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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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jedem Zimmer des Hauses nachgesehen und sogar unter das Bett geschaut hatte, ging er wieder in den Garten hinaus und blickte die Grabenböschung entlang, wo Minas kleine Höhle war. Dort rührte sich nichts. Nur ein paar Zinnsoldaten blitzten im Staub.
    »Also so was«, murmelte er, während er zum Wagen zurücktrottete, um die Tür zuzuschlagen.
    Unschlüssig blieb er einen Moment stehen, ging dann ein paar Schritte auf das Haus zu, überlegte es sich anders und lief zur Straße hinaus, wo er links abbog.
    »Hola, Señora Gutierrez?« rief Barry, durch das Fliegengitter spähend. »Como ’sta?«
    »Bien, Mr. Golden, bien«, gab die behäbige Frau zurück und lächelte über das ganze runde Gesicht, als sie die Fliegengittertür öffnete. Mit einer Hand winkte sie ihn herein, mit der anderen wedelte sie die Mücken hinaus. »Sie kommen gerade von der Arbeit?«
    »Ja, ich war den ganzen Tag unten in Isleta«, antwortete er. »Aber meine Familie scheint nicht zu Hause zu sein. Haben Sie vielleicht zufällig eine Ahnung, wo meine Frau und Mina sein könnten?«
    Er wandte den Kopf, als mit einem breiten Lächeln der Herr des Hauses ins Zimmer trat. Er bot ihm die Hand.
    »Oyay, Pacifico«, sagte Barry und schüttelte die schwielige, schmale Hand.
    Das Gesicht der Frau wurde ernst und zeigte ein paar Fältchen der Beunruhigung.
    »Sie sind nicht zu Hause? Ich habe sie heute den ganzen Tag nicht gesehen«, erklärte sie, sich ihrem Mann zuwendend. »Hast du Mrs. Golden und die Niña heute schon gesehen?«
    »Nein, ich hab’ sie nicht gesehen, als ich heute gewässert habe, und die Kleine geht manchmal mit mir, um die Frösche zu sehen«, erwiderte der kleine, drahtige Mann und zog sich die Hosen hoch.
    Barry verspürte einen Anflug von Kälte, schüttelte ihn jedoch ab. Nur das Böse nicht heraufbeschwören, dachte er, während er sich weiter mit den Gutierrez’ unterhielt, die jetzt beide beunruhigt waren und halb in Spanisch radebrechten. Dann ging er zur Tür, bedankte sich bei ihnen und versicherte ihnen, daß er sich wahrscheinlich wegen nichts Sorgen machte. Schon auf dem Weg zu Mrs. Aherns Haus, hörte er ihre Stimmen hinter sich, die ihm versicherten, daß er jederzeit auf ihre Hilfe zählen könnte.
    Auf dem Weg zu Mrs. Ahern, die drei Straßen weiter wohnte, machte er noch einmal einen Abstecher zu seinem eigenen Haus, öffnete die Tür und rief laut, doch drinnen blieb es kühl und still. Im Laufschritt setzte er seinen Weg fort, während er sich immer wieder sagte, daß kein Anlaß zur Beunruhigung bestünde, doch es gelang ihm nicht, sich davon zu überzeugen. Prall und rund und rot hing die Sonne jetzt am fernen Horizont. Es war spät, ausgeschlossen, daß Renee und Mina jetzt noch unterwegs waren. Ein Auto hatten sie nicht und Freunde nur wenige in der Stadt. Renee bekam nicht leicht Kontakt mit anderen Leuten, und sie waren nicht viel ausgegangen. Er rannte den Weg zu dem adretten weißen Holzhaus hinauf, das mitten unter den Lehmhäusern fehl am Platz wirkte.
    »Mrs. Ahern?« Er hörte, wie verzagt seine Stimme klang.
    »Ach, Mr. Golden«, sagte die alte weißhaarige Frau und stieß die Fliegengittertür auf. »Kommen Sie herein. Oh«, rief sie, als sie sein Gesicht sah, »ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Haben Sie Renee und die Kleine heute gesehen?«
    »Wir wollten eigentlich heute nachmittag zum Einkaufen«, erwiderte sie, eine Hand an ihrer Wange, »aber Renee ist nicht gekommen. Ich hab’ bis ungefähr halb drei gewartet, dann bin ich zum Haus hinuntergegangen, aber es war keine Menschenseele da.«
    »Sie waren um halb drei schon weg?« sagte Barry mit brüchiger Stimme.
    »Ja, also, ich hab’ jedenfalls gerufen und bin auch in die Küche hineingegangen, aber es hat sich nichts gerührt«, erklärte sie, und ihr Gesicht wurde blaß, als sich ihr die Furcht des Mannes, der vor ihr stand, mitteilte. »Was kann denn nur geschehen sein?«
    Ohne ein weiteres Wort zu der Frau zu sagen, machte er kehrt und ging wieder hinaus. Er hörte sie noch hinter sich reden, als er in Laufschritt fiel und zum Haus zurückrannte. Halb drei! Und jetzt war es nach acht. Er rannte wie ein Besinnungsloser, bis er in der Küche stand. Da begann er zu suchen, nach einem Brief, nach irgendeinem Hinweis. Wieder rief er Renees Namen, aber nur einmal, denn das Haus war so leer, daß es ihm unerträglich war, nur seine eigene laute Stimme zu hören, die von der Stille verschluckt wurde. Zwei schmutzige Teller standen auf dem

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