Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
prüfend.
»Kripo Herford, Stahlhut mein Name«, stellte er sich vor. »Ich suche Frau Dr. Steinhaus.«
Der Mann, der seinem Blick nach sofort verstand, weshalb Stahlhut hier war, schüttelte den Kopf. »Sie ist gerade nicht hier. Wenn Sie Glück haben, finden Sie sie nebenan im Büro.«
Stahlhut bedankte sich und ging rasch weiter durch die Abfüllhalle in Richtung einer stählernen Tür gleich neben dem Labor. Wieder klopfte er, trat dann jedoch ein, ohne auf eine Antwort zu warten.
Er sah gerade noch die zärtliche Umarmung einer attraktiven blonden Frau um die vierzig und eines Mannes, der einige Jahre jünger wirkte.
»Frau Dr. Steinhaus?«, fragte Stahlhut ohne Umschweife.
Sie fuhr herum und blickte ihn überrascht an. »Wer sind Sie? Und was machen Sie hier?«
»Kai Stahlhut, Kripo Herford. Ich würde mich gerne ein wenig mit Ihnen unterhalten. Es geht um den Giftanschlag auf dem Hoeker-Fest.«
»Sehen Sie denn nicht, dass es gerade schlecht ist?«, fragte Dr. Steinhaus unwirsch.
»Es wird nicht lange dauern«.
Mit einer sanften Handbewegung gab Dr. Steinhaus dem unbekannten Mann zu verstehen, sie allein zu lassen. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf Stahlhut. »Machen Sie schnell! Was wollen Sie von mir wissen?«
»Es sieht danach aus, als ob wir es mit einem Blausäureanschlag zu tun haben. Ich habe eben mit Peter Tietz gesprochen. Er sagte mir, dass Sie mir vielleicht bei der Frage weiterhelfen können, wie das Gift in das Fass gekommen ist.«
»Was soll das heißen?«, fragte Dr. Steinhaus verwundert.
»Nun, mich interessiert, ob im Labor der Brauerei Blausäure verwendet wird.«
»Ich verstehe«, antwortete Dr. Steinhaus, während sie sich aufreizend über ihren eng anliegenden weißen Kittel strich.
Stahlhut quittierte ihr Verhalten mit einem Räuspern und einer hochgezogenen Augenbraue.
»Es gibt eine ganze Reihe an Naturprodukten, in denen Spuren von Blausäure vorhanden sind«, erklärte Dr. Steinhaus plötzlich mit geduldiger Stimme. »Einige davon werden auch in unserem Labor für Versuche verwendet. Ich kann allerdings mit Bestimmtheit ausschließen, dass wir über relevante Mengen flüssiger Blausäure verfügen.«
»Wie schwierig ist es denn, an Blausäure zu gelangen?«, hakte Stahlhut nach.
»Wenn Sie darauf hinauswollen, ob Sie einfach nur in die Apotheke zu gehen brauchen, dann heißt meine Antwort: Nein. Trotzdem ist es nicht allzu kompliziert, sich Cyanwasserstoff zu beschaffen. In der Industrie werden Unmengen davon benutzt.«
Stahlhut nickte nachdenklich. Wenn es stimmte, was Dr. Steinhaus sagte, dann ließ sich der Täterkreis auf diese Weise kaum einschränken. Eines stand zumindest fest: Der Anschlag musste akribisch vorbereitet worden sein.
Er stellte weitere Fragen, die ihm Dr. Steinhaus kurz und prägnant beantwortete. Es fehlten jedoch die wichtigen Erkenntnisse, die er sich insgeheim von dem Gespräch erhofft hatte.
Als er sich verabschiedet hatte und das kleine Bürozimmer gerade verlassen wollte, drehte er sich noch einmal um. Ihm war noch eine Sache eingefallen.
»Ihr Mann …«, sagte er zögerlich. »Arbeitet er ebenfalls in der Brauerei?«
»Andreas ist nicht mein Mann«, entgegnete sie bestimmt. »Und nein, er arbeitet nicht hier. Ich wäre Ihnen aber sehr verbunden, wenn Sie das, was Sie vorhin beobachtet haben, nicht an die große Glocke hängen würden.«
9
Jans Blick glitt über die Felder zu beiden Seiten der Straße. Die Hitze der vergangenen Wochen hatte sie ausdörren lassen wie die Wälder Griechenlands im Spätsommer. Jan bildete sich sogar ein, den Geruch verbrannten Gestrüpps riechen zu können.
Bettina bog von der Hauptstraße ab und lenkte den Dienstwagen durch einsame, sich in der Spätnachmittagssonne spiegelnde Dreißiger-Zonen in Hiddenhausen. Die Villa von Claus Winkelmann, in der auch sein Sohn Bernhard mit seiner Familie seit einigen Jahren lebte, lag in einem wenig befahrenen Seitenweg der Löhner Straße, unweit der Wasserburg Gut Bustedt, die seit den achtziger Jahren als Biologiezentrum genutzt wurde. Jan war als Schüler einige Male dort gewesen, um tote und lebendige Amphibien zu bestimmen.
Er blätterte in seinen Aufzeichnungen. Der Senior hatte sich in den vergangenen Monaten vollkommen aus dem operativen Geschäft der Brauerei zurückgezogen. Bernhard war der alleinige Erbe und hatte den Vorsitz der Geschäftsführung übernommen. Laut Dagmar Winkelmann wusste noch kaum jemand über die Erbfolge Bescheid.
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