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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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interessiert«, sagte Hackett.
    »Wir wollen niemandem was tun«, erklärte Gus, der die Flinte in der Armbeuge hielt wie ein Entenjäger. »Wir brauchen das Geld, und ihr könnt’s entbehren.« Ohne jeglichen Grund zuckte er immer wieder mit dem Kopf, als säße ihm eine Fliege am Hals.
    »Ihr meint, wir hätten Geld«, versetzte Martin lächelnd. »Wir sind hier keine reichen Leute. Wir müssen uns alles mit unserer Hände Arbeit verdienen, genau wie ihr. Ich meine, wenn ihr Arbeit kriegt. Ich weiß, es ist nicht einfach, aber –«
    »Mensch, halt endlich die Schnauze«, schrie der alte Hackett mit überschnappender Stimme, die sich in einem Hustenanfall verlor.
    »Mit anderen Worten«, sagte Rusty, während er wieder die Messerspitze in den Tisch schlug, »wir würden es Ihnen raten, Geld zu haben.«
    Er hielt das Messer plötzlich hoch, so daß seine Spitze auf eine der blauen Adern von Tante Cats Hals gerichtet war. Sie zuckte zusammen und sah Martin an.
    »Jetzt werden Sie doch nicht böse«, sagte Martin und hielt seine Hand hoch. »Sie haben keinen Grund, böse zu werden. Wir geben Ihnen alles, was Sie wollen, alles, was wir haben. Ich hab’ kein Geld bei mir. Aber oben auf der Kommode in unserem Schlafzimmer liegt das Geld, mit dem ich ein paar Schweine kaufen wollte.«
    »Lauf rauf und schau nach, Tommy«, befahl Rusty und zog das Messer von Tante Cats Hals weg, um es wieder in den Tisch zu schlagen.
    Während sie alle warteten, schien da plötzlich eine völlig andere Gruppe von Menschen zu sitzen. Es war, als wären sie lauter Fremde, die darauf warteten, daß die Verkehrsampel umschaltete oder daß das Kino seine Türen öffnete. In der Küche wurde es dunkler.
    Tommys eilende Schritte kamen wieder die Treppe herunter.
    »Es ist da«, rief er. »Schaut euch das an, schaut euch das doch mal an, vierzig, fünfzig, sechzig Dollar!« Mit scharrenden Füßen tanzte er vor Rusty herum. »Ho ho, können wir da einen draufmachen!«
    »Sehr schön, Alter«, stellte Rusty fest. »Und wo ist der Rest?«
    »Hast du noch was vom Haushaltsgeld übrig, Cat?« fragte Martin, und seine Augen sahen sehr müde aus.
    »Da im Schrank, hinter dem kranken alten Mann«, versetzte Tante Cat, ohne die Hände vom Tisch zu nehmen.
    Der alte Hackett warf ihr einen bitterbösen Blick zu und drehte sich um, die Schranktür aufzuziehen. In einem blauen Krug mit Deckel fand er vierzehn Dollar und einige Münzen.
    »Da draußen kommt ein Auto«, rief Gus plötzlich mit dünner, völlig veränderter Stimme. Er zückte die Flinte.
    »Los, hauen wir ab«, sagte Tommy. »Wir haben genug.«
    »He, kennen Sie das Auto da, Alter?« Rusty deutete zum Fenster hinaus und winkte Martin, ebenfalls hinauszuschauen.
    Als Martin sich vornüber neigte, um aus dem Küchenfenster zu sehen, erhellte ein greller Blitzstrahl den Raum, und das ohrenbetäubende Krachen nahen Donners ließ alle, die im Zimmer versammelt waren, gleichzeitig zusammenfahren. Ich, der ich jetzt das Geschehen mit schweigender Aufmerksamkeit verfolge, sehe, wie jeder auf seine eigene Weise erschrickt. Martin zieht den Kopf zwischen die Schultern, Gus reißt die Flinte hoch und kneift die Augen zu, Tommy wirft sich zur Seite, als erwarte er einen Schlag, Tante Cat zuckt ein kleines Stück von ihrem Stuhl in die Höhe, der kranke alte Hackett zieht sich zusammen, als sei ihm kalt. Nur Rusty rührt sich nicht. Wie eine aus Stein gehauene Figur in einer Unterwasserwelt ist er der einzige, der nicht von der Strömung gepackt wird, und die anderen spüren hinter seiner absoluten Reglosigkeit eine unnatürliche Selbstbeherrschung.
    Martin schob die Vorhänge zurück.
    »Das ist unsere Tochter Vaire, höchstwahrscheinlich mit ihrem kleinen Mädchen.« Seine Stimme war leise und bedrückt.
    Vaire sprang aus dem Auto, als die ersten dicken Regentropfen in den Staub des Hofes platschten und die Hagelkörner auf das Dach der Veranda schlugen. Anne war nicht bei ihr. Sie trug einen fließend grünen Rock und eine weiße, mit Rüschen besetzte Bluse und sah strahlend aus wie der Sommer selbst mit ihrem goldblonden Haar, das sich im aufkommenden Wind bauschte. Sie rannte auf die hintere Veranda, sah den großen zottelhaarigen Mann mit der Flinte und blieb stehen. Ihr Gesicht war zu einem Lächeln gefroren.
    »Los, kommen Sie rein«, sagte Gus beinahe flüsternd, während er ihr mit der Flinte den Weg wies.
    Wieder donnerte es, weiter entfernt jetzt, und der Regen begann dichter zu

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