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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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war nicht in der Küche und nicht im Eßzimmer. Auch die dunkle Höhle des Wohnzimmers war leer. Doch die Haustür stand offen. Was ist das nur für eine Familie, dachte Renee, wo alle draußen in der Nacht herumwandern! Vielleicht war das der lockende Gesang der Wüste oder so etwas. Sie tastete sich durch die Finsternis zur Tür und gewahrte eine schattenhafte Bewegung durch das Fenster, das zur Veranda hinausging.
    Mina kletterte eben in die Hängematte. In ihrem weißen Nachthemd sah sie aus wie ein kleiner Geist auf der dunklen Veranda. Renee trat zum Fenster und beobachtete ihre Tochter in der Hängematte, während sie sich fragte, ob sie das häufiger tat. Was, überlegte sie, konnte nicht in Ordnung sein, daß ihre siebenjährige Tochter nachts aufstand, ohne sie zu wecken, und heimlich durch das Haus geisterte, um sich dann im Nachthemd in die Hängematte auf der Veranda zu legen. Mina spähte an ihrem ausgestreckten Arm entlang zur Hintertür, oder blickte sie nur über den mondbeschienenen Garten hin zum Erdwall des Bewässerungsgrabens? Die Arme verschränkt, stand Renee da und beobachtete ihre Tochter. Sie fröstelte. Wüstennächte. Wo kam das her, aus einem Film? Ja, bestimmt einer mit Valentino. Ein eitler Laffe, sie hatte ihn nie gemocht, nicht einmal als sie noch ein dummes Gänschen gewesen war. Doch, Mina hielt tatsächlich nach irgend etwas Ausschau. Immer wieder drehte sie den Kopf hin und her, als suchte sie etwas. Renee achtete darauf, zu welchen Stellen sie im besonderen hinspähte – zur Grabenböschung und der hohen Balsampappel daneben, zur Gartentür seitlich vom Haus.
    Aber jetzt reichte es wirklich.
    Renee ging zur Haustür, stieß sie noch ein Stück weiter auf und trat im Mondlicht auf die Veranda hinaus.
    »Mina, Kleines, was machst du denn hier draußen?«
    »Ach, ich ruh’ mich nur ein bißchen aus, Mami.«
    »Du ruhst dich aus? Aber du hast doch oben ein bequemes kleines Bett, in dem du dich ausruhen kannst, und da gehörst du um diese Zeit auch hin.«
    »Ich dachte, es würde vielleicht kommen, aber anscheinend – mir ist kalt, Mami.«
    Renee war das Wörtchen ›es‹ nicht entgangen, und ihr war klar, daß hier etwas vertuscht werden sollte.
    »Mina, was hast du denn geglaubt, das du mitten in der Nacht hier draußen sehen würdest?«
    »Nichts.«
    »Ein kleines Tier, das nur nachts herauskommt?«
    »Ja, nur ein kleines Tier, Mami. Es kommt immer über die Böschung vom Graben, und dann beobachte ich es. Es ist mein Freund.«
    »Schön, aber jetzt mußt du zu Bett. Heute nacht bleiben die kleinen Tiere alle in ihren Höhlen. Also, komm jetzt mit.«
    Renee sah die Resignation in den hängenden Schultern ihrer Tochter und flüchtig erinnerte sie sich ihrer eigenen nächtlichen Exkursionen zu Hause auf dem Hof. Einmal hatte man sie mit der Katzenmutter und den neugeborenen Kätzchen im Stall gefunden, nachdem man sie überall gesucht und sogar den Sheriff alarmiert hatte.
    Sie drückte Mina an sich, als die Kleine neben ihr durch die Tür ging, und dann nahm sie sie in einer Aufwallung tiefer Zärtlichkeit auf den Arm und trug sie, den zierlichen, lebendigen kleinen Körper fest an sich drückend, ins Kinderzimmer hinauf. Sie legte sich noch eine Weile neben Mina nieder, bis sie sicher war, daß das Kind wieder eingeschlafen war. Dann huschte sie zurück zu ihrem eigenen Bett, wo Barry quer über der ganzen Fläche lag, so daß sie sich in einer Ecke zusammenrollen mußte. Doch sie war rasch eingeschlafen.

    Barry schlug das große Märchenbuch zu und ließ es auf seinem Schoß liegen, während er sich Minas Geplapper anhörte, ihr ›Gute-Nacht-Geschnatter‹, wie sie es nannte.
    »Magst du die Geschichte von der kleinen Seejungfrau deshalb so gern, weil sie von einem Mädchen handelt?« fragte Barry, in Gedanken woanders.
    »Ja. Die Ritter und die Helden sind immer lauter dumme Kerle«, erklärte Mina aus ihrem Nest heraus, das sie sich jeden Abend aus Decken und Kissen baute. »Wann machen wir mal wieder ein Picknick oben im Gebirge?« fragte sie und streckte eine kleine schmale Hand aus ihrem Nest, um Barrys Hand zu umschließen.
    »Na, ich denke, dieses Wochenende könnten wir schon einen kleinen Ausflug machen, vielleicht nicht bis ganz hinauf ins Gebirge, aber jedenfalls raus in den Wald«, antwortete Barry, der in Gedanken beim nächsten Tag war. »Das ist heut’ in zwei Tagen, am Samstag. Okay?«
    »Und wann kommt die große Miezekatze wieder raus?« fragte sie so

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