Wesen der Nacht
haben ihn ebenfalls erwischt und ihn zu mir gesperrt.«
»U nd dann?«
»D ann hatte ich eine weitere brillante Idee.«
Ich runzelte die Stirn, nicht daran gewöhnt, Dad so zynisch zu erleben.
»D u weißt, wer diese Kerle sind? Was sie bezwecken?« Als ich nickte, fuhr er fort: »S obald sie uns eingesperrt hatten, zeigten sie mir das Bettelarmband, das ich dir zum Geburtstag geschenkt habe, und sagten mir, dass sie dich jederzeit in ihre Gewalt bringen können, wenn ich nicht kooperieren würde.«
Deshalb hatte ich das Armband nicht gefunden. Sie hatten es mitgenommen, um Dad damit unter Druck zu setzen.
»S ie wollten, dass ich das Tor für sie zerstöre.«
»K önntest du das denn?«
Er zögerte einen Moment, als wolle er es mir nicht verraten, schließlich nickte er. »A llerdings zu einem sehr hohen Preis.«
»D ad?«
»E s ist etwas, das erst vor Kurzem bekannt geworden ist. Womöglich ist es auch nur ein Gerücht. Aber darauf möchte ich mich nicht verlassen. Vermutlich waren es die Hüter, die es entdeckt haben, auf ihrer Suche nach einem Weg, das Tor zu zerstören.« Wieder schwieg er einen Moment, dann sagte er: »U m das Tor zu öffnen, muss ein Wächter unmittelbar davor stehen. Wenn er in diesem Moment stirbt und wenn sein Blut das Tor tränkt, scheint das eine Art magischen Kollaps zu verursachen– eine Implosion, die das Tor angeblich zerstören soll. Ausprobiert hat es noch niemand.«
Ich riss die Augen auf. Schlagartig war mir eiskalt. Dass ihre Versuche, das Tor zu zerlegen, vermutlich ein verheerendes Erdbeben auslösen würden, hätte mir schon vollkommen gereicht. »S ie wollen dich umbringen?!«
»W ollten.«
»W as hat sich geändert?«
»I ch haben meinen Wert verloren.«
»I ch verstehe nicht.«
»S obald ich erkannte, was sie vorhatten, sah ich nur einen Weg, das zu verhindern. Den einzigen Weg, mit dem ich ihnen nicht nur einen Strich durch die Rechnung machen, sondern auch dafür sorgen konnte, dass deine Mutter und du in Sicherheit wären.« Er verzog das Gesicht. »D ass du hier bist, bedeutet, dass ich gescheitert bin.«
»W as hattest du vor?«
»E rinnerst du dich an meinen Ring? Den, den ich immer am selben Finger getragen habe wie den Ehering?«
Unwillkürlich glitt mein Blick zu seiner linken Hand. Der Ehering war noch da, der andere, ein silbernes Band mit einer Gravur aus verschlungenen Zeichen, nicht mehr. »W o ist er?«
»I ch habe von seiner Kraft Gebrauch gemacht.«
»D ad, ich weiß noch nicht sonderlich gut Bescheid mit diesen ganzen Jenseitsdingen.«
»E ntschuldige.« Er legte mir eine Hand auf mein Knie. »D er Ring war das Zeichen meines Amtes. Seit Generationen wird er von einem Wächter an den nächsten übergeben, doch er ist mehr als nur ein Zeichen. Er beherbergt auch Magie, die es seinem Träger ermöglicht, sich an einen anderen Ort zu versetzen.«
»W arum bist du noch hier?«
»I ch wollte nicht verschwinden.«
»W as? Aber…«
»W enn ich den Ring benutzt hätte, um mich aus dem Staub zu machen, hätten sie immer noch Trick in ihrer Gewalt gehabt. Sie hätten mich vor die Wahl gestellt, ihre Forderung zu erfüllen oder meinen Sohn zu verlieren.« Er schüttelte den Kopf. »D as konnte ich nicht zulassen, und ich sah nur einen Weg, nicht nur das zu verhindern, sondern auch dafür zu sorgen, dass sie dir und Bev nichts antun konnten.«
»W as hast du getan?«
»I ch gab Trick den Ring und sprach die Worte, mit denen ich ihm auch meine Aufgaben auf ihn übertrug. Dann aktivierte ich die Magie des Rings.«
»D u hast Trick von hier fortversetzt?«
»D er Zauber sollte ihn direkt zu euch nach London bringen. Er hätte euch in Sicherheit schaffen und dann den Rat alarmieren sollen, damit dieser sich um die Hüter kümmern und sie aus dem Verkehr ziehen könnte.«
»W as ist schiefgegangen?«
»O ffensichtlich wirkt die Magie anders, wenn sie von jemandem angewandt wird, der kein Torwächter mehr ist.«
»W arum hat Trick sie nicht benutzt?«
»E r wollte mich nicht allein lassen, deshalb musste ich ihn gegen seinen Willen fortschicken.« Er dachte einen Moment nach. »V ielleicht lag es auch daran. Vielleicht hätte er einverstanden sein müssen, damit es funktioniert. Ich fürchte, er ist vom Weg abgekommen und ich habe ihn irgendwo in eine Zwischenwelt versetzt.«
»W as ist mit deinem Arm passiert?«
»S ie waren nicht besonders begeistert darüber, was ich mit Trick getan habe. Sie haben versucht, mich zu zwingen, es
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