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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Männern im großen Raum vorbei. Sie wußte genau, welche Bodendielen knarrten und mied sie, wußte genau, wie weit sie die Tür öffnen konnte, ehe sie zu quietschen begann. Sie war so leise, daß nicht einmal die Maus, die an dem Laib Brot knabberte, der noch auf dem Tisch lag, von ihr gestört wurde. Sie huschte hinaus auf die Veranda und blickte hinüber zu der schmalen Sichel des orangefarbenen Mondes, die über dem Berggipfel hing, und dachte daran, wie dringend sie jetzt mit der großen Miezekatze sprechen mußte. Ganz fest dachte sie an das große schöne Tier, und bald sprach sie tatsächlich mit ihm, genau wie in der Nacht zuvor. Doch als der Mond hinter den Bergen unterging, konnte sie die große Miezekatze nicht mehr hören, und da ging sie wieder zu Bett.
    Am folgenden Morgen, am Montag, versammelten sich sämtliche Männer vor der kleineren Hütte. Renee zählte etwa fünfzehn insgesamt. Sie beobachtete sie eine Weile und fand es seltsam, daß sie alle ziemlich gleich gekleidet waren, als trügen sie Uniform: weiße Hemden, dunkle Krawatten, schwarze Hosen oder Reithosen wie jene von Bill und dazu hohe steife Reiterstiefel. Sie sahen wirklich aus wie eine Miliztruppe, wenn es auch mit der Disziplin nicht weit her war, dachte sie, als sie sah, wie sie träge rauchend an die Autos oder die Bäume gelehnt herumstanden.
    Und dann beobachtete sie etwas Merkwürdiges. Der Dicke war in die kleine Kammer gegangen, zu der ihr der Zutritt verwehrt war, und kam mit einem kleinen Bündel wieder heraus. Mehrere Männer gemeinsam entfalteten es und machten das Tuch an der kleinen Fahnenstange vor der Hütte fest, um es dann in die Höhe zu ziehen. Beinahe jedem wäre die Fahne aus Zeitschriften und Zeitungen oder aus der Wochenschau bekannt gewesen. Als Renee sie sah, war ihr augenblicklich klar, was sich hier tat. Wie angewurzelt stand sie am Fenster der Hütte und fragte sich, ob sie lachen oder noch mehr Angst bekommen sollte, als sie schon hatte. Sie hatte geglaubt, es mit einer Bande von Verbrechern zu tun zu haben, die einen großen Coup planten; in Wirklichkeit ging es um etwas ganz anderes. Die Fahne – roter Grund, weißer Kreis, schwarzes Hakenkreuz – sagte es klar und deutlich. Die Männer hatten sich vor dem Fahnenmast in einer Reihe aufgestellt. Ludwig stand am Ende der Reihe, und als er seinen Arm hob, rissen sie alle die Arme hoch und schrien: »Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!«
    Mina warf ihrer Mutter einen verwunderten Blick zu. »Haben die schon wieder soviel Bier getrunken?« fragte sie.

5

    Barry lag erschöpft in dem großen leeren Bett und lauschte dem Quaken der Frösche draußen am Graben, während er mit sich und seinem Schicksal haderte, wie er das den ganzen Tag schon getan hatte. Er hatte etwa die Hälfte der Tankstellen in der Stadt abgeklappert, die sonntags geöffnet waren, doch zu denen außerhalb der Stadtgrenzen war er nicht gekommen. Frank hatte ihm geholfen, hatte die 85 in nördlicher Richtung übernommen, während er selbst die 66 in östlicher und westlicher Richtung abgefahren hatte, aber wenn sie überhaupt irgendwo getankt hatten, dann wahrscheinlich auf der 85 in südlicher Richtung. Größere Ortschaften waren in New Mexico dünn gesät, und es war damit zu rechnen, daß sie es nicht versäumt hatten, hier in der Stadt zu tanken. Barry wälzte sich auf die andere Seite, während er überlegte, was er noch unternehmen konnte. Es dauerte lange, ehe er einschlief.
    Jetzt, wo Barry schläft, verwandle ich mich. Beinahe gewaltsam drücke ich ihn weg, denn ich spüre, daß Mina wieder versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich trotte zur Tür hinaus und sehe nach dem Mond. Er hängt tief am Himmel, kaum mehr als eine feine geschwungene Linie jetzt, wo er in seine neue Phase übergeht. Ich hocke mich unter die Balsampappel und lasse Stille in mich einziehen, fühle mich in das Innere eines Steins hinein, um selbst das Rauschen meines Blutes verstummen zu lassen. Und dann lausche ich.
    Beinahe augenblicklich ruft ihre Stimme aus weiter Ferne nach mir. »Wo bist du, du schlimme Miezekatze?«
    »Ich bin jetzt hier«, denke ich, sehr still und so laut – und reglos in meinem Inneren, daß ich das Gefühl habe, mein Körper ist nur noch eine leere Hülle in der Dunkelheit.
    »Ich habe Sehnsucht nach dir und nach Barry, und Papa ist so gemein, und wenn wir nicht bald wieder fortgehen von hier, dann lauf ich weg«, stößt sie in einem Schwall hervor. Die Schwingungen ihres Zorns

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