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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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das Tier in der vergangenen Nacht doch unterwegs gewesen. Es verwunderte ihn, daß sein Gedächtnis so völlig leer war. Im allgemeinen erinnerte er sich einer verschwommenen, traumhaften Bildfolge, doch in diesem Fall konnte er sich an nichts erinnern. Er zuckte die Achseln.
    »Wahrscheinlich ein Berglöwe oder ein Bär.«
    »Ja, schon richtig, es gibt hier schwarze Bären und hin und wieder einen Puma, aber meine Schwester weiß, wie ihre Spuren aussehen. Sie hat gesagt, diese hier wären sehr groß gewesen und – nun, anders eben. Ich glaube ihr.« Der junge Indianer wippte auf den Fersen hin und her, während er Barry mit einem etwas verlegenen Grinsen ansah. »Sie wollte sie mir zeigen, und ich hab ’ sie ausgelacht. Ich hätte nicht lachen sollen.«
    »Es haben sich also eine Menge Visionen und andere Hinweise auf das Übernatürliche gezeigt«, bemerkte Barry, während er schon wieder in sein Heft schrieb.
    »Mehr als je zuvor, soviel ich weiß. Ich glaube nicht, daß wir ein übermäßig abergläubisches Volk sind, jede n falls nicht im Vergleich mit anderen Indianerstämmen, aber jetzt höre ich jedesmal was Neues, wenn ich nach Hause komme. Immer ist jemandem irgendein Geist erschienen. Und das macht mir Sorge.«
    »Ja. Das ist ja auch ein Zeichen dafür, daß etwas nicht stimmt.«
    »Und bei diesen Kirchenfeiern erzählen die Leute d a von. Sie werden das heute Abend nicht mitbekommen kö n nen, weil Sie unsere Sprache nicht sprechen. Aber wenn es mir möglich ist, werde ich versuchen, mir alles für Sie zu merken. Ich kann nicht laufend übersetzen, weil das unhö f lich wäre gegen die anderen, die singen oder beten.«
    »Das verstehe ich. Aber vielleicht könnten Sie mir mal erklären, wie ich mich zu verhalten habe, damit ich die h ö heren Mächte nicht beleidige.«
    »Okay. Es ist nicht sehr kompliziert, jedenfalls für einen Gast nicht. Sie brauchen nur ruhig sitzen zu bleiben, dann kann Ihnen gar nichts passieren; denken Sie nur an eins, wenn Sie rausmüssen, dann gehen Sie im Uhrzeigersinn um den Kreis herum. Gehen Sie nicht nach rechts herum. Sie werden auf der Südseite des Hogans sitzen, wenn Sie also hinaus wollen, dann stehen Sie auf und gehen Sie am Vorsänger vorbei, zwischen ihm und dem Mondaltar hi n durch. Gehen Sie nicht nach rechts hinaus.«
    »Wieso ist das so wichtig?« erkundigte sich Barry, der bereits einigermaßen verwirrt war und sich fragte, ob es ihm überhaupt gelingen würde, zwischen dem Vorsänger und dem Mondaltar zu unterscheiden.
    »Es ist zu kompliziert, auf jede Einzelheit einzugehen, aber wenn Sie in der falschen Richtung gehen würden, dann wäre das eine Verletzung des Kreises, und der Kreis muß während der ganzen Feier unversehrt bleiben.« Joh n ny nahm ein Stöckchen und wischte mit der anderen Hand eine glatte Fläche in den Sand. »Also hier haben wir das Innere des Hogans«, bemerkte er, während er einen Kreis in den Sand zeichnete. »Hier, an diesem Ende in der Mitte ist das Feuer, und dahinter steht der Altar, der die Form eines Halbmonds hat. Er schirmt also das Feuer auf der einen Seite ab. Der Mann, der das Feuer hütet, ist der Feuermann. Er hat einen Stock, den er genau hier hinlegt, mit der Spitze zur Tür.« Johnny blickte auf. »Über den Stock dürfen Sie auch nicht stolpern.«
    »Ich werd ’ mich nicht von der Stelle rühren.«
    »Gut. Bleiben Sie einfach ruhig sitzen und lassen Sie es auf sich wirken«, sagte Johnny Strong Horse grinsend. »So, jetzt schauen Sie her. Hinter dem Altar ist der Vorsänger oder Straßenmann, wie er manchmal genannt wird, und auf einer Seite von ihm ist der Feuermann, auf der anderen der Zedernmann, oder wie würden Sie ihn nennen? Vielleicht den Weihrauchschwinger. Er schlägt am Anfang auch die Trommel. Es gibt also drei Amtsträger, wenn man sie so nennen will, bei der Feier. Denken Sie sich nichts, wenn Sie eine Zigarette rauchen müssen, oder wenn Ihnen der Straßenmann etwas Rauch vom Feuer ins Gesicht wedelt. Das gehört alles zum Zeremon i ell. Und es wird natürlich auch gesungen, aber es singt jeder wie es ihm gerade ei n fällt, gemeinsame Hymnen gibt es im allgemeinen nicht, und niemand muß irgend etwas tun. Wenn dann das Peyote herumgereicht wird, nehmen Sie sich einfach etwas davon, das heißt natürlich, wenn Sie wollen, und am Anfang ra u chen Sie eine Zigarette wie alle anderen.« Johnny grinste. »Und werfen Sie den Stummel nicht zur Tür hinaus. Geben Sie ihn dem Straßenmann, der lehnt ihn

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