Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
habe keine Lust mehr auf Ihre Fragerei«, echauffierte er sich plötzlich.
»Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrer Tochter?« Jan ignorierte den Einwurf. »Sie scheint eine starke Persönlichkeit zu sein.«
»Allerdings«, pflichtete ihm Winkelmann bei. »Sie ist ein Trotzkopf und nicht immer pflegeleicht. Aber auch strebsam und klug. Nicht umsonst hat sie die kommissarische Leitung der Brauerei übernommen.«
»Sie glaubt noch immer daran, dass sich Bernhard das Leben genommen hat. Haben Sie eine Erklärung dafür?«
»Sie will mir zeigen, dass ich auf das falsche Pferd gesetzt habe, indem ich Bernhard die Brauerei überschrieben habe«, antwortete Winkelmann ehrlich. »Ja, sie hat es vor einigen Wochen herausgefunden und war furchtbar aufgebracht. Sie und dieser Andreas wollten unbedingt fünfzig Prozent der Anteile haben, dabei habe ich ihr viel Geld und eine Immobilie an der Ostsee angeboten. Auch Frank-Walter wäre nicht leer ausgegangen.«
»Andreas? Meinen Sie Martinas Lebensgefährten Andreas Behrendt?«
»Ja, ich hatte das Gefühl, er war die treibende Kraft.«
Jan blickte Winkelmann mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er musste daran denken, was Stahlhut über Andreas Behrendt gesagt hatte. Offenbar hatte er Martina tatsächlich nur ausgenutzt, um an Anteile der Brauerei zu kommen. »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz.«
»Er wollte unbedingt, dass Martina die Hälfte der Anteile bekommt.«
»Warum haben Sie die Brauerei eigentlich nicht einfach zu gleichen Teilen vererbt?«, fragte Bettina verständnislos.
»Weil es nicht gut gegangen wäre, ich kenne meine Kinder«, antwortete Winkelmann niedergeschlagen. »Ich musste mich entscheiden. Bernhard war der Besonnenere und außerdem ein hervorragender Unternehmer, der …« Er brach ab und schluckte erneut schwer. Einen Moment lang glaubte Jan, Winkelmann breche in Tränen aus, doch er fing sich wieder.
»Ich habe Ihnen alles über meine Familie gesagt. Wenn Sie jetzt bitte gehen würden.«
Jan nickte und bedankte sich für das Gespräch. Trotz der Ablehnung, die ihnen Winkelmann entgegengebracht hatte, hatten sie neue Erkenntnisse über die Winkelmann’schen Familienstrukturen gewinnen können. Während sie den Saal verließen, fiel Jan noch etwas ein, was er Winkelmann fragen wollte.
»Wie gut kennen Sie eigentlich Joachim Pagels?«
»Den Getränkehändler?«, fragte Winkelmann überrascht. »Was ist mit ihm? Wir arbeiten schon seit etlichen Jahren mit ihm zusammen.«
»War Ihr Sohn mit Pagels befreundet?«
»Befreundet wäre das falsche Wort. Aber wie ich schon beim letzten Mal erwähnt habe, befanden sich die beiden in wichtigen Vertragsgesprächen.«
»Wissen Sie, ob sie manchmal auch privat unterwegs waren?«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, antwortete Winkelmann nachdenklich. »Pagels ist niemand, mit dem man sich gerne an einen Tisch setzt.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Er ist ein Teppichhändler, einer, der um jeden Cent schachert. Er hat keinen Anstand und kein Benehmen. Warum interessieren Sie sich so sehr für ihn?«
»Wir wissen, dass sich Pagels in der Tatnacht in einem Eroscenter in Bielefeld vergnügt hat. Können Sie sich vorstellen, dass sich auch Ihr Sohn in solchen Etablissements aufgehalten hat?«
»Um ehrlich zu sein, ja, ich kann es mir vorstellen«, antwortete Winkelmann zu Jans Überraschung. »Bernhard brauchte das nach harten Arbeitstagen. Ich habe ihm oft gesagt, er solle etwas ruhiger werden, aber er war manchmal wie besessen von Frauen.«
»Das bestätigt in etwa das, was Ihre Schwiegertochter gesagt hat«, sagte Jan. »Wie konnte die Ehe das aushalten?«
»Sie bestand doch ohnehin nur noch auf dem Papier. Für Carolin, für den Schein, für die Brauerei- und Familienehre.« Winkelmann zuckte mit den Schultern und wandte seinen Blick ab.
»Wir würden gerne noch kurz mit Ihrer Enkeltochter sprechen«, kam Jan endgültig zum Ende des Gesprächs. »Wo finden wir sie?«
»Ich gebe unserem Hausmädchen Bescheid, sie müsste inzwischen hier sein«, antwortete Winkelmann und verschwand in einem Raum, der von der Empfangshalle abging. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann kam er stirnrunzelnd zurück. »Maren ist offenbar noch immer nicht da. Warten Sie bitte, ich werde Carolin holen.«
Sie mussten nicht lange warten, bis Winkelmann zurückkehrte. Dicht gefolgt von Carolin schritt er die breite Treppe herunter, die in die oberen Etagen der Villa führte. Als er mit seiner Enkelin den großen Saal betreten
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