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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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keinen Sinn, Bill«, sagte sie seufzend. »Und jetzt muß ich mich beeilen und das Mittagessen machen, ehe euer schieläugiger kleiner Führer hier hereinmarschiert.«
    »Ich fahre auch zurück und hol dir alles, was du haben willst, aus dem Haus«, beteuerte er und ging ihr aus dem Weg, damit sie den Tisch decken konnte.
    Sie blieb stehen und sah ihn an.
    »Und was ist mit Barry?«
    Er senkte den Blick und schwieg.
    »Am Freitag, als du wie ein Wilder in unser Haus gestürzt kamst und Mina und mich bedroht hast, hast du gesagt, du würdest ihn umbringen. Hast du denn immer noch nicht begriffen, daß das der einzige Grund ist, weshalb ich so schnell mit dir weggefahren bin? Ich wollte dich aus dem Haus haben. Barry sollte nicht ahnungslos nach Hause kommen und dann vor seiner eigenen Haustür erschossen werden. Ich wußte nicht, wann er heimkommen würde. Du hast mir Angst gemacht mit deinem Gewehr und deinen wahnsinnigen Drohungen. Ich hatte Angst um Barry. Nur deshalb bin ich mit dir weggefahren, anstatt aus vollem Halse um Hilfe zu schreien und die ganze Nachbarschaft mobilzumachen, anstatt dich mit einem Küchenmesser niederzustechen, du – du Wahnsinniger.«
    Sie sah, daß sie zu weit gegangen war, und wich zurück, darauf gefaßt, daß er sie ins Gesicht schlagen würde. Als er sich mit einer brüsken Bewegung zur Tür drehte, zuckte sie so heftig zusammen, daß er sich neugierig nach ihr umsah.
    »Ich hab’ von Anfang an keine Chance mehr bei dir gehabt, wie?« sagte er an der Tür der Hütte stehenbleibend. »Du hast das alles nur für dieses kleine Judenschwein getan, wie? Du hast das alles nur getan, damit dem lieben kleinen Barry nichts passiert.« Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut und Haß. »Na, wir werden ja sehen, was dem lieben Barry noch blüht«, zischte er und wandte sich zur Tür. Er nahm sein Gewehr und schlug krachend die Tür hinter sich zu.
    Nach dem Mittagessen brachte die kleine Truppe von Wahnsinnigen, wie Renee sie im stillen nannte, wiederum eine Weile damit zu, andächtig Ludwigs Reden zu lauschen, dann legten sie alle Geld auf den Tisch und unterschrieben irgendwelche Papiere, wobei jeder einzeln zum Tisch kam, seine Hand hob und auf die Hakenkreuzfahne schwor, daß er die Arbeit der Nationalsozialistischen Partei und des Amerika-Deutschen-Volksbundes stets unterstützen und fördern würde. Renee fand das ganze so widerlich, daß sie aufhörte zuzuhören. Danach wurde in geschlossener Marschordnung exerziert, wobei die Befehle zuerst in Englisch gegeben wurden und dann zum Erlernen der ›Muttersprache‹ in Deutsch. Aber ganz gleich, in welcher Sprache man diesen Männern ihre Befehle gab, dachte Renee, die mit verschränkten Armen auf der Veranda stand und zusah, sie waren ein armseliger Haufen. Sie hätte beinahe laut gelacht, als auf einen Befehl in Deutsch die Hälfte der Männer kehrtmachte, während die übrigen ein Flankierungsmanöver begannen, und die ganze Bande in wirres Durcheinander geriet. Einige ließen ihre Gewehre fallen, als sie mit anderen zusammenprallten, andere gar setzten sich beim Zusammenstoß kräftig aufs Hinterteil. Sie nahmen das von der komischen Seite, lachten darüber, während sie sich gegenseitig pufften, doch Ludwigs Gesicht war eine Maske mühsam beherrschter Wut. Es war unverkennbar, daß der kleine Anwerber sich hier im Südwesten eine viel größere Anhängerschaft erwartet und auf wesentlich höhere Qualität gehofft hatte, sowohl in bezug auf germanische Rassenmerkmale als auch in bezug auf Intelligenz. Renee hatte gehört, wie er Lowden und Bill wütend zugeflüstert hatte, er wäre genasführt worden, es wäre eine Schweinerei, daß er seine Zeit und das Geld der Partei auf ein Dutzend Rekruten verschwenden müßte, die sich spätestens nach der ersten Versammlung als Nieten entpuppen würden. Sie hatte den Verdacht, daß Bill Ludwig eingeseift hatte. Er konnte sehr beredsam sein, wenn er nicht gerade betrunken war und wenn man nicht wußte, daß er sich ständig in einer selbsterschaffenen Phantasiewelt bewegte.
    Sie setzte sich auf der rauhen Holztreppe nieder und starrte auf den Rücken des Wachtpostens, der eine Zigarette rauchte, während er dem lächerlichen Soldatenspiel der Truppe zusah. Es wäre vielleicht möglich, ging es ihr durch den Kopf, den Wachtposten mit einer schweren Pfanne niederzuschlagen. Doch ihr Magen krampfte sich allein bei dem Gedanken zusammen, und sie wußte, daß sie wahrscheinlich so stark zittern würde,

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