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Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Mensch in den Highlands, der seine Tür verriegelte, solange er im Haus war– andererseits wussten vermutlich nur die wenigsten über das Jenseits Bescheid. Irgendwo da draußen war ein Tor in eine andere Welt, und was immer es durch dieses Tor hindurch schaffte, sollte zumindest nicht einfach so in mein Haus spazieren können.
    Ein schrilles Kreischen ließ mich herumfahren.
    Mein Gott, sie waren bereits im Haus!
    Ich hatte von Banshees gehört. Feenwesen, deren entsetzlicher Gesang erklang, wenn jemandem der Tod bevorstand.
    Das Kreischen erklang erneut.
    Und kurz darauf noch einmal.
    Aber es war keine Banshee, sondern nur das Telefon im Arbeitszimmer.
    Mit einem erleichterten Seufzen folgte ich dem Geräusch, das jetzt nicht länger wie ein Totengesang klang, sondern nur noch wie ein furchtbar schriller Klingelton. Vermutlich hatte Dad ihn ausgewählt, um ihn an jeder Stelle des Cottages hören zu können– und auch überall sonst in den Highlands.
    Vor dem Schreibtisch blieb ich stehen, die Hand schon auf dem Hörer. Womöglich war jemand dran, der mir sagen konnte, wo Dad und Trick steckten. Vielleicht war es aber auch Mom. Unglücklicherweise hatte das Telefon zwar ein Display, aber die Rufnummernerkennung war nicht aktiviert, sodass ich nicht sehen konnte, ob der Anruf von unserem eigenen Londoner Anschluss kam. Gezwungenermaßen wartete ich, bis der Anrufbeantworter den Anruf entgegennahm.
    »S erena, bist du da? Bist du schon angekommen? Wo steckst du?« Peppers Stimme schallte mir blechern aus dem Gerät entgegen, das auf Mithören eingestellt war.
    Ich riss den Hörer von der Gabel. »P eps!«
    »H ey, wie läuft es?«
    Ich ließ mich in den Sessel sinken und legte die Beine auf die Tischplatte. »E s ist niemand hier und bisher habe ich auch keinen Hinweis finden können, wo sie stecken. Selbst Derek wusste nichts und–«
    »W er ist Derek?«
    »E in Jäger.« Ich erzählte ihr von Dereks Auftauchen und von meinem peinlichen Auftritt mit dem Schuh.
    Pepper lachte. »D u wolltest den besten Freund deines Bruders mit einem Schuh in die Flucht schlagen?«
    »D a stand ein großer Kerl in der Küche und ich habe ihn zehn Jahre nicht gesehen. Ich hab ihn einfach nicht erkannt«, rechtfertigte ich mich.
    »W ie sieht er aus? Ist er heiß? Na los, raus mit der Sprache!«
    Ich verkniff mir den Vergleich mit einem griechischen Gott, der mir auf der Zunge lag. Es war schon schlimm genug, wenn ich bei seinem Anblick beinahe zu sabbern anfing, da musste ich nicht auch noch Pepper aus der Ferne schwärmen hören. »E r ist ziemlich heiß.«
    »E s ist wirklich unglaublich.« Ich hörte das Klimpern ihrer Ohrringe, die gegen den Hörer schlugen und wusste, dass sie den Kopf schüttelte. »D u bist noch keine Stunde da, und schon taucht ein toller Typ auf. Wo hast du ihn aufgegabelt?«
    »I n der Küche, das hab ich doch schon gesagt. Pepper, ich habe ihn nicht aufgegabelt, Derek war schon immer hier. Ich hatte ihn nur… vergessen.« Abgesehen davon war ich, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, in einem Alter, in dem ich noch nicht die geringste Ahnung hatte, was heiß oder sexy bedeutete. Und hätte ich sie gehabt, wäre Derek damals in keine dieser Kategorien gefallen.
    »O h Mann, ich wäre jetzt wirklich gerne bei dir.« Peppers Seufzen klang so übertrieben mitleiderregend, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste. »W ir sind noch keinen Tag in Edinburgh und ich sterbe schon vor Langeweile. Ich sage dir, wir hatten kaum unsere Zimmer in der Jugendherberge bezogen, von einer Dusche oder ein paar Stunden Schlaf rede ich ja nicht einmal, da haben sie uns schon zusammengetrommelt und wie eine Herde Schafe auf den Castle Rock getrieben!«
    »W o steckst du jetzt?«
    »I m Castle auf der Damentoilette. Als ich das erste Mal anrufen wollte, hat mich Mr Holiday erwischt und zu den anderen in die Große Halle geschleppt, wo irgendein alter Mann gerade vorführte, wie man sich in einen Plaid wickelt. Du weißt schon, diese Dinger, die die Schotten anhatten, bevor jemand den Kilt erfunden hat.«
    Ich gab mir wirklich alle Mühe, nicht zu lachen, konnte ein Glucksen aber nicht verhindern.
    »V ielen Dank für deine Anteilnahme.«
    »A ch komm schon, Peps, es wird bestimmt total lustig!«
    Ihr Schnauben war Antwort genug. Es war nicht so, dass ich ihre einzige Freundin war. Aber unsere Freundschaft war einfach anders. Etwas Besonderes. Wir waren so etwas wie eine verschworene Einheit, während alle anderen immer ein

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