Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
Vom Netzwerk:
trat.
    Barry saß stumm da und starrte auf den Ofen, las immer wieder den Namen der Herstellerfirma und die Seriennummer. Sie war doch bestimmt nicht aus freiem Willen mit Bill weggegangen. Doch was hatten sie im Schlafzimmer getrieben? Sein Hirn schaltete einfach ab, unfähig, über die Szene, die seine Phantasie ihm ausmalte, hinwegzukommen.
    Judy kehrte von einer Inspektion des Hauses zurück und zog ihren Mann zu einer kurzen Besprechung ins Wohnzimmer. Barry hörte sie mit gesenkten Stimmen sprechen, doch im Augenblick schien sein Gehirn betäubt, gedankenleer.
    »Ich finde, wir sollten die Polizei alarmieren«, sagte Frank irgendwo hinter Barry.
    Als Barry nicht reagierte, sagte er es noch einmal, etwas lauter. »Die Scheidung ist doch wohl rechtskräftig und eure Ehe auch«, endete er verlegen.
    »Natürlich«, erwiderte Barry.
    »Dann hat sich ihr geschiedener Mann der Entführung schuldig gemacht«, fuhr Frank fort, »wenn er sie gegen ihren Willen hier weggeschleppt hat. Das ist ein Kapitalverbrechen.«
    »Und was ist, wenn sie freiwillig mit ihm weggegangen ist?« fragte Barry mit eingefallenem Gesicht.
    Judy stemmte zornig die Hände in die Hüften.
    »Ihr Männer«, stieß sie hervor. »Ihr seid wirklich dümmer als die Polizei erlaubt. Siehst du denn nicht, Barry, daß deine Frau dich über alles liebt? Sie würde lieber sterben, als freiwillig mit diesem Säufer fortgehen, den sie verlassen hat, um dich heiraten zu können. – Oh ja, sie hat mir einiges erzählt, und sie hat für Klatsch gewiß nichts übrig. Du glaubst, daß sie freiwillig mit ihm weggegangen ist? Schäm dich, Barry.«
    Barry kam sich in seinem Selbstmitleid plötzlich töricht vor. Beinahe lächelnd stand er auf.
    »Du hast recht«, sagte er zu Judy. »Ich suhle mich nur im Selbstmitleid. Ich benachrichtige jetzt die Polizei.«
    Am folgenden Tag, dem Samstag, stampfte polternd die Polizei ins Haus, stellte Fragen, von denen einige drauf schließen ließen, daß man den Ehemann verdächtigte, beim Verschwinden von Mutter und Kind die Hände im Spiel zu haben. Barry war zuerst leicht erheitert, dann wurde er zornig. Wenn sie ihre Zeit damit verbummelten, einer Mordtheorie nachzujagen, dachte er, dann würden sie Jahre brauchen, um seine Familie zu finden. Er erklärte, daß der Bürgermeister von Isleta Pueblo bezeugen könnte, daß er sich am Freitag den ganzen Tag in dem Dorf aufgehalten hätte; er verwies sie an die Familie Gutierrez, die Witwe Ahern, die Familie Ochoa, kurz, er tat alles, was in seiner Macht stand, während die Leute von der Spurensicherung an den unwahrscheinlichen Orten nach Fingerabdrücken suchten und nur einen verdächtigen Abdruck entdeckten, der so verwischt war, daß er nicht zu gebrauchen war.
    Die Nachbarn versicherten der Polizei, daß die Goldens sich nicht gestritten hätten, jedenfalls nicht hörbar, daß Barry niemals betrunken oder randalierend gesehen worden wäre, daß das Paar eine glückliche Ehe zu führen schien, aber ziemlich zurückgezogen lebte und erst seit zwei Monaten in der Gegend wohnte.
    Die Leute von der Spurensicherung packten ihre Sachen zusammen und gingen. Auf Barrys Fragen nickten sie nur weise, sagten aber nichts. Zurück blieb ein sanft und freundlich wirkender Kriminalbeamter Mitte fünfzig, ein magerer Mann mit hoher Stirn und einem Kranz feiner brauner Härchen um den kahlen Schädel. Anfangs wirkte er äußerst gewinnend, erbat jede Auskunft mit vorsichtig gewählten Worten, bis Barry begriff, daß in Wirklichkeit jede der Fragen ein verdeckter Befehl war, und daß der Beamte mit seinem feinen Lächeln und seinem wohlwollenden Gehabe ihn in Wirklichkeit wie einen Mordverdächtigen behandelte.
    Sie saßen im Wohnzimmer, so daß Barry in dem Beamten unwillkürlich einen Gast sah, der wenigstens auf förmliche Höflichkeit ein Anrecht hatte, doch die Fragen und die, wie es ihm schien, versteckten Anspielungen auf seine Schuld gingen ihm allmählich unter die Haut.
    »Also, Sie sagen, daß Sie den ganzen Tag in Isleta waren. Das liegt ungefähr – nun, wieviele – dreißig Meilen südlich von hier?« Der Beamte lächelte, wobei er auf eine ihm eigene Art die Oberlippe hochzog, als wollte er seine gelben Zähne zur Schau stellen. »Sie sagen weiter, daß Sie den ganzen Tag weg waren, und zwar von acht Uhr morgens bis – bis wann? – bis etwa acht Uhr abends? Das ist ein langer Tag, nicht wahr?« Wieder zog er die Lippe hoch.
    »Ich sammle Material für einen Artikel, der

Weitere Kostenlose Bücher