Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
wollte, hielt Jan ihn diskret zurück.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir gerne mit Carolin allein sprechen«, sagte er leise.
Der Hausherr wirkte konsterniert, nickte aber schließlich. »Ich verlasse mich darauf, dass Sie behutsam mit ihr umgehen. Höre ich Klagen, wird das Konsequenzen haben.«
»Selbstverständlich«, antwortete Jan kurz.
Sie folgten Carolin und nahmen erneut an der langen Tafel Platz. Das jüngste Mitglied der Winkelmann-Familie musterte sie misstrauisch. Wieder fiel es Jan schwer zu glauben, dass sie erst fünfzehn war.
»Hast du etwas dagegen, wenn wir uns duzen?«, versuchte Jan gleich zu Beginn ihres Gespräches das Eis zu brechen.
»Nein«, antwortete Carolin. »Ich habe aber nicht viel Zeit. Ich bin mit meinen Freundinnen im Chat verabredet.«
»Es wird nicht lange dauern«, versicherte Jan. »Wir möchten dir nur ein paar Fragen zu deinem Vater stellen.«
Carolin ignorierte das mitleidvolle Lächeln, das Jan ihr entgegenbrachte. Sie stand auf und stellte sich ans andere Ende des Raums. Dort lehnte sie sich gegen die Seidentapete und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper.
»Du hast bei unserem letzten Besuch erwähnt, dass dein Vater erpresst wurde. Kannst du vielleicht noch einmal versuchen, dich genau an das zu erinnern, was du darüber weißt? Hat es tatsächlich etwas mit diesem britischen Investor zu tun, den dein Großvater erwähnt hat?«
Carolin sah ihn betont gelangweilt an. »Fragen Sie Opa!«, antwortete sie patzig.
»Haben wir gemacht«, blieb Jan verständnisvoll. »Wir dachten aber, dass du über deinen Vater vielleicht etwas über die Hintergründe mitbekommen hast. Ich hatte das Gefühl, dass du diese Drohungen gegen deinen Vater anders einschätzt als der Rest der Familie.«
Carolin warf Jan einen zweifelnden Blick zu. Ihr Stirnrunzeln zeigte, dass sie nicht verstand, worauf er hinauswollte.
»Kann es sein, dass die Erpressung gar nichts mit diesen Briten zu tun hat?«, bohrte Jan weiter. »Vielleicht denkst du noch mal nach und erzählst uns, was du wirklich weißt.«
»Ich weiß nichts!«, antwortete sie bockig.
»Du brauchst nichts zu befürchten, wenn du die Wahrheit sagst«, versuchte Jan sie zu beruhigen. »Es ist nur so, dass … wir wollen so schnell wie möglich herausfinden, was passiert ist. Auf diese Weise hoffen wir auch, den Tod deines Vaters aufzuklären.«
»Hat die Sache etwa auch mit meinem Vater zu tun?«, fragte Carolin überrascht. »Ich dachte, es geht um diesen Anschlag auf dem Hoeker-Fest.«
»Es kann sein, dass beide Fälle zusammenhängen. Wenn wir wissen, wer den Anschlag verübt hat, haben wir womöglich auch den Mörder deines Vaters gefunden.«
»Das kann doch nicht sein«, murmelte Carolin. »Ich meine, wieso sollte denn …« Sie brach ab und drehte sich abrupt zur Seite.
»Carolin, es ist wirklich wichtig. Wenn du etwas weißt, dann sag es uns jetzt.« Jan stand auf und ging langsam auf Carolin zu. »Wer hat deinen Vater tatsächlich erpresst?«
»Ich kann Ihnen nichts sagen, ehrlich nicht.«
»Weil du jemanden verdächtigst, den du nicht nennen möchtest?«, fragte Jan sanft.
»Nein!«
»Was dann?«
»Weil ich schlecht über meinen Vater reden müsste«, platzte es aus ihr heraus. »Das will ich nicht.«
»Aber du möchtest doch, dass wir herausfinden, wer für seinen Tod verantwortlich ist, oder nicht?« Jan fühlte sich nicht gut dabei, das junge Mädchen auf diese Weise unter Druck zu setzen. Doch es war die einzige Möglichkeit, mehr aus ihr herauszubekommen.
»Sie müssen mir versprechen, dass Sie meiner Mutter nichts davon verraten. Sie darf es unter keinen Umständen erfahren.«
»Ich denke, das lässt sich machen«, antwortete Jan.
»Für Mama würde eine Welt zusammenbrechen, bitte versprechen Sie es!«
»Versprochen«, log Jan. Er wusste, dass er kein Versprechen geben konnte.
»Okay«, begann Carolin mit leiser Stimme. »Ich sage es Ihnen.«
Obwohl Jan auf der Zunge lag, Carolin noch einmal das Du anzubieten, verzichtete er darauf, sie zu unterbrechen. Er nickte ihr aufmunternd zu.
»Es war vor ein paar Wochen. Mama, Opa und ich waren unterwegs, das ganze Wochenende über. Wir hatten meine anderen Großeltern in Lemgo besucht. Papa konnte nicht mitkommen, er musste angeblich arbeiten.«
Sie schluckte schwer, ehe sie weiterredete. »Ich bin schon Sonntagmittag mit dem Zug zurückgekommen, weil ich noch mit einer Freundin verabredet war. Als ich ins Haus kam, habe ich sofort diese
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