd unter dem schwarzen Jackett, das er wohl aus irgendeiner Müllhalde aufgelesen hatte; die Taschen waren abgerissen, und aus den klaffenden Nähten an den Schultern quoll die Wattierung heraus. Auf der Bühne hätte er einen lustigen Landstreicher abgegeben, der zum Lachen reizte. Hier jedoch marschierte er umher wie der Herr der Situation, und das Messer schien sein Freund zu sein.
    »Gott verdamm mich, Tommy, steh endlich still oder geh pinkeln«, sagte er, während er sich auf einem Stuhl am Tisch niederließ, so daß er zwischen Tante Cat und Robert saß.
    »Und was ist, wenn sie ihn nicht erwischen?« fragte Tommy, während er mit den Füßen scharrte, als hafte irgend etwas Unerwünschtes an den Sohlen seiner Schuhe. »Was passiert, wenn er abhaut und den Sheriff holt?«
    »Sie haben doch seine Flinte«, entgegnete Rusty. »Der Bauer haut bestimmt nicht ab, wo seine Alte hier in der Falle sitzt, darauf kannst du dich verlassen.«
    Er legte sein Messer vor Tante Cat auf den Tisch und verschränkte die Hände hinter dem Kopf, eine stumme Herausforderung an sie, das Messer zu packen. Sie rührte sich nicht und sprach kein Wort.
    Robert blickte auf die beiden Männer und überlegte krampfhaft, was sie wohl wollten, ob vielleicht doch alles wieder in Ordnung käme.
    Jetzt, da meine Aufmerksamkeit durch die Ausdünstung der Angst erregt war, die den Raum erfüllte, rückte ich den Ereignissen langsam näher. Mir fallen einzelne Dinge auf; das Licht, das durch die Fenster kommt, verdunkelt sich, die Sonne geht weg. Früher am Morgen hatte es leicht geregnet. Jetzt sieht es aus, als zöge ein Gewitter heran. In den vergangenen zwei Wochen hat es fast jeden Tag Gewitter gegeben, mit prächtigen leuchtenden Blitzen und krachendem Donner, der in langem Widerhall über die Felder rollte.
    »Ich seh sie. Ich seh sie«, rief Tommy, der durch die Spitzenvorhänge zum Küchenfenster hinausspähte. »Der alte Hackett führt ihn direkt hierher. Der hat ihm bestimmt eine erstklassige Geschichte erzählt.«
    Rusty nahm das Messer, rührte sich aber nicht von der Stelle. »Klar, Mensch. Ich hab’ dir gleich gesagt, daß sie ihn schon hier reinlotsen.« Er fing an, mit der Messerspitze tiefe Löcher in die Tischplatte zu schlagen.
    »Müssen Sie unseren Tisch kaputtmachen?« fragte Tante Cat plötzlich.
    »Ach, Sie können reden, was, Alte?« sagte Rusty und senkte die Messerspitze wieder ins Holz. »Ja, gute Frau, das muß ich tun. Das beruhigt meine Nerven.«
    »Jetzt drückt ihm Gus das Gewehr ins Kreuz«, zischte Tommy aufgeregt vom Fenster her. »Sie haben ihn! Da kommen sie, und er macht überhaupt keine Schwierigkeiten.«
    Robert saß ganz still. Er wollte offensichtlich auf keinen Fall, daß ich vorzeitig mitten in diese Situation hineinplatzte. Da war Martin von seiner eigenen Flinte bedroht, und da war Tante Cat im Auge eines Fleischermessers.
    Ich meinerseits bin es zufrieden, zu warten. Als drei weitere Personen sich in Eßzimmer und Küche befinden, wirkt das ganze Haus kleiner. Gus ist wesentlich größer als Martin. Sein riesiger, fettiger Kopf stößt beinahe am Türrahmen an. Der alte Bauer scheint in der Gegenwart dieser zerlumpten, dreckstarrenden Männer geschrumpft zu sein. Der Alte, der immer hustet, der, den sie Hackett nennen, scheint nur ans Geld zu denken, während Gus und Tommy Angst haben bei dem, was sie tun, und am liebsten so schnell wie möglich wieder verschwinden würden. Nur Rusty ist kühl und ruhig, und deshalb beobachte ich ihn am aufmerksamsten.
    »Ihr wollt also wirklich zu Verbrechern werden«, sagte Martin. »Ich hab’ euch ab und zu im Ort gesehen, aber ich hab’ gedacht, ihr seid einfach anständige Leute, die Pech gehabt haben.«
    »Wir sind keine Verbrecher«, begann Tommy.
    »Holen Sie jetzt lieber das Geld, Sie reicher Fettsack. Das ist das einzige, was uns

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