Wes - Wächter der Nacht
die Psychoanalyse für heute Abend, in Ordnung?“
Brittany nickte. „Wenn du willst, lasse ich alle Alkoholvorräte aus meiner Wohnung verschwinden, solange du hier bist.“
„Nein“, sagte er. „Im Ernst. Das brauchst du nicht zu tun. Es sei denn, du willst es wirklich. Aber ich werde schon nicht … durchdrehen oder so was. Werde ich nicht. Würde ich niemals. Nicht hier.“
„Wenn du wirklich Alkoholiker wärst, könntest du es nicht bei einem Bier pro Abend belassen, oder?“, fragte sie.
„Doch, durchaus. Nicht jeder Alkoholiker säuft sich Abend für Abend ins Koma. Aber um ehrlich zu sein, ich denke in letzter Zeit daran, gar nicht mehr zu trinken. Kein einziges Bier mehr am Abend. Denn ab und zu trinke ich doch mehr als eines. Sehr viele. Sehr viel mehr als die paar Flaschen da in deinem Kühlschrank. Und dann verliere ichkomplett die Kontrolle. Das geschah bisher so etwa einbis zweimal im Jahr, aber in letzter Zeit hat es sich gehäuft. Aber, wie gesagt, das wird hier nicht passieren. Es ist nicht so, dass ich mich spontan in ein Ungeheuer verwandele. Vielmehr lasse ich es geschehen, mit Absicht. Um Dampf abzulassen oder so. Als ich jünger war, nannte ich das Feiern, Einen-Draufmachen. In letzter Zeit fühlt es sich aber nicht mehr so gut an, sondern eher hässlich. Nicht wie feiern, sondern wie sich volllaufen lassen. Es ist einfach … Ich bin an einem Punkt meines Lebens angelangt, an dem ich lieber nicht scharf darauf sein möchte, mich ins Koma zu saufen und am nächsten Morgen in irgendeinem Hinterhof aufzuwachen, verstehst du?“
Sie nickte. „Das ist eine ziemlich reife Einstellung.“
„Das Problem ist nur, dass ich mich nicht besonders gut leiden kann, wenn ich nicht wenigstens ein bisschen getrunken habe“, gab er zu. „Ich mag mich auch dann nicht sonderlich gut leiden, aber es ist mir dann einfach egal.“
Gott, was sollte sie dazu sagen? „Ich weiß, dass du jetzt nicht weiter darüber reden möchtest, aber wessen Idee war es, das Geld für Ethans Collegebesuch Marguerita zu geben?“
Wes zuckte die Achseln und verdrehte die Augen. „Jaja, schon gut, es war meine Idee. Gut geraten. Und wenn schon! Es war doch offensichtlich, dass Ethan es so gewollt hätte. Und es war ja auch nicht mein Geld.“
Brittany trat zu ihm und küsste ihn. So wie sie Andy neuerdings küsste, auf den Kopf. „Ich gehe jetzt ins Bett“, sagte sie. „Wir sehen uns morgen. Und für den Fall, dass es dir etwas bedeutet: Ich mag dich sehr gern, und zwar auch, wenn ich stocknüchtern bin. Ich wünschte, du könntest inmich hineinschlüpfen und dich mal mit meinen Augen sehen.“
Sie küsste ihn noch einmal und eilte dann in Richtung Schlafzimmer davon. Hoffentlich kam er ihr nach. Oder hielt sie wenigstens auf.
Aber er rührte sich nicht und sagte kein Wort.
„Gute Nacht!“, rief sie. „Nicht rauchen, hörst du?“
„Nein, tu ich nicht“, gab er zurück. „Hey, ich bin’s. Tut mir leid, dass ich so spät noch anrufe.“ Er telefonierte.
Wes sprach mit Lana. Mit wem sonst.
Brittany zog ihre Schlafzimmertür zu und drehte den Schlüssel im Schloss. Dann ging sie in ihr Bad, heilfroh, keine Dummheit begangen und sich ihm nicht an den Hals geworfen zu haben. Er hätte sie abgewiesen, genau wie Amber.
Sie schaute in den Spiegel über dem Waschbecken. Verlieb dich nicht in diesen Mann!, ermahnte sie sich selbst.
Aber wenn sie daran dachte, dass er in ihrer Küche saß und mit Lana, dem Aas, sprach, drehte es ihr fast den Magen um, und sie knirschte mit den Zähnen.
Zu spät.
Sie zappelte am Haken, als er sagte: „Ich glaube, ich bin Alkoholiker.“
Warum, warum nur tat sie das? Selbst wenn der Typ nicht in die Frau eines seiner Freunde verliebt wäre, wäre er der vollkommen falsche Mann für Brittany.
Er ist der vollkommen Richtige.
Nein, nein, nein. Er war unvollkommen. Tragisch unvollkommen. Jede Frau, die bei klarem Verstand war, würde schreiend davonlaufen.
Aber Brittany konnte natürlich an nichts anderes denken als daran, wie sehr sie sich gewünscht hatte, er würdeihr ins Schlafzimmer folgen.
Vielleicht ging es dabei gar nicht nur um Sex. Vielleicht erkannte ihr Körper einfach nur, dass Wes Skelly eine Zeit lang ein nettes Spielzeug sein könnte.
Oder vielleicht zog es sie einfach nur von Natur aus zu Männern hin, die ihr am ehesten wehtun konnten. So wie zu Quentin, ihrem Exmann.
8. KAPITEL
I ch wünschte, du könntest in mich hineinschlüpfen und dich mal mit meinen
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