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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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wegschlagen kann.
    Krachend löst sich der Schuß und geht in die Decke. Es regnet einen Hagel von Mörtel und Holz. Gus torkelt, als ich, meinen Sprung abgeschlossen, aus geduckter Haltung emporschnelle und ihm an die Kehle springe. Ich verfehle seinen Hals und schlage meine Zähne in seine Schulter, spüre, wie das Schlüsselbein bricht und ein warmer Blutstrom sich aus der Wunde ergießt, während ich, die Hinterpfoten ins Linoleum gestemmt, nicht locker lasse und ihm die Flinte entwinde, als er zu schreien beginnt. Ich lasse los und reiße mit einer Drehbewegung den Kolben vom Lauf, um ihn mit aller Wucht gegen das Fenster zu schleudern. Die Scheibe zersplittert und der Kolben der Flinte saust hinaus in den grauen, prasselnden Regen. Gus bricht jetzt zusammen, liegt auf allen vieren in der Düsternis, während das heiße Blut in Stößen aus seinem Hals springt. Mit einem langen Sprung bin ich bei der Hintertür, wo, schwankend, die Arme fest auf die Brust gedrückt, Tommy vor mir steht. Ich schlage zu und schleudere ihn wie ein Reisigbündel in die Ecke der Veranda, wo er still und stumm liegen bleibt.
    Unter der Tür nach draußen, wo der Wind den Regen in klatschenden Schwaden hineinpeitscht, liegt der alte Bauer. Eine Unzahl tiefroter Löcher klafft in seiner Brust, und das Blut aus seinen Wunden vermischt sich mit dem Regen, der über ihn hinwegströmt. Der alte kranke Hackett hockt an die Wand der Veranda gelehnt, die Augen weit aufgerissen, die Arme schlaff herabhängend. Er scheint mich anzusehen und nicht zu glauben, was er sieht.
    Ich drehe mich um, einen letzten Blick in das verdunkelte Haus zu werfen, während der Regen meinen Rücken hinunterläuft. Gus liegt in seinem Blut auf dem Linoleum. Sein Körper zuckt in unbestimmten Bewegungen, während immer neues Blut aus seinem Hals schießt. Er wird sterben, denke ich. Weiter hinten, im Eßzimmer, sehe ich die beiden Frauen. Sie stehen neben Rusty, der sich in wilden Zuckungen auf dem Boden wälzt wie ein Kaninchen, das einen Schuß ins Rückgrat bekommen hat. Die ältere Frau hält ein langes Messer in der Hand, der grüne Rock und die weiße Bluse der jüngeren blonden Frau sind blutverschmiert. Aus verängstigten Augen blicken die beiden Frauen direkt auf mich. Ich beuge mich noch einmal über den alten Bauern. Die wasserhellen blauen Augen im Kranz ihrer zahllosen Fältchen sehen mich an. Es ist keine Furcht in ihnen, aber ich sehe, daß sie starr werden. Er liegt im Sterben. Das vom Regen durchnäßte Haar klebt ihm in Strähnen am Kopf. Die Mundharmonika steckt in seiner Hemdtasche. Aus irgendeinem Grund, der mir selbst verborgen ist, packe ich sie mit den Zähnen und laufe hinaus in das graue Rauschen des Regens.

4

    (The Grand Rapids Examiner, Dienstag, 2. Juli 1935)

    Zwei Todesopfer bei versuchtem Raubüberfall. Ortsansässiger Bauer erschossen, heimatloses Kind vermißt.

    Mr. und Mrs. Martin Nordmeyer, ihre Tochter und ein Pflegekind wurden am Montag auf ihrem Hof südlich von Grand Rapids Opfer eines versuchten Raubüberfalls. Dabei fanden Martin Nordmeyer, 61, und sein mutmaßlicher Angreifer, Aldo (Gus) Hamner, ein Landstreicher, den Tod. Robert Lee Burney, der Pflegesohn der Nordmeyers, wird vermißt, und man vermutet, daß er aus Entsetzen über die Gewalttätigkeit davongelaufen ist. Er ist, wie uns beschrieben wurde, fünf Jahre alt, schlank, mit braunem Haar und braunen Augen und trägt nur ein weißes Nachthemd.
    Die drei überlebenden Tatverdächtigen befinden sich unter polizeilicher Bewachung im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, wo die Verletzungen behandelt werden, die sie davontrugen, als sie von einem »wilden Hund oder Bären« angegriffen wurden, der der Familie Nordmeyer auf geheimnisvolle Weise zu Hilfe kam. Hamner starb noch am Tatort infolge des hohen Blutverlustes; seine Halsschlagader war durch einen Biß von dem Tier zerfetzt, das Mrs. Nordmeyer als eine »Kreuzung zwischen einem Bären und einem Gorilla« beschrieb.
    Sheriff Leonard Kendali berichtete, die Küche der Familie hätte »wie ein Schlachtfeld« ausgesehen, als er am späten Vormittag auf einen Anruf von Mrs. Victoria Woodson, der Tochter der Nordmeyers, auf dem Anwesen eintraf.
    »Alles war voller Blut, sogar bis an die Decke war es gespritzt. Mr. Nordmeyer war bereits tot, als ich kam, mit einer Schrotflinte erschossen. Einer der Verdächtigen lag durch hohen Blutverlust im Sterben, zwei andere waren schwer verletzt. Sie sahen aus, als wären sie

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