Wes - Wächter der Nacht
räumten den Platz.
„Meinen Sie, das Spiel wird später fortgesetzt? Es macht mir nichts aus zu warten“, fügte Wes hinzu. „Wenn Andymein Junge wäre, würde ich alles daransetzen, mir jedes Heimspiel anzusehen. Ich meine, selbst wenn er kein Spitzenspieler wäre, würde ich ihn spielen sehen wollen, verstehen Sie? Sie müssen mehr als stolz auf ihn sein.“
Wie nett er doch sein konnte! „Oh ja, das bin ich.“
„Möchten Sie drinnen warten?“, fragte er.
„Soweit ich weiß, ist für später am Nachmittag noch ein anderes Spiel angesetzt“, erklärte Brittany. „Für eine Regenpause ist keine Zeit. Sie werden das Spiel an einem anderen Tag wiederholen müssen. Jetzt ist jedenfalls Feierabend. Das Spiel ist zu Ende, und wir brauchen nicht zu warten.“
„Haben Sie Hunger? Wir könnten gleich essen gehen.“
„Gern, das wäre mir sehr recht.“ Überraschenderweise entsprach das der Wahrheit. Auf dem Weg hierher hatte Brittany sich ungefähr fünfundzwanzig verschiedene plausibel klingende Ausreden einfallen lassen, warum sie nicht gemeinsam essen gehen sollten, aber jetzt brauchte sie die nicht mehr. „Macht es Ihnen was aus, wenn wir erst in die Umkleidekabine gehen? Ich möchte Andy meine Autoschlüssel geben.“
„Ah“, machte Wes. „Ich habe also die erste Hürde genommen: Sie sind bereit, in mein Auto einzusteigen. Das freut mich.“
Sie ging voran. „Noch besser! Sie haben eine viel wichtigere Hürde genommen: Ich bin bereit, mit Ihnen essen zu gehen.“
Er hielt ihr die Tür auf. „Stand das denn infrage?“
„Ich hasse Blind Dates, solange ich denken kann“, gab Brittany zurück. „Sie müssen wissen: Dass ich mich überhaupt bereit erklärt habe, mich mit Ihnen zu treffen, liegt nur daran, dass ich meine Schwester sehr liebe.“
„Sie haben auch bei mir eine Hürde genommen“, lachte Wes. „Ich gehe nur mit Frauen essen, die auf keinen Fall Sex mit mir wollen. Oh, warten Sie … Verdammt! Das dürfte all die Jahre mein Problem gewesen sein …“
Sie kicherte, genoss das fröhliche Funkeln in seinen Augen, als er ihr die nächste Tür aufhielt, die ins Treppenhaus führte. „Süßer, ich wusste, dass ich gewonnen hatte, als du mich gebeten hast, dich zu adoptieren.“
„Und doch hast du abgelehnt“, konterte er. „Was soll mir das sagen?“
„Dass ich zu jung bin, um deine Mutter zu sein.“ Brittany ging vor ihm her die Treppe hinunter. Sie amüsierte sich köstlich. Wer hätte gedacht, dass Wes Skelly ihr so gut gefallen würde? Nach Melodys Anruf, bei dem sie ihr diese Verabredung abgerungen hatte, hatten Andy und sie ihn scherzhaft als „die Last“ bezeichnet. Er war die Last, die sie zum Geburtstag ihrer Schwester tragen musste. „Du kannst mir aber der jüngere Bruder sein, den ich schon immer haben wollte.“
„Hm, ich weiß nicht recht, ob das eine so gute Idee ist.“
Der Gang vor den Umkleiden war nicht so überfüllt wie üblicherweise nach einem Spiel, wenn die Freundinnen und Klassenkameraden der Spieler sich hier drängten. Heute standen nur ein paar durchnässte Fans herum. Brittany schaute sich suchend um, aber Andys Freundin Danielle war nicht da. Das war vermutlich auch besser so, denn Andy hatte ihr erzählt, dass Dani sich heute nicht gut fühlte. Wenn sie sich etwas eingefangen hatte, dann wäre es ihr bestimmt nicht bekommen, im Regen herumzustehen.
„Meine Erfolgsbilanz bei Schwestern hält sich in Grenzen“, fuhr Wes fort. „Ich neige dazu, sie zu verärgern, und dann laufen sie weg und heiraten meinen besten Freund.“
„Davon habe ich gehört.“ Brittany blieb vor der Tür zur Umkleide des Baseballteams stehen. Sie war nur angelehnt. „Mel hat mir erzählt, dass Bobby Taylor gerade deine Schwester geheiratet hat … Colleen, richtig?“
Wes lehnte sich an die Wand. „Hat sie auch erzählt, wie sehr wir uns vorher in die Haare gekriegt haben?“
Sie warf ihm einen Blick zu.
Er fluchte leise. „Natürlich hat sie es erzählt. Ich frage mich, warum die Geschichte nicht bis in die Nachrichten durchgedrungen ist.“
„Ich bin sicher, es war nicht ganz so schlimm, wie sie …“
„Oh doch“, unterbrach er sie. „Das war es. Ich habe mich wie ein kompletter Volltrottel benommen. Mich wundert nur, dass du dich trotzdem auf diese Verabredung eingelassen hast.“
„Was immer du auch getan haben magst, ein Kapitalverbrechen war es nicht. Meine Schwester hat dir offenkundig vergeben.“
Wes schnaubte abfällig. „Ja.
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