Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
eingeschossen, dass der Tod ihres Mannes kein Selbstmord war. Und solange wir nicht wissen, ob der Abschiedsbrief echt ist, sollten wir mit dieser Information vorsichtig umgehen.«
»Glaubst du ihr?«, fragte Bettina. »Ich meine, es klang nicht unglaubwürdig, als sie sagte, dass sie sich einen Selbstmord nicht vorstellen könne. Auf den ersten Blick gibt es ja auch keinen Grund dafür.«
»Wenn der Brief tatsächlich von Bernhard Winkelmann verfasst wurde, muss sie damit leben, dass sie ihren Mann vielleicht weit weniger gut gekannt hat, als sie dachte. Nichtsdestotrotz möchte ich mehr über diese Familie erfahren. Wir haben ja immerhin noch einen zweiten Todesfall aufzuklären, der möglicherweise auch im Zusammenhang mit der Brauerei steht.«
»Cengiz hat übrigens vorhin versucht, mit dem Zugführer zu sprechen«, wechselte Bettina das Thema. »Er steht noch immer unter Schock, hat allerdings zu Protokoll gegeben, dass Winkelmann urplötzlich auf den Gleisen erschienen sei. Er konnte wohl noch die Notbremse ziehen, aber der Zug hat Winkelmann mit knapp achtzig Stundenkilometern getroffen.«
»Dann hat er ausschließlich Winkelmann gesehen?«, fragte Jan nachdenklich.
»Offenbar«, antwortete Bettina. »Denkst du etwa ernsthaft daran, dass ihn jemand vor den Zug gestoßen hat?«
»Nein, ich wollte nur sichergehen, dass wir alle Optionen berücksichtigen«, entgegnete Jan. »Lass uns was essen gehen. Ich habe Hunger.«
8
Stahlhut beendete das Telefonat mit Vera Jesse, ohne sich zu verabschieden, und betrat das Restaurant, das in unmittelbarer Nähe der Abfüllhallen der Brauerei lag, mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch.
Was bildete sich diese Frau bloß ein? Er hatte noch nie sonderlich viel von ihr gehalten, aber das, was er gerade gehört hatte, wollte er nun wirklich nicht akzeptieren. Sie hatte ihm klipp und klar zu verstehen gegeben, dass er sich ausschließlich an ihre oder Oldinghaus’ Weisungen zu halten habe. »Bei Ermittlungen auf eigene Faust werde ich ungemütlich!«, hatte sie gesagt.
Er hatte darauf verzichtet, ihr zu sagen, dass er in ein paar Minuten mit Peter Tietz, dem Pächter des Standes, an dem Hövelmeyer gearbeitet hatte, verabredet war. Er kannte ihn noch aus der Tatnacht, wo er ihn zum ersten Mal vernommen hatte.
Wenn die Kollegen aus Bielefeld der Meinung waren, den Giftanschlag auf das Hoeker-Fest durch Gespräche mit der Familie Winkelmann aufzuklären, dann mussten sie eben auf seine Hilfe verzichten. Um einen weiteren Anschlag zu verhindern, wollte er lieber die Hintergründe verstehen, warum es ausgerechnet den Stand von Tietz getroffen hatte. Außerdem wollte er dringend der Frage nachgehen, wie der oder die Täter an die Blausäure gelangt waren.
Peter Tietz saß an einem Ecktisch im hinteren Bereich der urigen Gaststätte. Mit seinen kurz geschnittenen grau melierten Haaren und dem eleganten Anzug wirkte er eher wie ein Banker als jemand, der sein Geld mit dem Ausschank von Gerstensaft verdiente.
»Setzen Sie sich!« Tietz machte eine einladende Geste und reichte Stahlhut die Hand. »Da ich nicht viel Zeit habe, war ich so frei, zwei Frischgezapfte zu bestellen. Sieben Minuten, Sie wissen ja.«
»Natürlich«, antwortete Stahlhut zufrieden. Dass er im Dienst Bier trank, musste ja niemand seiner Kollegen erfahren.
»Waren Sie schon mal hier?«, wollte Tietz wissen.
»Früher einmal, vor der Renovierung. Die Brauerei hat wohl einiges investiert.«
»Wie man’s nimmt«, sagte Tietz lächelnd. »Den Großteil habe ich selbst berappen müssen.«
»Sie?«
»Ich bin der Pächter des Restaurants«, antwortete Tietz zu Stahlhuts Überraschung. »Sie sehen, ich arbeite eng mit der Brauerei zusammen.«
»Erzählen Sie mehr«, bat Stahlhut. »Wie gut kennen Sie die Winkelmanns?«
»Man kann es als freundschaftliches Verhältnis beschreiben. In Herford bin ich einer der wichtigsten Vertriebspartner der Brauerei. Auf dem Hoeker-Fest bin ich für mehr als ein Drittel aller Stände verantwortlich. Dazu kommt das Restaurant hier, zwei Kneipen und ein halbes Dutzend weiterer fester Bierstände.«
»Beeindruckend.« Stahlhut musterte sein Gegenüber. Obwohl Tietz nicht unsympathisch wirkte, empfand Stahlhut die Art, mit der er sprach, als aufgesetzt.
Eine hübsche brünette Bedienung brachte die frisch gezapften Biere und verschwand mit einem »Wohl bekomm’s«.
»Lassen Sie uns noch einmal über Samstagabend reden«, eröffnete Stahlhut das offzielle Gespräch,
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