Werwelt 03 - Der Nachkomme
Wölbung der Erde taumeln, während der helle H o rizont hinter ihm zurückwich, die scharfkantigen Wolken wispernd davonglitten, jede von ihnen ein jäh emporrage n der Gipfel, über den er ohne Flügel hinwegflog, nur von ihren Augen gehalten, die sich verengten, sich um ihn schlossen, bis er den Schacht spürte, durch den er hi n durcheilte, seine Adern und Muskeln, die seine Haut b e rührten, seine dröhnend pulsende Musik, die in seine Ohren eindrang. Das tiefe scharlachrot des Schachts wandelte sich zum leuchtenden Azurblau des Abendhimmels in großen Höhen, und die purpurnen Schwingungen woben lange Schleier wie die Lichter des Nordens. Er schloß die Augen.
Und er war dort, in der anderen Welt, das gewölbte Land unter ihm von Musik gewiegt, eine Verlängerung seiner selbst. Er war zwei, ein glückseliges Doppelwesen, das gr ö ßere und er selbst, und das größere stieß einen Schrei des Glücks aus, als sie sich voneinander trennten wie Bi l der, die im Auge auseinanderfallen; einen zarten, deutl i chen Schrei, zitternd wie der Schrei eines Wolfs, der zu zwei getrennten Schreien wird, ein singender, schwinge n der Ton, der sich um die gewölbte Welt herum fortpflanzte und jenseits der plötzlich aufleuchtenden Streifen von Fa r ben zu hören war, die anstelle von Sonnen aufstiegen, glänzendere, vielfältig e re Farben als es sie auf der Welt gab. Die Farben waren durchpulst von Klängen, Schwingungen, die die beiden G e stalten umwoben, und beide fanden sich im Mittelpunkt zweier vielfädiger Netzwerke, die ineinander griffen, mite i nander versponnen waren, so daß die beiden Wesen eina n der verstanden und selbst in der Trennung ein einziger u n gebrochener, vollt ö nender Akkord blieben, in vollendeter Harmonie, während sie immer we i ter auseinander strebten, bis die ineinander verwobenen Netze zu reißen begannen, die Farben sich aus den gestreiften Spektren lösten, und e i nes von ihnen die Augen öffnen mußte, um die Welt festz u halten, ehe es zu spät war. Barry tat es.
Das Innere des Hogans lag im flackernden Lichtschein des kleinen Feuers. Die Augen der Frau ihm gegenüber waren auf die seinen gerichtet, starr, als blickten sie durch ihn hindurch, und Barry meinte, auch sie wäre dort gew e sen, und er wagte es eine ganze Weile nicht, seine Augen wieder zu schließen. Die Vision verschaffte sich Durc h bruch, und er fühlte sich von plötzlichem Schwindel übe r kommen, als die Erde unter ihm kippte, die Farben die Realität zerrissen. Rund um den Mondaltar und Vater Peyote, der klein und braun in der Mitte des Mondes hoc k te, stiegen die flammenden Farben empor und kündeten seinen Ohren ihre Gegenwart in Gestalt brausender Akko r de und Arpeggios, die er sah, die er mit mehr als seinen Sinnen erfuhr. Die Schwingungen machten die Welt weit und geräumig; sie gingen von allem Lebendigen aus und entzündeten den Raum mit dem Pulsschlag des Lebens. Er öffnete weit seine Augen, und sah, wie der Mondaltar seine Gestalt veränderte und zu einer hohen, schönen Gebirg s kette wurde, deren Gipfel mit Schnee bedeckt waren. Und an den Flanken der Berge sah er Menschen. Nein, nicht Menschen, Geschöpfe, die in anmutigen Paaren dahinwa n derten , schlanker als irdische Katzen oder Bären, die bald auf allen Vieren liefen, bald aufrecht über die Fel s simse tanzten, leicht wie Rauch, ohne Furcht vor den b o denlosen Abgründen unter ihnen. Und langwallende Schleier von Dampf ergossen sich wie Rauch in die Täler. Noch wä h rend er zusah, verwandelten sich die Gestalten in Vögel, die in Paaren weite Kreise über das Mondgebirge zogen, eingesponnen in wehende Netze von Schwingu n gen, die mitei n ander verwoben waren und aus ihnen allen einen einzigen Schwarm, eine zusammengehörige Schar machte, einen Organismus, der von Freude gestaltet war. Vögel flogen zu den Gipfeln der Mondberge, wurden zu Sylphen, die in schlanken Flammen aufwärts stiegen, und ihre Kö r per nach Belieben verwandelten, während sie den Gesang ihres Seins sangen, bald größer wurden, bald klein und a n mutig, bis sie sich schließlich zu nebelhafter Zartheit deh n ten, die sich in den aufwärts strebenden Winden wie g te, während sie emporgetragen wurde. Sie berührten eina n der und schwebten aufwärts auf harmonisierenden Wellen von sanftem Rot und tiefem Grün, während rasch nahende We l len von Gelb gegen sie anbrandeten. Die nachfolge n den Schwingungen von tieferem Rot verlangsamten sich, als die Gesänge
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