Wes - Wächter der Nacht
zu.
Obendrein winkte sie auch noch.
Neben seinem Auto hielt sie an und ließ das Seitenfenster herunter.
Großartig, einfach nur großartig. Besser konnte man einen Stalker gar nicht darauf aufmerksam machen, dass Wes da war und sie ihn gut genug kannte, um anzuhalten und mit ihm zu plaudern.
„Guten Morgen“, sagte sie und lächelte ihn einladend an.
„Es wäre vermutlich besser, wenn du nicht jeden mit der Nase darauf stoßen würdest, dass ich hier Wache schiebe“, gab er zurück.
„Hoppla, tut mir leid! Ich fahre schon weiter. Aber … kannst du heute Abend zum Essen kommen?“
„Heute Abend nicht. Tut mir leid. Ich werde mit der Freundin essen, bei der ich mich einquartiert habe – meiner Verlobten, Brittany. Sie hat mich zu deiner Party begleitet.“ Das war nicht einmal komplett gelogen. Er würde am Abend mit Brittany essen. Sie wusste es nur noch nicht.
„Vielleicht könntest du anschließend vorbeikommen“, schlug Amber zuckersüß vor. „Nach eurem Essen.“
Nein, damit war nicht zu rechnen. Ganz sicher nicht, wenn er wirklich verlobt war. Was dachte Amber sich nur?
„Ich weiß, dass wir noch viel zu besprechen haben. Vielleicht können wir uns Montag zum Mittagessen treffen.“ Er wechselte das Thema. „Du hast dein Garagentor offen gelassen.“
Amber warf einen kurzen Blick zurück. „Das schließt automatisch. In etwa fünf Minuten geht es von allein zu. So muss ich nicht immer daran denken, den Knopf zu drücken.“
Wes starrte sie einen Moment verblüfft an und brach dann in schallendes Gelächter aus.
Als Brittany in ihre Auffahrt einbog, war sie total erschöpft und kurz davor, zusammenzubrechen. Das Haus war hell erleuchtet, Musik lief, und aus der Küche drangen unglaubliche Düfte.
Wes war offenbar dabei, ein Abendessen zuzubereiten.
Sie blieb unmittelbar vor der Küchentür stehen. Er hatte den Tisch gedeckt, stand am Herd und rührte in einem Topf.
Es roch nach etwas Exotischem mit Curry. Der unverkennbare Duft von Basmatireis hing in der Luft.
„Kommst du rein, oder willst du im Wohnzimmer stehen bleiben? Das Essen ist fertig.“
Der Abend war warm, und er trug Cargoshorts und ein weißes Unterhemd. Mit bloßen Füßen, der Tätowierung rund um den Oberarm und den vom Duschen noch feuchten Haaren sah er unglaublich jung aus. Fast als wäre er nur wenig älter als Andy.
Dann legte er den Rührlöffel aus der Hand, und die Muskeln in seinen Schultern und Armen spielten unter der Haut. Schlagartig wirkte er sehr erwachsen und durch und durch männlich.
Brittany spähte um den Türpfosten, bevor sie die Küche betrat. „Bist du allein?“
Er lachte sie an. „Klar, was denkst du denn? Glaubst du etwa, dass ich für Amber koche? Denk nach! Schon allein der Duft dieses Eintopfs enthält viel zu viele Kalorien!“
„Eintopf?“ Brittany trat langsam und vorsichtig näher,setzte ihre Tasche auf einem der Küchenstühle ab. „Eintopf soll das sein? Es riecht fabelhaft.“
„Huhn, Dosentomaten, grüne Bohnen und etwas Curry“, erläuterte er. „Alles in einen Topf, ein paar Stunden köcheln lassen, und schon hat man was Leckeres auf dem Teller. Selbst wenn man irgendwo in … ähm, im Nirgendwo sitzt.“
Er hatte Afghanistan sagen wollen, da war sie sich ganz sicher.
„Hast du meine Nachricht bekommen?“, fragte sie. „Ich hatte deine Handynummer nicht, deshalb habe ich meinen Anrufbeantworter angerufen und …“
„Habe ich“, sagte er.
Sie hatte angerufen, um ihm zu sagen, dass sie gebeten worden war, vier Stunden länger zu arbeiten.
„Ich dachte mir, vier Stunden reichen gerade aus, um in den nächsten Laden zu fahren und ein paar Dinge einzukaufen, die du nicht hier hast. Das Huhn habe ich aus dem Kühlschrank. Das Mindesthaltbarkeitsdatum läuft heute ab. Ich hoffe, das geht in Ordnung so.“
Brittany musste lachen, aber es klang verdächtig zittrig und nahe am Weinen. „Macht es mir was aus, dass du etwas zu essen gekocht hast? Macht es mir was aus, dass etwas, das so fabelhaft duftet, beinah fix und fertig auf dem Tisch steht, wenn ich nach Hause komme? Obwohl, du solltest vielleicht für fünf Minuten die Hitze reduzieren. Ich muss nämlich erst mal duschen.“ Ihre Stimme zitterte.
Wes drehte sich um und musterte sie besorgt. „Alles in Ordnung mit dir?“
„Demnächst“, antwortete sie. „Aber … wir hatten heute die Opfer eines schrecklichen Unfalls in der Notaufnahme. Ein Minivan. Eine ganze Familie. Der Fünfjährige hat
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