Wes - Wächter der Nacht
sie noch drauf und dran gewesen, eine wahnsinnig heiße Liebesnacht mit diesem unglaublichen und wundervollen Mann zu erleben. Und jetzt saß sie hier und musste hilflos mit anhören, wie seine Stimme ganz weich und sanft wurde, nur weil er mit Lana sprach.
Mit Lana, die aus dem Bett steigen und zum Haus von Danis Schwester fahren würde. Lana, die versuchen würde, Andys Freundin zu helfen, die das Opfer eines Vergewaltigers geworden war.
Oh Gott, arme Dani!
Armer Andy!
Arme eifersüchtige Brittany.
„Entschuldige, dass ich dich geweckt habe“, sagte Wes ins Telefon. Er blinkte, um auf die Schnellstraße einzubiegen, und beschleunigte den Wagen auf hundertzwanzig. Wenigstens brauchte sie sich nicht darüber zu ärgern, dass er nicht schnell genug fuhr. „Aber wir haben hier eine Art Notfall, nicht weit von dir.“
Rasch erzählte er Lana, was Andy ihnen gesagt hatte. Von der Prahlerei Dustin Meleros. Dass Dani von der Schule abgegangen war und dass sie sich im Bad eingeschlossen hatte, als Andy sie mit der Wahrheit konfrontieren wollte.
Andy, „der Sohn von Cowboys Schwägerin Brittany Evans“.
Verdammt! Er sagte nicht einmal „der Sohn meiner Freundin Britt“.
Brittany hörte zu, während Wes die Adresse von seinem Arm ablas.
„Danke“, sagte er. „Wir sind schon unterwegs. Wir beeilen uns.“ Er lauschte auf Lanas Antwort. „Danke“, wiederholte er. Seine Stimme klang unglaublich warm. „Ich wusste, du würdest das für mich tun, Babe.“
Babe.
Er nannte also auch Lana Babe?
Oh Gott. Rasende Eifersucht erfüllte sie. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Wenn Lana hier gewesen wäre, hätte Brittany sie wütend angefunkelt. Vielleicht sogar angefaucht.
Dabei hatte sie gar nicht das Recht, wütend oder verletzt zu sein. Es war doch von Anfang an klar gewesen, dass das passieren würde. Sie hatte sich auf diese Sache eingelassen, obwohl sie ganz genau wusste, was Wes für Lana empfand.
Aber durfte sie denn nicht hoffen, dass Wes nach einer oder zwei Nächten mit ihr Lana vollständig vergessen würde?
Nein. So dumm war sie nicht.
Doch. Oh doch, sie war so dumm!
Na ja, vielleicht. Doch. Definitiv. Verdammt noch mal!
Gott, was war sie doch für eine Närrin!
Wes beendete das Gespräch und wählte eine andere Nummer.
„Wen rufst du jetzt an?“, fragte Brittany. Deine andere Freundin? Nun mal langsam, Britt! Tief durchatmen. Denk an das Meer, an stilles blaues Wasser …
„Hallo, Babe“, sagte Wes, und Brittany starrte ihn ungläubig an. „Wes hier. Entschuldige, dass ich so spät noch anrufe. Ist dein unglaublich gut aussehender Gatte zufällig in der Nähe?“ Kurze Pause. Dann: „Ich bin’s, Skelly. Tut mir leid, dass ich störe. Ja, ich weiß, wie spät es ist,aber ich sitze gerade mit deiner umwerfenden Schwägerin in meinem Wagen und fahre mit Warp-Geschwindigkeit nach San Diego. Andy hat ein Problem. Ich habe gehofft, du könntest so schnell wie möglich zur Wohnung der Schwester seiner Freundin fahren und ihm ein bisschen beistehen, bis wir da sind.“
Demnach hatte er Melody „Babe“ genannt. Offensichtlich hatte dieses Wort für Wes nicht die Bedeutung, die Brittany ihr beigemessen hatte. Das machte es ein wenig leichter zu verdauen, dass er auch Lana so nannte.
Ein ganz klein wenig leichter.
Sie verspürte immer noch Eifersucht, aber es mischte sich überwältigende Bewunderung für den Mann hinein, der von sich aus daran gedacht hatte, Cowboy anzurufen, damit dieser Andy beistand. Jemanden, den Andy kannte und dem er vertraute.
Sie wäre nicht auf diese Idee gekommen.
Wes gab Cowboy die Adresse und verabschiedete sich mit einem „Bis später“.
Dann unterbrach er die Verbindung.
Er warf Brittany einen Blick zu und lächelte sie aufmunternd an. „Der Verkehr ist nicht allzu dicht. Wir werden bald da sein.“
„Danke, dass du fährst“, sagte sie. „Danke, dass du mitgekommen bist.“
Wieder ein kurzer Seitenblick zu ihr. „Warum müssen gute Menschen Böses erleben? Andy verdient so etwas einfach nicht. Und ich würde sonst was darauf verwetten, dass auch Dani das nicht verdient.“
„Vergewaltigt zu werden verdient keine Frau, niemals und nirgendwo“, erklärte Brittany.
„Ja, du hast natürlich recht. Aber trotzdem. Warummusste das ausgerechnet ihnen passieren? Ich verstehe das einfach nicht. Warum ist die Welt so, wie sie ist?“
Brittany musterte ihn schweigend. Sie wusste, dass er an seinen Bruder Ethan dachte, der mit gerade mal sechzehn
Weitere Kostenlose Bücher