Wes - Wächter der Nacht
den Zettel mit Bobbys Telefonnummer. „Vergiss nicht, Bobby anzurufen. Er und Colleen sind gestern Abend nach Hause gekommen.“
„Danke. Ich werde ihn vom Auto aus anrufen.“ Er faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in seine Hemdtasche. „Wie geht es heute Morgen deinem Knöchel und deinem Kopf?“
„Gut“, sagte sie. Das stimmte. Aber ihr Herz zerbrach in tausend Stücke.
Er küsste sie – flüchtig nur – auf den Mund. Zum letzten Mal? Möglicherweise. Wahrscheinlich. Oh Gott.
„Ich melde mich später bei dir“, sagte er. „Jetzt muss ich los.“
Natürlich. Lana brauchte ihn.
Das Dumme an der Sache war, dass ausgerechnet seine Liebe zu Lana für Brittany den Ausschlag gegeben hatte. Nur deshalb hatte sie sich in ihn verliebt. Er war ein wunderbarer Mann. So lange schon begehrte er Lana, und doch hatte er immer nur getan, was das Beste für sie war, ungeachtet seiner eigenen Wünsche und Bedürfnisse und obwohl es anders einfacher für ihn gewesen wäre.
Damit war er das absolute Gegenteil von Quentin. Brittanys Exmann hatte immer nur den leichtesten Weg eingeschlagen und sich nicht die geringste Mühe gegeben, ihre Ehe wenigstens ein paar Jahre funktionieren zu lassen.
Großer Gott, was würde sie nicht alles dafür geben, den Rest ihres Lebens mit Wes Skelly teilen zu dürfen!
Brittany war zu dem Schluss gekommen, dass sie die größten Chancen hatte, wenn sie geduldig und unerschütterlich zu ihm hielt und so die Frau wurde, mit der er sich schließlich zufriedengab. Sie war nun mal eine Verliererin. Was machte es schon aus, dass sie nur seine zweite Wahl war? Er war so großartig, und sie liebte ihn so sehr, dass das keine Rolle spielte.
Aber jetzt sah sie sogar diese kleine Chance schwinden. Denn plötzlich war Lana nicht mehr unerreichbar für ihn.
Brittany hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, als er die Wohnung verließ, hörte, wie sein Wagen ansprang und davonfuhr.
Fort aus ihrem Leben.
Lieber Gott, lass mich nicht schwanger sein!
Es war eine Sache, nur seine zweite Wahl zu sein, wenn er seine erste Wahl nicht haben konnte. Es war aber eine ganz andere Sache, ihm eine Last zu sein.
Egal was geschehen würde: Das würde sie ihm nicht antun.
15. KAPITEL
W es musste fast hundert Meter weiter unten an der Straße parken, so viele Autos standen bereits vor dem kleinen Bungalow von Lana und Matt „Wizard“ Quinn.
Bobby und Colleen trafen ein, als er gerade aus seinem Wagen ausstieg, und er wartete auf sie.
Großer Gott, wie jung seine Schwester aussah! Er konnte kaum glauben, dass sie verheiratet war. Und schon bald würde sie ihm vermutlich eröffnen, dass sie und Bobby ein Kind erwarteten. Der Gedanke war ihm unheimlich.
Bobby sah aus wie … Bobby. Wie ein Mann, der Profi-Footballer sein könnte, wie ein Mann, der einen in Stücke reißen konnte, wenn er nur wütend genug wurde. Mit seinen langen schwarzen Haaren, die er zu einem Zopf geflochten trug, den hohen Wangenknochen und der Hautfarbe, die seine indianische Herkunft verrieten, zog er immer und überall die Blicke auf sich.
Wes wusste, dass sie ein witziges Bild abgaben, wenn sie zusammen waren. Bobby und Wes, das unzertrennliche Chief-Duo von SEAL-Team Ten, die zweieiigen Zwillinge: der eine breit und groß, der andere drahtig und klein. Trotzdem bewegten sie sich wie eine Einheit. Sie beendeten sogar die Sätze des anderen und kannten einander so gut, dass der eine immer genau wusste, was dem anderen gerade durch den Kopf ging.
Wie klein Wes war, wurde besonders deutlich, wenn er neben Bobby stand, aber Tatsache war nun mal, dass er nirgendwo anders lieber gestanden hätte. Er sah zwar aus wie ein Schläger, aber in Wirklichkeit war Bobby Taylor einer der nettesten, freundlichsten, sanftesten Männer, denenWes je begegnet war. Und wenn er ihn aus seinen dunkelbraunen Augen anschaute, las er mit einem Blick Wes’ Gedanken.
Wes streckte Bobby die Hand entgegen, aber Bobby schob sie einfach zur Seite und nahm ihn in die Arme. Sowohl er als auch Colleen weinten. Sie war Quinn nie begegnet, aber das spielte keine Rolle.
Wes konnte ihr ansehen, dass sie Todesangst verspürte. Zum ersten Mal erlebte sie hautnah mit, dass ein Mitglied der Teams im Einsatz ums Leben kam.
Colleen hatte Bobby unbedingt heiraten wollen. Jetzt betraf es sie sehr persönlich, welche Risiken und Gefahren ein SEAL auf sich nahm, und sie musste damit fertigwerden.
„Ich kann noch gar nicht glauben, dass er tot ist“, sagte
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