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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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schläft augenblicklich wieder ein.
    In diesem Moment gerät die Luft rund um mich herum in feine Kräuselbewegung, und im zuckenden Schein der Blitze sehe ich, wie sich die Bäume am Horizont zu wiegen und zu schütteln beginnen, als würden sie von unsichtbaren Riesen gerüttelt. Ich höre das Seufzen der Luft beinahe im selben Moment, als der Wind durch den Hof fegt und Blätter und Äste packt, um sie mit sich aufwärts zu reißen. Dann wird er still, als wollte er Atem holen, und schlägt mit verdoppelter Wucht zu, wirbelt im Hof eine Staubfahne auf und schleudert sie über das Dach des großen Stalls. Jetzt ist der Wind umgesprungen und stürmt dem Gewitter entgegen, als wollte er uns in die finstere Schlacht unter der gewaltigen Wolke hineinziehen, deren flammenspeiendes, krachendes Artilleriefeuer so nahe gerückt ist, daß es möglich ist, die Blitzschläge mit den darauffolgenden Donnern im einzelnen zu unterscheiden. Aus weiter Ferne höre ich ein tosendes Rauschen, ähnlich dem eines Wasserfalls, ein zischendes Brodeln wie das der Brandung, die sich klatschend am Strand bricht, vielstimmig, wie ein Chor brüllender Menschen, die im Rund einer Arena einen Kampf verfolgen und von ihm mitgerissen werden. Als der Wind heftiger wird und wieder umschlägt, treffen mich die ersten knallenden Regentropfen. Schräg treibt der Wind sie unter dem Bauch der Wolke vor sich her, und sie schlagen laut prasselnd gegen die Wände des Lastwagens. Ohne Pause folgt Donner auf Donner, und ein Schlag, der nicht mehr als eine Viertelmeile entfernt ist, zersplittert krachend die Nacht und verklingt grollend in der Ferne.
    Ich höre, wie eine Tür zugeknallt wird, und gleich darauf werden an der Ecke des Stallgebäudes Männerstimmen laut.
    »Hol die Plane, Howie«, schreit der Fettwanst, während er mit einer großen Stange in der Hand zum Lastwagen rennt. Ein Mann stürzt zum Stall davon, während ein anderer am Rand des Steinsockels stehenbleibt, wo meine Zelle war, und sich anschickt, einen großen Metallzylinder zum Lastwagen zu schleppen. Ich hab’ noch nie so ein Ding gesehen, deshalb ist mir auch nicht gleich klar, was da geschieht; doch als der Fettwanst und einer seiner Genossen auf den Lastwagen steigen, offenbaren sie mir ihre Absichten.
    »Los, komm schon. So’n Vieh, das ausschaut wie eine gebadete Maus, kaufen die uns bestimmt nicht ab. Wir müssen den Burschen heut’ nacht flachlegen. Bring das Gas hier rüber, und wenn wir die Plane festgemacht haben, holst du den Schlauch.«
    Die Männer springen wie schwergewichtige Geistergestalten im flackernden Schein des Blitzes herum, scheinen zur Musik des Donners zu tanzen. Die prasselnden Tropfen schlagen jetzt überall ein, knallen mir auf Nase und Augenlider, als ich mich aufrichte, diesen gefährlichen Männern entgegenzutreten. Ich bin mir nicht ganz sicher, was ›flachlegen‹ heißt, aber ich habe nicht die Absicht, mich nochmals mit Gas betäuben zu lassen, um dann womöglich in irgendeiner völlig ausweglosen Situation oder vielleicht überhaupt nicht wieder zu erwachen. Sie sind also schon mit jemandem handelseinig geworden und haben nicht vor, mich lediglich zur Schau zu stellen. Ich darf das, was sie jetzt im Schilde führen, nicht zulassen. Vorsichtig stehe ich auf, das gebrochene Bein steif und nur leicht belastet.
    Als der Fettwanst versucht, die Plane über den Käfig zu ziehen, lange ich zwischen den Gitterstangen hindurch und versetze ihm einen Stoß, daß er das Gleichgewicht verliert. Ungeschickt stolpert er nach rückwärts, direkt zur niedrigen Bordwand des Lastwagens, fällt aufs Gesäß und kippt über die Bordwand zu Boden. Selbst durch das unentwegte Dröhnen des Donners hindurch höre ich den schweren Aufprall seines Körpers, und ich höre auch seine Flüche, während andere Männer ihm auf die Beine helfen. Es sind mehrere, die da im Dunkeln um den Käfig herumtanzen, aber ich kann mich nur auf jeweils einen konzentrieren, in meinem Bemühen, sie von ihrem Unternehmen abzuhalten. Jetzt steigt der Fettwanst mit der langen Stange in den Händen hinten auf den Lastwagen.
    »Ich halt das Vieh in Schach, während ihr hier auf der Seite die Plane drüber werft. Dann ziehen wir sie einfach von unten aus straff. Das reicht auch.«
    Er schreit es den anderen entgegen, aber sie hören nicht alles, was er sagt. Der Donner ist jetzt zu laut, läßt mit gewaltig krachenden Schlägen die Luft erzittern, während ein Blitz auf den anderen folgt, so daß

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