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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Ellbogen von zwei harten Fingern zusammengedrückt wurde.
    »Natürlich«, versicherte er. »Sie können sich drauf verlassen.«
    Er kämpfte die Wut hinunter, die er gegen diesen schwachsinnigen Polizeibeamten empfand. Bei der Forstbehörde kaufte er Karten im Wert von drei Dollar und fünfzig Cents, und auf der Heimfahrt besorgte er sich zur Ergänzung noch eine Straßenkarte. Zu Hause, auf dem Boden im Wohnzimmer, legte er die Karten, an den Ecken mit Steinen und Milchflaschen beschwert, zu einem Mosaik des gesamten Gebiets, das ihn interessierte, aneinander. Es war ein riesiges Gelände, so groß, daß eine ganze Armee bestimmt einen Monat brauchen würde, es gründlich zu durchsuchen, dachte er, während er wie ein Riese über den braunen, weißen und grünen Feldern der Karten stand.
    Er war, fiel ihm jetzt ein, früher einmal in dieser Gegend auf der Jagd gewesen, als dort oben auf den Gipfeln die Jagd auf Damwild eröffnet worden war. Zwischen diesen beiden Bergspitzen dort war ein Sattel, wo er das einzige Mal eines der Tiere direkt vor der Flinte gehabt und gefehlt hatte. Und in der kleinen Ortschaft, die da eingezeichnet war, Chilili, gab es nicht einmal eine Tankstelle. Noch eine ganze Weile stand er da und ließ seinen Blick über die auf den Karten eingezeichneten Wälder und Berge gleiten, ehe ihm die Widersinnigkeit seiner Überlegungen bewußt wurde. Es überlief ihn eiskalt. Wie kam er auf die Idee, daß er in diesem Gebiet einmal auf der Jagd gewesen war? Wie war es möglich, daß er von dieser kleinen Ortschaft wußte? Er hatte tatsächlich Erinnerungen daran, nur wenige, aber ganz konkrete; Erinnerungen an grimmige Kälte, an andere Männer mit Gewehren, die mit ihm zusammen durch den Wald gepirscht waren, an den Fehlschuß, ja, selbst an den Widerhall des Schusses, der von den gegenüberliegenden Berghängen zurückgeworfen wurde, und erinnerte sich sogar daran, Jahre jünger gewesen zu sein!
    Zwischen Landkarten und Milchflaschen setzte er sich auf den Boden, unfähig zu erfassen, was das zu bedeuten hatte. Er war erst seit einem Jahr auf dieser Welt, das Geschöpf des Tieres, dessen Zwecken zu dienen; ein Geschöpf, das einen eigenen Willen und ein eigenes Leben entwickelt hatte. Waren dies dann die vorgetäuschten Erinnerungen, die ihm eingepflanzt waren wie das notwendige Wissen um Sprache und Brauch? Waren sie die vergrabenen Fossilien, die Gott in die Erde gebettet hatte, um dem armen Wissenschaftler glauben zu machen, die Erde wäre viel älter, als ihr Schöpfer gesagt hatte? Eine Frage schob sich vor alles andere, was ihm durch den Kopf ging: War er ein wirklicher Mensch? War er mehr als nur ein Aspekt des übernatürlichen Tieres, das in ihm lebte? Der Kopf dröhnte ihm vor Anstrengung, während er sich anderer Einzelheiten zu erinnern versuchte. – Einer Familie, vergangener Erlebnisse, anderer Menschen, Freunde. Nichts. All seine Bemühungen, weiter als ein Jahr zurückzudenken, endeten im Nichts. Gott verdammich, fluchte er leise. Hör auf damit. Mach dich lieber an die Arbeit.
    Eine Stunde lang hockte er über den Karten, sah sich den Weg, den er fahren wollte, genau an, nachdem er beschlossen hatte, sein Glück zuerst auf der Nordseite zu versuchen, in den Sandias, weil das das kleinere Gebiet war. Er machte sich ein Brot, faltete die Karten zusammen und warf sie draußen in den Wagen. Einen Moment lang hielt er inne und überlegte sich, daß er sich lieber mehr Zeit nehmen sollte, um dann dafür länger unterwegs bleiben zu können, doch da packte ihn schon wieder die fieberhafte Rastlosigkeit. Er nahm nur eine leichte Jacke mit und zwei Äpfel, dann sprang er in den kleinen Model-A und ließ den Motor an. Erst da wurde er sich bewußt, daß er vor Abgehetztheit keuchte.
    Als er rückwärts auf die Straße hinausfuhr, bemerkte er den schnittigen schwarzen Polizeiwagen mit dem roten Licht auf dem Dach, der ein Stück straßabwärts vor dem Haus der Ochoas parkte. Der Beamte am Steuer wartete offensichtlich auf jemanden, der ins Haus hineingegangen war. Anstatt nach rechts abzubiegen, wo er an dem Polizeifahrzeug hätte vorüber müssen, steuerte er den Wagen nach links, um den längeren Weg zum Rio Grande Boulevard zu nehmen. Während er langsam die Straße hinunterzuckelte, blickte er durch die Staubwolke, die hinter ihm emporstieg, nach rückwärts und sah, wie jemand aus dem Haus kam und in das Polizeifahrzeug einstieg. Flüchtig spielte er mit dem Gedanken umzukehren, um zu

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