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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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kannst du das?«
    »Es ist ein Trick, und wenn man ihn zu oft anwendet, verliert er seine Wirkung, aber jetzt brauchen wir ein bi ß chen Hilfe.« Sie sah ihm in die Augen. »Hör einfach zu und vertrau mir.«
    »Ja«, sagte er.
    »Mach deine Augen zu und entspann dich. Überlaß dich dem Schmerz, laß dich in den Schmerz hineinfallen, ja, so ist es richtig. Jetzt laß deine Hände ganz locker, entspann dich, so ist es richtig.«
    Sie sprach zu ihm, tat nichts weiter, sprach nur, und der Schmerz verzog sich in die Ferne, bombardierte ihn mit Bo t schaften, doch jetzt hatte er Zeit, sie zu entziffern, a n statt über die Art und Weise, wie sie geschrieben waren, in Ras e rei zu geraten. Der Schmerz wurde ein langes Band von P a pier, wie die Papierstreifen des Börsentelegraphen, die er auf Bildern gesehen hatte. Da zeigten sie manchmal, wie die reichen Spekulanten mit entsetztem Blick diese Dinger l a sen, ehe sie sich aus ihrem Bürofenster stürzten. Er konnte jetzt den Schmerz in die Hand nehmen wie ein langes we i ßes Band und lesen, was darauf geschrieben stand, oder be s ser gesagt, er konnte es beinahe lesen. Wo r te standen da, manche in rot, manche in einer, wie ihm schien, fremden Sprache. Sie waren mehr als Drucke r schwärze auf Papier. Sie stiegen vom Papier auf und flogen seinen Augen entg e gen, während er versuchte, sie zu lesen. Sie flogen ihm in die Augen, ehe er erkennen konnte, was sie meinten, doch dann merkte er, daß sie direkt in sein Hirn flogen, so daß er sie dort lesen konnte, und wä h rend er sich bemühte, sie wi e der in die richtige Reihenfolge zu bringen, damit sie in dem großen roten Raum seines G e hirns einen Sinn ergäben, schlief er ein.
    Nach langer Zeit träumte er wie oft, daß das Tier wieder käme. Aus den großen grünen Augen blickte es auf ihn hinunter, und in diesen Augen lag so viel Mitgefühl, daß Bo meinte, es müßte etwas mit Liebe zu tun haben. Doch dann hob das Tier eine gewaltige Pranke, die beinahe me n schliche Finger hatte, doch gleichzeitig lange elfenbeinfa r bene Krallen, und senkte die Krallen mit einem blitzschne l len Schlag in Bos Magen. Er wollte schreien, während er um sich schlug, um zu verhindern, daß die gräßlichen Kra l len ihn in Stücke rissen, doch er konnte nicht entkommen. Und dann sah er ganz still zu, wie die Krallen sich in se i nen Körper gruben. Was er dann em p fand, ging nicht von den Krallen aus, sondern von dem Herauslösen des Schmerzes, der seinem Körper entrissen wurde. Er floß in diese elfenbeinfarbenen Kanäle, die sich zu einem kl a ren, durchscheinenden Rot färbten, als der Schmerz von ihnen aufgesogen wurde, seinem Körper entwich und in den blaugrauen Arm hinaufstieg. Das Tier schien zu l ä cheln.
    › Wird er sich daran erinnern? ‹
    › Nur als Traum. Du hast deine Sache gut gemacht. ‹
    › Er wäre heute beinahe gestorben. ‹
    › Ein Teil von ihm möchte noch immer sterben, doch jetzt wird es ihm besser gehen. ‹
    Ich habe erfahren, daß der menschliche Wille sich, u n gleich dem meinen, gegen sich selbst wenden kann, ein merkwürdiger Akt, für den mir das Verständnis fehlt. Der Mann, der auf dem Bett liegt, während ich mich um seine Heilung bemühe, sieht mich aus leeren Augen an, hat se i nen Kummer ausagiert und sein Wille ist so stark, daß er seinen Körper in dieses künstliche Gebäude des Schmerzes verwandelt hat. Ich habe gelernt, diesen Geschöpfen Z u neigung entgegenzubringen. Sie besitzen in ihrem ganzen Wahnsinn jene Eigenschaft, die ich für mein Leben bra u che.
    Ich verlasse die Kammer des Kranken. Auf leichten Sohlen trotte ich in den frühen Morgenstunden durch Mrs. Peaveys Haus. Lilly schläft jetzt. Ich will noch eine ausgi e bige Nachtwanderung machen, um mich zu erfrischen und das Gift zu neutralisieren, das ich aufgenommen habe. Die Straßenlaternen stehen in großen Abständen, und die Hä u ser auf meinem Weg zum Strand hinunter sind dunkel. Ich rieche das Meer, seine furchtbare Kraft und seine errege n den Kämpfe. Salziger Gischt setzt sich in mein Fell, wä h rend ich auf dem Felsen entlangtrotte und den Weg zum Wasser hinunter suche. Die Brandung ist still an diesem Abend, weit draußen in der Bucht brechen sich die flachen Wellen. Ich erreiche den dunklen Sand und spüre die Feuchtigkeit, die in meinem Fell prickelt und mich erregt. Ich werde schwimmen. In schnellem Lauf springe ich durch das seichte Wasser und ziehe eine lange schäumende Gischtfahne hinter mir her,

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