Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
Vom Netzwerk:
vorüber ist, kann ich wieder klar denken. Nun, dann muß eben ein anderer ihr das Amulett abnehmen. Ich taste nach dem Wächter, der noch immer schlafend auf seinem Stuhl im Geräteschuppen hockt, und wecke ihn. Mit einem Ruck fährt er hoch und packt sein Gewehr. Und schon wandern meine Sinneskräfte weiter, zu den Hunden, die ich mit einem scharfen Befehl wecke. Beide springen auf und beginnen gleichzeitig zu bellen. Zu früh! Die Frau befindet sich noch immer unter den Bäumen. Ihr Blick ist auf den Käfig gerichtet. Vielleicht kann sie die aufgebogenen Stangen sehen, wahrscheinlich aber nicht in dieser wolkenverhangenen, dunklen Nacht. Lautlos schleiche ich im Schutz der Bäume hinter ihr her.
    »Ich kann es ihr abnehmen«, sagt Barrys Stimme.
    Wir wissen nicht, ob du dein Bein schon gebrauchen kannst, versetze ich. Ich will ihn jetzt nicht da haben, ich muß nachdenken.
    »Laß es mich versuchen«, beharrt er.
    Damit du dir das Bein dann noch mal brichst?
    »Du kannst an das Amulett nicht ran«, erklärt er. »Ich schon.«
    Plötzlich fange ich den heimlichen Gedanken ein. Barry, entgegne ich mit einem Grinsen, ich muß schon sagen, ich bin erstaunt, daß du deinen alten Freund und Gefährten allen Ernstes hereinlegen möchtest. Denn ich habe Barrys Plan durchschaut. Ohne Zweifel würde er Tante Cat das Amulett abnehmen. Ja, und es dann selbst tragen, damit er, wie zuvor Charles, für immer in seiner Gestalt bleiben und mich daran hindern kann, mich zurückzuverwandeln. Du brauchst Ruhe, Barry, sage ich und dränge ihn entschieden zurück.
    Ich richte meine Sinne auf den Wächter, ergreife Besitz von ihm und führe ihn zur anderen Seite des Schuppens. Ich muß ihn lenken, als wäre er mein eigener Körper. Auf meinen Befehl wirft er das Gewehr ins Gras und sprintet am hinteren Zaun entlang unter die Bäume jenseits des Stallgebäudes. Jetzt kann er sich von hinten an sie heranpirschen. Er eilt weiter, während sie unter dem letzten Baum steht und zum Lastwagen hinüberspäht. Sie bemüht sich zu erkennen, ob ich schlafend irgendwo im Käfig liege, oder ob man mich herausgeholt hat. Ich höre ihr Flüstern.
    »Komm raus, du Teufel, komm raus. Ich schick dich jetzt nach Hause.«
    Der Mann ist keine zwanzig Meter mehr von ihr weg. Wenn sie ihn bemerkt, wird sie ihn vielleicht töten. Ich konzentriere mich auf seine Wahrnehmungen, stütze sie mit meinen eigenen Sinnen, während er sich hinter ihr anschleicht. Mit einem anderen Teil meines Geists fange ich das Rumoren erwachender Menschen im Haus auf. Das Gebell der verdammten Hunde hat jemanden aus dem Schlaf gerissen.
    Tante Cat hat sich nicht von der Stelle gerührt. Der Wächter, der über meine Wahrnehmung sieht und hört, wo sie sich befindet, ist nahe. Er läuft zum nächsten Baum, so daß er sie jetzt beinahe mit einem großen Sprung erreichen kann. In diesem Moment dreht sie sich um. Ich lasse ihn warten, bis sie ihren Weg zu meinem Käfig fortsetzt. In dem Augenblick, als sie an seinem Baum vorüberkommt, springt er und versucht, ihr die Waffe zu entreißen. Er umklammert den Doppellauf mit seiner Hand, duckt sich darunter, während er versucht, ihr die Waffe zu entwinden. Da gehen beide Schüsse los. Du armer Teufel, denke ich, deinen Ohren hat das bestimmt nicht gut getan. Sie hatte den Finger schon am Abzug. Eine Frau, die vor nichts zurückschreckt! Die beiden ringen jetzt miteinander. Sie ist kräftig. Seine Hand sucht ihren Hals, um nach der Kette mit dem Amulett zu grapschen. Sie merkt, was er will, und stößt ihm ihr Knie in den Unterleib. Aufbrüllend fährt er zurück, doch seine Hand läßt die Perlenkette nicht los. Sie zerreißt, und die Perlen kollern ins Gras, während er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammenkrümmt. Tante Cat fuchtelt in wildem Bemühen, des Amuletts wieder habhaft zu werden. Ich spüre, daß sie es nicht mehr auf sich trägt. Es ist irgendwo im Gras unter dem alten Laub verloren.
    Mit einem Sprung stürze ich vorwärts, packe die Frau und klemme sie unter meinen gesunden Vorderlauf. Mit dem Rücken zu uns wälzt sich der Wächter in der Dunkelheit am Boden, während ich, die schimpfende, wild um sich schlagende Frau unter dem Arm, zwischen den Bäumen dahineile. Mit der freien Pfote umfasse ich in festem Griff ihre beiden Hände, während sie mir wütend mit den Füßen gegen mein Bein tritt. Es ist nicht schwierig, ihr Auto zu finden. Sobald ich mich hinten hineingezwängt habe und sie am Steuer sitzt, übernehme

Weitere Kostenlose Bücher